Chronik der Gemeinde Dittwar
Vorbemerkung
Die hier vorliegende Chronik wurde von Manfred Maninger 1968 verfasst. Das Original ist seit Langem vergriffen.
Im Rahmen seiner Aufgabe, die Geschichte des Ortes zu bewahren, hat der Heimat- und Kulturverein Dittwar e. V. diese Chronik neu herausgegeben.
Aus drucktechnischen Gründen und um eine bessere Lesbarkeit zu ermöglichen wurde die Gestaltung etwas geändert. Der Inhalt ist unverändert.
Heimat-und Kulturverein Dittwar e. V.
Gissigheimer Straße 18
97941 Dittwar
Vorwort des Bürgermeisters
Unsere Gemeinde kann auf eine stolze und bewegte Geschichte zurückblicken. Diese Geschichte soll in der vorliegenden Ortschronik Leben und Gestalt erhalten. 800 Jahre liegt die erste urkundliche Erwähnung unserer Gemeinde zurück, jedoch lassen die vorhandenen Merkmale und Wahrzeichen auf ein weit höheres Alter schließen.
Wenn wir uns mit berechtigtem Stolz an die lange Geschichte der Gemeinde erinnern, dann sollten wir auch die redliche Arbeit und den Bürgersinn früherer Generationen nicht vergessen, welche die Geschicke der Gemeinde in frohen und schwierigen Tagen begleitet haben.
In unserer Zeit ist es doppelt notwendig, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten und unserer Jugend weiterzugeben. Einmal ist der Wert geschichtlicher Tradition und der Beschäftigung mit der Heimatgeschichte unabdingbar. Zum anderen vermögen die Besinnung auf die Vergangenheit und die Erkenntnis ihrer Leistungen und Fehler immer wieder neue Kraft zu spenden zur Meisterung der Gegenwart. Echte Tradition ist nicht ein Traum von der »guten alten Zeit«, sondern ein belebender Ansporn zu neuem Schaffen, zur Erhaltung und Fortentwicklung der großen Werte, welche die Vergangenheit in unsere Hände gelegt hat.
Die Geschichte unserer Gemeinde ist zu allen Zeiten die Geschichte ihrer Bürger. Alles, was unsere Gemeinde geworden ist und was sie geschaffen hat, verdankt sie allein ihren Bürgern mit ihrem lebendigen Bürgersinn.
Wir wollen darauf achten, daß dieser Bürgersinn, von dem die Ortschronik für uns und die nachfolgenden Generationen berichtet, erhalten bleibt als ein gutes und festes Fundament, auf dem die Zukunft unserer Heimatgemeinde ruht. Wir danken dem Autor dieser Chronik, Herrn Manfred Maninger, und allen seinen Mitarbeitern für ihre mühevolle Arbeit zum Gelingen dieses Werkes.
Bürgermeister
Vorwort
Bedenkt man, daß bisher über Dittwars Geschichte noch keine schriftliche Niederlegung vorgenommen wurde, so dürfte die Notwendigkeit dieses Büchleins doch wohl über jeden Zweifel erhaben sein. Die Idee, eine Dorfchronik zu erarbeiten, entstand in mir, als Hauptlehrer Berthold Nunn eine geschichtliche Abhandlung im Rahmen seiner zweiten Dienstprüfung über Dittwar schrieb. Dieses Schriftstück bildete zunächst die Grundlage für meine Bearbeitung. Nach dem "Topographischen Wörterbuch" von Krieger befinden sich Urkunden und Schriften vor allem im Generallandesarchiv Karlsruhe, im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg und im Fürstlich Leiningenschen Archiv Amorbach, die Historisches über unser Dort enthalten. Nachdem ich nun die aufgeführten Institutionen mehrfach besuchte und mir von dort das Material zusammentrug, das ich für die Ortsgeschichte benötigte, konnte die eigentliche Arbeit beginnen. Dabei unterzog ich mich noch eines eingehenden Studiums der Ortsgeschichten, die wir in unserer Umgebung schon haben, was mir half, die Zusammenhänge leichter zu verstehen und zu verdeutlichen.
Natürlich kann ich für dieses Büchlein nicht den Anspruch eines Geschichtswerkes oder gar das Prädikat lückenlos oder erschöpfend erheben. Vielmehr sollte es nur als Anregung zur Beschäftigung mit der Heimatgeschichte angesehen werden. Längst sind die Forschungen damit noch nicht abgeschlossen. Vielleicht beschert uns schon der Bau der Autobahn geschichtliche Funde auf unserer Gemarkung, wie sie in der näheren Umgebung ja so gehäuft vorkommen. Das Geschichtsbuch über Oberlauda beschreibt für Dittwar historische Bodenfunde, aber außer jenen in den Rohrwiesen, die beim Bau der Eisenbahnlinie gemacht wurden, läßt sich nirgends näheres feststellen.
Nun darf ich noch allen, die verständnisvoll und bereitwillig zum Gelingen dieser Schrift beigetragen haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. Dabei sei besonders mein Freund Oswald Maninger genannt, dessen unerschöpflichem Repertoire größtenteils die ausgewählten Sagen entstammen. Bei dieser Gelegenheit darf ich den Archivaren von Karlsruhe, Amorbach und Würzburg für ihre Unterstützung danken. Auch die Gemeindebehörde Dittwars, vor allem unser unermüdlicher Bürgermeister Andreas Schmitt, die mir ohne weiteres die notwendigen Voraussetzungen schufen, seien hier noch erwähnt.
Diese geschichtlichen Niederlegungen sollen vor allem verkümmerndem Geschichtsbewußtsein und dem nach und nach verschwindenden Interesse an Heimat, Volk und Überlieferungen entgegenwirken. Jeder erhält hiermit den unausgesprochenen Auftrag, nach der Vertiefung in diese Materie an ihr zu arbeiten. Möge diese Schrift ihrem Zweck möglichst nahe kommen.
Manfred Maninger / Dezember 1968
A. Allgemeiner Teil
Geographische Lage
Im dichtbesiedelten badischen Frankenland, in einem Seitental des Taubergrabens, liegt das Dörfchen Dittwar. Trotz seines immensen Alters, das der Opferstein am Heidenkessel auf gute 2000 Jahre schätzen läßt, hat es im Laufe seiner Geschichte keinerlei besondere Bedeutung erreicht, was durch das Schattendasein neben der Amts- und Kreisstadt Tauberbischofsheim bedingt ist. Inmitten einer weiten Talsohle, durchzogen von zwei Bächen, die die gesamte Gemarkung entwässern, ringsum von Hügeln begrenzt, liegt der Ort in der Form eines Haufendorfes eingebettet. Der höchste Punkt ist mit 334 Meter Ü. M. an der "Hussenbacher Höhe", der tiefste mit 225 Meter in den "Rohrwiesen " gelegen.
Soziologische Struktur
Das Bild des Dorfes wurde im Laufe der Jahre sehr verändert. Während noch vor dem zweiten Weltkrieg das Dorf typisch landwirtschaftlichen Charakter hatte, arbeiten heute weit über 200 Einwohner, das ist mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung, in Handwerksbetrieben und Fabriken in der Umgebung. Die Landwirtschaft wird oft nebenher betrieben. Dieser Trend vom Bauern zum Arbeiter ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, daß 588 Hektar Ackerfläche in über 9000 Parzellen verteilt sind. Die Arbeit ist dadurch natürlich sehr erschwert; außerdem liegen etwa 80 Prozent der bebauten Fläche auf Hängen, so daß sich der Einsatz von größeren landwirtschaftlichen Maschinen nicht lohnt. Darüber hinaus liegt der durchschnittliche Grundbesitz bei acht Hektar. Die sehr aktuelle Landflucht ist somit also ohne weiteres berechtigt.
In der näheren Umgebung sind zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten geboten, deswegen ist die Zahl der rein bäuerlichen Betriebe auf etwa ein Dutzend zusammengeschmolzen. Der gesamte Rest ist irgendwie nebenberuflich oder als Gelegenheitsarbeiter, eventuell auch halbtags, tätig. Die bevorstehende Flurbereinigung, die durch die über unser Gebiet ziehende Autobahn Würzburg Heilbronn noch beschleunigt durchgeführt wird, läßt für die Zukunft hoffen. Automatisch wird dadurch der Trend vom Klein- zum Großbetrieb gefördert; er wird ein Landwirtschaftssystem zur Folge haben, das auch Krisenzeiten gut überstehen kann.
Kulturelle Einrichtungen
Das Vereinsleben spielt in der dörflichen Kultur die entscheidende Rolle. Der nachweisbar älteste Verein ist der Männergesangverein "Liederkranz", der schon seit 1864 besteht. Im Jahre 1965 konnte er seine 100-Jahr-Feier, die mit einem Heimattreffen der Gemeinde verbunden war, durchführen. Die einjährige Verspätung kam dadurch zustande, daß die einzige vorhandene Urkunde, die den entsprechenden Institutionen beweiskräftig genug war, erst im Herbst 1964 gefunden wurde.
Als zweiten und gleichzeitig größten Kulturträger hat der Ort seinen TSV. Zwar ist momentan Fußball die einzige Sportart, der dort gefrönt wird, aber zeitweilig hatte man auch eine Turnerriege aufgestellt. In den ersten zwanzig Jahren seines Bestehens hatte der Verein noch eine Handballabteilung. An Vereinen, die bald wieder ihre Auflösung bekanntgeben mußten, zählen wir neben dem Krieger- und dem Draisinenverein einen Motorsportclub und eine DLRG Ortsgruppe.
Außer diesen Vereinen ist noch die Freiwillige Feuerwehr erwähnenswert, die sich seit 1962 durch die Entstehung einer Feuerwehrkapelle mit starker Jungmusikergruppe im kulturellen Engagement weit in den Vordergrund schob.
Beachtlich sind auch noch die in den Wintermonaten regelmäßig stattfindenden VHS- Vorträge.
Die Einwohner
Die ältesten Angaben über die Einwohnerzahl, die bis jetzt aufzufinden waren, stammen aus dem Jahre 1668. Damals hatte Dittwar, 80 Herdstätten, 80 Männer, 85 Weiber, 100 Söhne und 92 Töchter"; das sind zusammen 357 Bewohner: 1895 wurden 750 Einwohner, darunter zwölf aktive Priester, gezählt, während es bei der Volkszählung im Jahre 1900 noch 745 waren. Die letzte Volkszählung brachte 1961 die gleiche Zahl.
Außer einigen wenigen Familien, die erst nach dem letzten Krieg zugezogen sind, gehört die gesamte Gemeinde dem römisch-katholischen Glauben an.
Statistik 1961:
Gemarkung: 1038 ha Wiesen 19 ha
Grundstücke: 9265 ha Weinberg: 3 ha
Ackerland: 584 ha weibliche Einwohner 368
Wald: 360 ha männliche Einwohner 377
Ödland: 16 ha Einwohner 745
B. Die Geschichte
DIE GESCHICHTE DITTWARS IN ZAHLEN
1169 Henricus de Luden schenkt sein Castrum Dietebure dem Fürstbischof
zu Würzburg.
1197 Die Einwohner müssen auf Geheiß der Herren von Rineck, Erben
und Nachfahren der de Luden, bedeutende Sachwerte an das Kloster
Gerlachsheim abliefern.
1222 Die Gemeinde wird als selbständige Pfarrei aufgeführt.
1245 Conradus zu Tieteburen wird als erster Ortsadeliger genannt.
1369 Die Burg "Helle" gehört den Münch.
1371 Die Herren von Riedern übernehmen die o. a. Burg.
1560 Das auf der heutigen Dittwarer Gemarkung liegende Dorf Willetz-
heim hat eine eigene Gemarkung.
1581 Kaufbriefabschrift "der Mühlen und des zugehörigen Güterstandes".
1591 Fürstbistum Mainz erlangt die Oberhoheit.
1631 Burg "Helle" wird zertrümmert.
1660 Die mirakulösen Figuren am Kreuzhölzlein werden aufgefunden.
1668 Älteste bekannte Volkszählung.
1803 Der Fürst zu Leiningen erhält unter anderem Dittwar mit Gemarkung
auf Grund des Napoleonischen Entschädigungsvertrages.
1806 Dittwar gehört zu dem neuen Großherzogtum Baden.
1919 Das Großherzogtum wird in das Land Baden umgewandelt.
1952 Die Gründung des Südweststaates Baden- Württemberg löst Baden in
seiner Selbständigkeit auf.
1. FRÜHGESCHICHTE
Vorgeschichte
Der gesamte Taubergau war ehemals ein See. Das beweist die Häufigkeit der Muschelkalkvorkommen. Bei dem Auslauf dieses Sees rissen die Flüsse, die heute zu kleinen Bächen geworden sind, tiefe Gräben und Schluchten in die Ebene. Erosion und Korrosion glichen seither diese Gräben nach und nach teilweise aus. Es ist also eine Folge der Naturvorgänge, daß die ganze Umgebung von kleineren, sanften Bergen übersät ist. Ein sehr bezeichnendes Beispiel jener schroffen Schluchten war der Mangersgraben am Dittwarer Bahnhof, der vor 30 Jahren noch 42 Meter tief war, inzwischen aber nahezu völlig eingeebnet wurde. Auch die Gräben an der Kniebreche und am Lerchenrain, von denen die Überlieferung sagt, daß sie früher bedeutend tiefer gewesen seien, lassen ähnliche Schlüsse zu.
Urgeschichte
In Jahre 3610 nach der Erschaffung der Welt (339 v. Chr.) regierte Romeechte der Große, 11. Erzkönig in "Hochdeutschland". Er erweiterte sein Königreich durch einen Sieg über die Mazedonier unter Alexander Magnus (336-325). Romeechte versammelte sein Heer bei den Herkulessäulen (beim heutigen Mergentheim), um damit gegen die Thüringer und Chatten zu ziehen, die er besiegte.
Die ersten Bewohner unserer Umgebung, die namentlich erwähnt werden, waren die Kelten. Sie lebten etwa zwischen 200 vor bis 350 nach Christus im fränkischen Raum. Beweise dafür sind vor allem die Hügelgräber in 57 Ortschaften unseres Landkreises; Münzen wurden bei Königshofen, Messelhausen, Poppenhausen gefunden, während bei Gerichtstetten, Brehmen und Bütthard Viereckschanzen errichtet wurden. Die Keltenschanze in Brehmen ist heute noch in Überbleibseln zu bestaunen. Sie befindet sich etwa 200 Meter im Wald in Esselbrunner Richtung. Die Anlage besteht aus zwei durch einen Graben getrennten Quadraten, die beide 80 bis 100 Schritte Seitenlänge haben. Die Ecken sind jeweils besonders erhöht, der restliche Wall ist nicht ganz so stark. Etwa 300 Meter weiter im Wald befindet sich dann die Rundschanze mit einem Durchmesser von etwa 30 Schritten. Hier wurden anscheinend die Frauen und Kinder während des Kampfes untergebracht.
Ein Verdienst der Kelten ist die Einführung des zweirädrigen Pfluges in unserer Gegend.
Auch Dittwar gehört zu jenen Dörfern, auf deren Gemarkung vorgeschichtliche Funde gemacht wurden. Außerdem trafen sich ja am Wetterkreuz die beiden Keltenfernstraßen Main-Neckar und Spessart-Hohenlohe. Der Opferstein am Heidenkessel ist wahrscheinlich auch keltischen Ursprungs.
Bevor die Kelten von den von Nordosten einbrechenden Germanen vertrieben wurden, bestanden schon rege Handelsbeziehungen mit den Römern. Die Söldnerheere hatten sogar Außenposten vor dem Limes errichtet, die laufend mit den ansässigen Bauern in Verbindung standen. Ein solcher Außenposten war der Landturm bei Külsheim und auch das Fort "alauda". Die Römer erbauten extra eine Heerstraße, die vom CasteIl Osterburken über Heckfeld, Oberlauda an die Tauber führte, um den Warenaustausch im Tauberland zu ermöglichen.
Der Teutonenstein in Miltenberg ist das älteste Zeugnis mit Schriftzeichen in unserer Gegend, das von Deutschstämmigen geschaffen wurde. Er ist als eine Urkunde, die eine Abmachung über Grenzfestlegungen beinhaltet, anzusehen. Der Wortlaut: Inter Teutones, Cimbros, Ambrones, Harudes, Fundusios; was nur die Namen der Vertragsparteien sind.
Heiden im Taubertal
Die Ureinwohner des Frankenlandes waren wie überall Heiden, die nicht in Tempeln, sondern an freien Plätzen, an besonders auffallenden Felsbrocken, unter riesigen Bäumen ihren Gottheiten opferten. Solche Opfer bestanden ausschließlich in Bluttaten. Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner waren regelmäßige Gaben, während ein Pferd nur bei besonderen Anlässen, wie Bitte um schönes Wetter, Glück für zwei Neuvermählte geopfert wurde. Das Menschenopfer kam auch vor, aber nur bei ganz außergewöhnlichen Anlässen, wozu man eventuell Krieg, Fürstenhochzeit oder Tod eines Königs zählen kann. Eine dieser Opferstätten war der Heidenkessel bei Dittwar.
Als die Glaubensboten kamen, hatten sie mit vielen heidnischen Bräuchen zu kämpfen. Dies beweist ein Verzeichnis solcher Sitten, das während eines Konzils hergestellt wurde. 30 Beschreibungen sind uns erhalten geblieben. Sie geben uns einen markanten Einblick in die damaligen Zustände. Einige davon sind hier genannt:
Nr. 4 "Hüttchen, Götterhüttchen, das waren sehr einfache mit Stroh be-
deckte Hütten, welche die Christen, die noch kurz vorher Heiden
waren, errichteten und in welche sie Götzenbilder stellten."
Nr. 5 "Die Religionsschändung in den Kirchen.
Die heidnischen Gebräuche waren den neu bekehrten Christen der-
art zur Gewohnheit geworden, daß sie auch nach der Bekehrung
oftmals zurückfielen, und daß sie, wie sie es ehemals getan hatten, an
Götzenbildern, ja sogar in Kirchen, Gastmahle abhielten und dazu
tanzten."
Nr. 26 "Der Hase war das heilige Tier der Frühlingsgöttin Ostara; die Ger-
manen töteten ihn deshalb nicht. Daher stammte auch die Annahme,
daß ein quer über den Weg springender Hase Unglück bringe. Die
Göttin hatte den Hasen, der früher ein Vogel gewesen war und des-
halb Eier legen konnte, in ein vierfüßiges Tier verwandelt. In Erinne-
rung an seine früheren Eigenschaften konnte der Osterhase daher
schon immer Eier legen."
Nr. 30"Eine tiefeingewurzelte heidnische Meinung bestand darin, daß Frau-
en den Mond bezaubern konnten und den Menschen die Herzen
wegnehmen konnten. Im 16. Jahrhundert brachte diese Sitte viele
schreckliche Hexenprozesse und Hinrichtungen."
Die Keltischen Schanzen
Links vom Brehmer Weg nach Esselbrunn, bald nachdem der Weg durch den Wald führt, befinden sich die "Brehmer Keltenschanzen ". Die Befestigungsanlage ist noch deutlich erkennbar. Sicherlich sind Palisaden, Verhaue und Türme längst vermodert, aber die Wälle und Gräben sind, wenn auch schon verfallen und verwaschen, noch sichtbar. Die unmittelbar am Weg gelegene größere Viereckschanze besteht aus zwei Quadraten mit etwa 80 Schritten Seitenlänge, die nur durch einen Graben voneinander getrennt sind. Die jeweiligen Innenecken bestehen aus besonders erhöhten Wällen, während die sonstigen Fronten von einem etwa gleich hohen Aufwurf mit davorgelagertem Graben gebildet werden. Etwa 350 Schritte in gleicher Richtung vom Weg befindet sich eine zweite Schanze, bestehend aus einem Rundgraben mit etwa 40 Schritten Durchmesser.
Offensichtlich befindet sich bei Gerichtstetten eine ähnliche Schanze, und eine historische Verbindung ist nicht ausgeschlossen. Die Ausgabe der Heimatblätter "Wartturm" für Februar 1929 beschreibt die Geschichte und eine Schanze von Gerichtstetten. Genauere Untersuchungen des Professors Schuhmacher im Jahre 1836 ergaben, daß diese Anlagen im ersten oder zweiten Jahrhundert n. Chr. errichtet wurden. Man erkennt ein unregelmäßiges Viereck mit den Seitenlängen 111, 123, 130, 131 Meter. Der Wall besteht aus einem Erdaufwurf ohne Steinkern; unten 8 bis 13 Meter, oben 2 Meter breit, 1,60 Meter hoch. Außerhalb der Verschanzung sieht man den Wassergraben. Der Wall ist an drei Stellen unterbrochen (4 bis 5,70 Meter), was auf Tore hindeutet, der Graben ist an diesen Stellen nicht ausgefüllt, also dürfen hier Brücken gewesen sein; in der Nordostecke wurden Grundmauern eines Steinhauses gefunden. Diese 70 Zentimeter starken und 70 bis 80 Zentimeter breiten Mauerreste deuten auf ein Haus hin, das das älteste in Süddeutschland sein dürfte. Der Oberbau bestand aus Lehm, das Dach aus leichtem Baustoff, wie Reisig oder Stroh. Auf der Westseite fand man die Reste eines Holzblockhauses, mit den Seitenlängen 7,50 und 4,20 Meter. In der Abfallschicht sind Abdrücke von Ruten zu erkennen, was auf Lehmfachwerkbau hinweist. Ähnliche Spuren sind auch auf beiden Seiten des Eingangs im Süden zu verzeichnen. Einzelfunde wie Heftnadel (Eisen), Doppelaxt, Speer mit Pfeilspitzen, Messer, deuten auf die Zeit vor Christus hin. Es sind keine römischen Formen vorhanden, auch die Tonscherben sind keltischen Ursprungs. In jener Zeit wohnten Gallier (Kelten) südlich des Mains, daher gilt als sicher, daß sie die Erbauer dieser Schanzen waren.
Bisher sah man in diesen Anlagen Fliehburgen und befestigte Herrensitze der Kelten, doch neuere Forschungen ergaben, daß die Befestigungen erst später an diese Bauten angefügt wurden. Deshalb hält man heute aufgrund der Funde diese Verschanzungen für ehemalige kultische Festspielanlagen.
Auf der Gemarkung der Gemeinde Schönfeld an der bayerischen Grenze befinden sich auch Reste einer solchen „Keltenschanze“.
Das Christentum erreicht das Frankenland
Um das Jahr 865 kam der heilige Kilian mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan in die Main-Tauber-Gegend, um das Evangelium zu predigen. Es kostete unsagbar viel Mühe, den wilden und unbezähmbaren Franken ihre ebenso wilden Götzen zu entreißen, um sie dann dem weltfremden Christentum zu unterjochen. Kilian gelang es, den Fürsten Gosbert, der von König Dagobert als Herzog über Franken und Thüringen befohlen war, zu taufen. Der Herzog lebte mit einer ihm nicht angetrauten Frau, Gailana, zusammen, was ihm von Kilian verboten wurde. Die darüber erboste Gailana ließ ihn dafür umbringen und dann am 8. Juli 689 verscharren. Von bei den Mördern erzählt die Legende, daß sie eines unglückseligen Todes gestorben sind. Der erste Bischof zu Würzburg, der heilige Burkard, ließ die drei Leichen später ausgraben und in der Kirche auf dem Marienberg bestatten. Nach einer alten Überlieferung fand an der Mündung der Brehmbach in die Tauber eine der ersten kilianischen Bekehrungspredigten statt.
Die missionarische Vorarbeit von Kilian und seinen Helfern konnte in diesen Zeiten der Unruhe und des Umbruches ohne weitere Pflege keine besonderen Früchte tragen. Bald waren die letzten Vorsätze vergessen, und die heidnischen Unsitten nahmen wieder überhand. Zum richtigen Zeitpunkt traf der Apostel der Deutschen ein und trug Sorge, damit die Saat nicht ganz verlorenging.
Er war in England geboren und stammte aus einem vornehmen Geschlecht. Im Kloster Nuticelle erhielt er statt seines Namens Winfried den Zwecknamen Bonifatius. Als Missionar betätigte er sich zuerst bei den Friesen. Diese waren aber durch ihren gerade stattfindenden Krieg mit den Franken ohnehin unnahbar, so daß Bonifatius entmutigt heimkehren mußte. Hier wählte man ihn aufgrund seiner vielfältigen Fähigkeiten zum Abt. Später, als ihn das Missionsfieber wieder packte, reiste er nach Rom, um beim Papst die Erlaubnis zu erflehen, wieder in Deutschland wirken zu dürfen. Er zog diesmal zu den Thüringern und Franken, predigte ihnen den Glauben; und siehe da, Tausende Franken und Thüringer ließen sich bekehren. Ein Kloster nach dem anderen entstand, Kapellen und Kirchen wuchsen in großer Anzahl aus dem Boden. Etwa zur selben Zeit kam eine gottbegeisterte Jungfrau in unsere Gegend, die vor allem für das weibliche Geschlecht zuständig sein sollte; es war Lioba. Sie ließ in "Biscovesheim an der Tubera« ein Nonnenkloster errichten. Die beiden Glaubensboten fanden an der Tauber sehr viele Willige. Im Jahre 745 machte Bonifatius Mainz zu seinem bischöflichen Mittelpunkt. Im hohen Alter zog er nochmals zu den rauhbeinigen Friesen, um dort seine Missionsarbeit fortzusetzen. Am Pfingstsonntag sollten die Neugetauften gefirmt werden. Als er bei Sonnenaufgang sein Werk beginnen wollte, kamen statt der Firmlinge Scharen von bewaffneten Heiden und überfielen ihn mit seinen Helfern. Alle Gottesmänner wurden ermordet. Sein Leichnam ist heute in Fulda begraben, wo er noch immer hoch verehrt wird.
Auch Bonifatius war es nicht gelungen, den Aberglauben der Franken ganz zu beseitigen. Noch in den Jahren 1219 und 1310 mußten die Mainzer Bischöfe heidnische Sitten verbieten. Der Papst hatte den Missionaren befohlen, diejenigen Bräuche der Heiden zu belassen, die nicht direkt gegen das Christentum verstießen. Das brachte natürlich automatisch eine Anpassung des Christentums an das Heidentum mit sich. Gegen die Auswüchse mußten die Kleriker noch Jahrhunderte später kämpfen.
2. ZWISCHEN DEN JAHRTAUSENDEN
Wohlstand der Franken vor dem Bauernkrieg
Heute kann man sich nicht die geringste Vorstellung machen, wie das Frankenland vor dem Bauernkrieg in Reichtum und Wohlstand erblüht war. Die wertvollste Quelle dieser guten Zeit war der Weinstock. Wie uns aus alten Urkunden erzählt wird, wurde der Weinbau damals weitaus intensiver betrieben als heute. Der Ertrag war dementsprechend; wem fällt nun nicht das Gedicht von den Schatzgräbern ein.
In Dittwar waren ehemals alle der umliegenden Hänge mit Reben bewachsen.
Der Tauberwein, der sehr bekannt war und vornehmlich als Meßwein verkauft wurde, konnte in riesigen Mengen verschüttet werden. Man hatte manchmal derartig große Ernten, daß man keinesfalls die Ausbeute unterbringen konnte. So wurde in Tauberbischofsheim an Sonn- und Feiertagen auf speziell dafür aufgestellten Tischen Wein nicht nach Maß, sondern nach Trinkzeit angeboten. Wer damals in kurzer Zeit viel schlucken konnte, hatte damit eine sehr günstige Gelegenheit, sich den Leib mit Wein vollaufen zu lassen.
Noch heute wird in Dittwar Wein angebaut, aber da wir keine Winzer haben und die Bauern im Zeitalter der Spezialisierung für ihre Weinberge kaum noch Zeit haben, geht diese Erwerbsquelle mehr und mehr zurück. Die ringsum an allen Hängen angehäuften Steinhalden beweisen die Mühseligkeit der Arbeit. Alljährlich mußte Stein für Stein vom Rebgelände abgelesen werden.
Der Bauer pflegt heute nur noch so viel Wein anzubauen, wie er selbst verbraucht. Von Weinverkäufern, die in Dittwar ihren Wein wachsen lassen, kann deshalb längst nicht mehr gesprochen werden.
Der Bauernkrieg
Die Ursachen des Bauernkrieges sind logischerweise vor allem in der tiefen und unüberwindbaren Kluft zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen zu suchen. Luxus und Reichtum der Stände, Leibeigenschaft, Wucher, Steuern und Fron für den armen Landmann schufen zu große Gegensätze.
Im Jahre 1476 versammelte der Pfeiferhannes von Niklashausen erstmals Bauern zu einer demonstrativen Kundgebung. Zur gleichen Zeit fanden in Rothenburg Aufstände des "klassenlosen Volkes" statt. In Ballenberg scharte der Ochsenwirt Georg Metzler Gleichgesinnte um sich, die mit ihm regelmäßig zu Debatten zusammentrafen.
Mit 4000 Bauern zog Metzler 1525 von Ballenberg in den Schüpfer Grund. Als Banner hatten sie sich einen Schnürschuh an eine lange Stange gehängt. Der Haufen plünderte das Kloster SchönthaI.
Am 2. April 1525 fand "ufrur eenzelner Bürger in L,auden" statt. Die immer größer werdende Bauernschar erreichte von Schäftersheim über Markelsheim das Taubertal. Sie sandten am 7. April ihre 12 Punkte an den Lehensherren, den Würzburger Bischof:
fertigt.
3. Abschaffung der Leibeigenschaft.
4. Freiheit in Weidwerk und Fischerei.
5. Das gesamte Holz soll der ganzen Gemeinde freigestellt werden.
6. Es dürfen nicht mehr Dienste verlangt werden, als die Vorfahren leisten
mußten.
7. Bei Lehensinhabern dürfen keine anderen Forderungen gestellt werden.
8. Gerechte Gült, Minderung der Gült bei schlechten Ernten.
9. Bestrafungen dürfen nur nach Gesetz und nicht nach Gunst vorgenom
men werden.
10. Ungerechterweise genommenes Land muß zurückerstattet werden.
11. Abschaffung der Todesstrafe. Hilfe für Witwen und Waisen.
12. Sollte einer dieser Punkte gegen das Wort Gottes verstoßen, so wird er
sofort zurückgezogen.
Der Fürstbischof nahm alle zwölf Punkte an, ließ aber die geforderte Übergabe der Festung nicht zu.
Am 2. Juni traf das schwäbische Bundesheer bei Sachsenflur ein. Sofort flüchteten die in Königshofen weilenden Bauernscharen auf den Turmberg. Die Bauernführer entflohen dem, drohenden Unheil, unter ihnen Metzler und Götz von Berlichingen. Es begann also ein schreckliches Morden unter den Zurückgebliebenen im Gehölz bei Sailtheim und Deubach. 4000 Bauern wurden getötet, darunter allein 300 Königshöfer. Zum Strafgericht kam der Bischof selbst nach Lauda. Er verurteilte von den Anwesenden zwei Laudaer, zwei Oberlaudaer, zwei Heckfelder, einen Angeltürner und einen Büttharder Bauern zum Tode. Das gesamte Ergebnis war für die Bauernschaft katastrophal. Keiner der zwölf Punkte wurde angenommen; Tausende Gefallene; Hunderte hingerichtet, Burgen und Dörfer verbrannt, und die Fürsten hatten sich noch mehr gestärkt. Der Bauernaufstand litt vor allem unter der mangelnden Einheitlichkeit, unter unzuverlässiger Führung und unter der Disziplinlosigkeit. Mangelnde Waffenkenntnis und Materialsorgen kamen erst in zweiter Linie.
Hexenwahn
Etwa um 1500 kam in allen europäischen Staaten die Meinung auf, daß Glück und Unglück von gottlosen Menschen, die mit dem Teufel und anderen dunklen Mächten gemeinsame Sache machten, beeinflußt würden. Krankheiten, Feuer, Sturm, Reichtum, Sinnestäuschung, Liebesleiden, Eifersucht führte man auf diesen Umstand zurück. Man glaubte, Hexen seien mit dem Teufel direkt verbunden, weil sie ihm Seele und Seligkeit übergeben hätten, wofür sie von diesem übernatürliche Macht bekämen. Diese Macht mißbrauchten sie, um anderen zu schaden und sich zu bereichern, sich zu verwandeln und ihre sinnliche Lust zu befriedigen. Die meisten Hexen gehörten dem weiblichen Geschlecht an, weil man annahm, daß der Teufel dafür empfänglicher sei. Sie erkannten sich gegenseitig an einem Mal, benutzten eine Salbe, die sie ermächtigte, auf Besen, Gabeln und allerlei Tieren durch die Luft zu reiten. Dabei durften sie das Wort "Jesus" nicht aussprechen, sonst fielen sie sofort auf die Erde herab und brauchten Jahre, bis sie wieder nach Hause kamen. Glockengeläute hemmte ihren Weg. Als Versammlungsorte galten große Steine, Kreuzungen, besondere Bäume und Kirchenplätze. Solche Treffpunkte waren nachweislich die Galgensteige und die Lange Weide bei Lauda, Kirchplätze in Oberlauda und Königshofen und auch der Heidenkessel in Dittwar, der zu jener Zeit Hexenkessel genannt wurde. Bei so einer Zusammenkunft mußten die Hexen ihrem Herrn Rechenschaft ablegen; wer zu wenig Böses angestellt hatte, erhielt Schläge. Anschließend ließ Beelzebub sich anbeten, und ein wildes Gelage begann, welches dann in wüster Ausschweifung und in tollen Orgien endete.
Im Stift Mainz scheinen die Hexenbräuche früher begonnen zu haben als sonst in kirchlichen Gebieten. Ab 1593 geriet der ganze Odenwald, das Bauland und die Main- Tauber- Gegend in wilde Bewegung gegen dieses "teuflische Geschmeiß".
"Der Kurfürst von Mainz, Adam von Blicken, hat seit 1601 mit großem Ernst angefangen, dem abscheulichen Greuel der Zauberei und Hexerei ein Ende zu setzen. Er hat ehrliche Personen, so mit solchem Laster behaftet, mit Feuer strafen und hinrichten lassen."
Im April 1603 wurde in Lauda die Ofenmacherin als Hexe eingesperrt. Sie verweigerte zunächst ein Geständnis, wurde dann aber binnen zehn Wochen Drangsal und Peinigung wieder vorgeführt. Sie bekannte, unter dem Druck der Leiden, daß sie mit der Schultheißin im Gemeindeholz bei Lauda gewesen sei, um Holz zu sammeln. Sie habe dort mit der Schultheißin getanzt, wo ein Mann mit einer Pfeife gespielt habe. Sie habe bereits seit sechs Jahren Gott und allen Heiligen abgeschworen. Sie habe einen Hexentanz in der Langen Weide mitgemacht, wo von Königshofen mehrere Leute anwesend gewesen seien. Danach bekannte sie, daß sie auf Mistgabeln dorthin gefahren sei und auch eine Hexensalbe habe. Dazu habe sie eine ungetaufte Kindsleiche ausgegraben, in ein altes Tuch gewickelt, zu Hause gesotten und von dem Fett sei die Salbe gemacht worden. Am Nachmittag behauptete sie, alles sei nicht wahr und sie habe es nur wegen der Folter gesagt. Niemals hätte sie Gott abgeschworen. Erst auf der Folter berichtete sie weiter. Sie erzählte, der Teufel hätte ihr verboten, zu gestehen. Als sie am 1. Juli wieder vorgeführt wurde, erklärte sie, sie habe alles nur wegen der Schmerzen auf der Folter bekannt. Sogleich wurde sie gebunden und wieder eingespannt. Die Schmerzen waren derartig, daß sie der Kommission jedes Geständnis ablegte, das diese haben wollte. Man brach danach ab, und sie wurde alsbald lebend verbrannt.
Dieser Bericht zeigt, mit welchen Torturen man damals Geständnisse erpreßte; die unschuldigsten Menschen kamen durch Beinschrauben, Leiter und Zug in Hexenruf und wurden mit dem Tode bestraft.
Janssen schreibt in seiner "Geschichte des deutschen Volkes":
"Sodoma und Gomorrha sind ein Kinderspiel gegen die jetzt in Deutschland herrschenden Sitten. Diebstahl, Raub, Mord, Brandstiftung und ruchlose Anschläge auf das allgemeine Wohl nehmen in schrecklichem Maße überhand. Selten hat die Giftmischerei, verbunden mit wüsten abergläubischen Formen, so aufgeblüht, wie in dieser Zeit. Zauberformeln, Beschwörungen, Anrufungen des Teufels, Verträge mit dem Teufel spielten massenhaft in die verbrecherischen Taten hinein, welche unternommen worden waren."
Zehntgesetze aus dem Jahre 1594
Die vollständige Zehntordnung ist nicht mehr vorhanden im Amtsbezirk Tauberbischofsheim. Dafür haben wir aber die aus Lauda und Teile der aus Ballenberg.
Da diese beiden nahezu gleich sind, dürften sie auch in Dittwar gegolten haben; die Zehntscheune ist noch vollständig erhalten und im Besitz der Familie Hönig.
Hier ein Auszug der Laudaer Zehntordnung:
1. Wahl der Zehntschöffen:
Vom Schultheißen sind dem Zehntgrafen vier Männer vorzuschlagen, von
denen dieser einen mit Wissen des Amtsmannes auswählt.
2. Amt, Pflicht und Belohnung des Zehntgrafen: Er bekommt Bann und
Gewalt über Licht, Blut und Gut; er und die Schöffen bekommen die
Hälfte der Bußen.
3. Amt und Pflicht der Schöffen:
Wenn sie nicht verhindert sind, müssen sie gleich kommen, andernfalls sie
anzeigen, dann müssen sie ihr Urteil abgeben nach dem Eid.
4. Schöffeneid:
Der Schöffe gelobt, ohne Rücksicht nur nach Gerechtigkeit sein Amt zu
verwalten, sowie er sich beim geringsten Gerücht verantworten muß.
5. Lohn der Schöffen:
Bei kleinen Strafen unter 5 Gulden ein Halbdrittel.
6. Der Zehntknecht hat zu Gericht zu fordern die Schöffen und die Partei-
en, die Gefangenen einzulegen und zu bewahren.
7. Als Vertreter dürfen auch die Schöffen mit alter Übung gebraucht werden.
8. Vor das gemeine Zehntgericht kommt:
Mord, Diebstahl, Raub, Notzucht, Sünde, Blutschande, Kuppelei, Ehe-
bruch, Gotteslästerung, Befehdung, Brandstiftung, Falschmünzerei. Ver
räterei, Zauberei, Aufruhr, Betrug, freventliche Verrückung von Markstei-
nen, fließende Wunden, Trennung und andere Injurien.
9. Verkündigung des Gerichtstages:
Der Landknecht hat denselben vier Tage zuvor zu verkünden, dann Mis-
setäter aus dem Gefängnis in eine andere Stube, jedoch in Banden und
Ketten, zu bringen und ihn dort zur Buße zu ermahnen; er hat den Pfar-
rer zu benachrichtigen, daß dieser kommt und den Übeltäter vorbereitet.
10. Art der Verkündigung:
Am Anfang, in der Mitte und am Ende des Ortes:
Hört ihr, höret jung und alten
Buß N. wird man Halsgericht halten
zu Lauda über eingefangenen Person
die jene Übeltat gethon.
Zu diesem Rechtstag sollt ihr kommen
und zur Wehr han mitgenommen
Zentho, Zentho, Zentho!
11. Die peinliche Untersuchung und Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.:
Eine gerichtliche Untersuchung wurde in früherer Zeit noch angestellt, wo das Geständnis fehlte, oder es dem Richter nicht ausreichend erschien, hatte er das Recht, das Geständnis durch die Folter zu erzwingen.
12. Arten der Folter:
Das mildeste Mittel, Geständnisse zu erpressen, waren die Daumenschrauben oder Daumenstücke; kleine Pressen, zwischen welchen die Daumen gepreßt wurden. Ärger waren schon die "Spanischen Stiefel" zur Erquetschung von Schienbein und Waden. Noch schrecklicher war der dritte Grad, die sogenannte Leiter, an der durch eine Winde die Arme und Beine ausgezogen und alle Glieder ausgereckt wurden. Der vierte Grad der Folterung war der gespickte Hase, eine hölzerne, mit Pflöcken versehene Walze, die man im Rücken des an der Leiter Aufgezogenen drehte, so daß ihre Pflöcke in das Rückgrat vordrangen.
13. Form der Urteile:
Hatte man die Untersuchung abgehalten, so folgte das Urteil. Der Tod konnte herbeigeführt werden:
a) mit der Kette und Strang am Galgen,
b) mit dem Schwert,
c) mit dem Rad durch Zerstoßung seiner Glieder, daß er folgends dar-
auf gelegt wurde,
d) mit Feuer,
e) mit Wasser,
f) durch lebendig begraben und Pfählen,
g) durch seinen ganzen Leib in vier Stücke geteilt.
Vor dem großen Völkerkrieg
Die Stellung der Bauern im ausgehenden 16. Jahrhundert war schon wohlgeordnet. Es gab neben den völlig Freien, die ihren Grund und Boden selbständig und uneingeschränkt bebauten, die persönlich Freien. Diese hatten ein Lehen zu bewirtschaften und besaßen kein eigenes Land, oder sie hatten eigenen Besitz, mußten aber dafür Abgaben leisten. Die dritte Gruppe hatte nur ein Nutznießerrecht über die ihnen überlassenen Felder. Als letzte und tiefste Schicht sind die Leibeigenen zu nennen. Unter ihnen waren die Ärmsten; meist hatten sie nicht mal genügend zu essen. Sie mußten Frondienst und Abgaben in oft ungerechtfertigter Höhe leisten. Der Fronherr hatte vor allem noch das uneingeschränkte Züchtigungsrecht, deshalb waren diese Minderberechtigten ganz auf Gnad und Verderb dem Fronvogt ausgeliefert. Die Zehntgesetze von Lauda aus dem Jahre 1594, die in Auszügen ja angeführt sind, galten allerdings nur für die Freien. So konnte also der Herr über Leibeigene bei Züchtigungen nicht bestraft werden; sie gehörten ihm ja mit Leib und Leben, wie sein Vieh.
Jeder unfreie Mündige hatte jährlichen Zins zu zahlen. Starb ein Unfreier, so mußte er einen Teil seiner persönlichen Habe seinem Herrn vermachen; dazu mußte der Nachfahre noch das Handlehen leisten. Diese Erhebung beim Tod, die zuerst in Naturalien, später in Gold gefordert wurde, war eine der umstrittensten und natürlich am wenigsten gerechtfertigten Abgaben. Aber die große Anzahl und die immense Höhe der Zinsen sollte den Bauern an seinen niedrigen Stand und an die riesige Kluft zu dem Ausbeutervolk der besitzenden Klasse erinnern.
Zu den bisher genannten Abgaben kommen noch der große und der kleine Zehnt, sowie die Bede- und Geldsteuern; diese waren ursprünglich für die Kriegspflicht und den Heerbann des Landesherrn vorgesehen. Die Bede galt neuerdings als allgemeine Beihilfe. In späterer Zeit kamen, vor allem während des schrecklichen Völkermordens, noch die Reichssteuern hinzu, der sogenannte gemeine Pfennig.
Wenn man die damalige Steuerlast mit der heutigen, besonders beim "kleinen Mann" vergleicht, dabei die Industrierevolution und den Fortschritt auf geistigem und wissenschaftlichem Gebiet mit berücksichtigt, muß man logisch folgern, daß heute der Mensch der unteren Klasse indirekt noch ein Leibeigener ist.
Der 30jährige Krieg
Die Reformation wie auch die Gegenreformation konnten weder im Konzil zu Trient (1545-1563) noch im Augsburger Religionsfrieden (1555) die feindlichen Parteien befriedigen. Mit den faulen Kompromißvorschlägen der Katholiken war man natürlich nicht einverstanden; während die extremen Forderungen der Protestanten selbstverständlich auch nicht angenommen wurden.
Nach den fortlaufenden Versteifungen schlossen sich beide Parteien zusammen, und sie etablierten damit zwei in sich geschlossene, organisierte Lager; die "Liga" der römischen Kirche und die "Union" der Evangelischen. Die protestantischen Reichsstände wären 1630 der kriegerischen Vernichtung nicht mehr entgangen, hätte nicht der Schwedenkönig eingegriffen. Die Liga und das Haus Habsburg verloren gegen Gustav Adolf zwei Schlachten, und der Tod der beiden Heerführer Gustav Adolf und Wallenstein brachte das Ende des Religionskrieges 1635. Jedoch der Krieg ging weiter; Europa bekämpfte die Vormacht Habsburgs. Mit dem Westfälischen Frieden 1648 verlor das Reich seine Vormachtstellung. Ringsum an allen Grenzen erhielten die Siegermächte deutsche Landesteile; Ausländer zogen als Landesherren in den Reichstag nach Regensburg ein. Das Volk ist völlig verarmt, das innerdeutsche Leben liegt ausnahmslos brach.
Im Tauberland hatte die Bevölkerung während des Dreißigjährigen Krieges vor allem unter den Schweden zu leiden. Sie kamen 1630 nach Deutschland und waren bereits ein Jahr später im Taubertal. Sie setzten sich in Bischofsheim fest und bestellten einen Beamtenapparat, der mit der königlich schwedischen Regierung zu Mainz in direkter und reger Verbindung stand. Ihre Regimenter brandschatzten das gesamte Frankenland in schrecklichster Weise. Daraufhin entstand in Bayern, Hessen und Franken fürchterliche Hungersnot. Der protestantische Pfarrer Steuber im hessischen Marburg berichtete über den Dreißigjährigen Krieg am 19. Oktober 1635:
"Es sind in Deutschland zuvor auch Kriege gewesen, aber so schwere wie jetzo nicht. Kein Mensch ist sicher auf der Straß, kein Bauer uffm Feld, niemand in den Dörfern, niemand in den Städten, nicht einmal in Klöstern und Kirchen. Barbarisch geht man mit den Leuten um; man prügelt sie, röstet sie am Feuer und hängt sie im Rauche auf, läßt sie hängen bis sie schwarz werden. Alles damit die Soldaten erfahren, wo irgend etwas an Geld oder Gut vergraben oder verborgen liegt. Zudem haben sie Frauen, Jungfrauen, Eheweiber, Mägdlein von 10, 11 und 12 Jahren in Gegenwart ihrer Eltern, Ehemännern und anderer ehrlicher Leute mißhandelt. Kein Ort war so heilig, daß man dort nicht Raub und Schand trieb. Wie man Dörfer, Schlösser und Städte ausplündert, verheert, versengt und verbrennt hat, das lehrt der Augenschein, so zwar, daß unser edles Vaterland, welches zuvor ein irdisches, wohlbewohntes Paradies gewesen, jetzo ohne Tränen nicht mehr kann durchwandert werden. Deutschland ist so öde gemacht, daß jetzt Städte, worin sechs, sieben und mehr hundert Bürger gelebt, nun von 100, 150 oder 200 Leuten bewohnt werden. Die übrigen Häuser stehen leer, fallen ein oder werden wüst. Auf den Dörfern stehts noch schlimmer, man sieht oft meilenweit keinen Hund, geschweige denn ein Mensch. Unser Geld, Kleider, Speisen, Pferde, Kühe, Ochsen, Ziegen, Gänse usw. sind weg."
Das Schwedenkreuz am Förstlein ist der Beweis dafür, daß selbst Dittwar unter den Schweden zu leiden hatte. Leo Weber pflügte an der Lücke. Plötzlich erschien ein Reitertrupp am Waldesrand. Der Leo hatte Angst um Weib und Kind, spannte sofort seine Pferde aus und ritt mit ihnen los. Um die Verfolger nicht in das Dorf zu führen, ließ er seine Pferde an den Steinigen Ackern den Hang hinauf und in den Wald galoppieren. Er ließ den Heiligen Berg hinter sich und wollte der Gänsestirn entlang Richtung Gissigheim weiter, als ihn die schwedischen Reiter erreichten und erschossen. Wahrscheinlich hat sein Täuschungsmanöver nicht viel genützt, das Dorf haben sie sicher leicht gefunden.
Außer den Schweden zogen auch Tilly und Turenne mit ihren Heerscharen durch das Taubertal. Und da die damaligen Truppen sich nur von der Beute verpflegten, ließen sie überall nur ausgesaugtes Gebiet zurück.
Die Türkenkriege
Die Türken, ein aus Innerasien kommendes Volk, stürmten seit Mitte des 15. Jahrhunderts gegen das Abendland an.
1453 Konstantinopel, 1651 Belgrad, 1683 vor Wien, das waren die Stationen ihres Vordringens. Erst 1716 konnten sie von Prinz Eugen von Savoyen entscheidend geschlagen werden.
In unserer Gegend bezeugen die Türkensteuerverzeichnisse die Kriegslasten, die 1474 auf dem Reichstag zu Augsburg für die kriegerischen Maßnahmen gegen die Eindringlinge erhoben werden mußten. Truppen der Ämter Wertheim und Külsheim wurden nach Wien und damit zum Schutz des christlichen Abendlandes entsandt.
Ein weiteres Zeugnis dieser Türkenplage ist das Rosenkranzfest am 7. Oktober, das 1571 nur für die Kirchen, die einen Rosenkranzaltar hatten, durch Gregor XIII. und 1716 durch Clemens XI. für alle Kirchen eingeführt wurde.
Nach dem Sieg über die Türken wurden vom Reich deutsche Siedler, vornehmlich Franken und Schwaben, nach dem bisherigen türkischen Ungarn, das nun durch die Kriege verödet und verwüstet war, geschickt. Schon bald erstrahlte dort die Landwirtschaft in prächtiger Blüte.
Kriegstruppen im tauberfränkischen Gebiet
Nach den Aufmärschen der Kriegshaufen des Erzkönigs Romeechte im Jahre 339 v. Chr. bei den Herkulessäulen in der Nähe des heutigen Mergentheim, sind die Hunnen die ersten Störenfriede unserer Heimat, die urkundlich genannt werden. Ab 901 zogen sie 50 Jahre lang immer wieder durchs Taubertal, weil hier im ertragreichen, rein landwirtschaftlichen Gebiet die besten Möglichkeiten bestanden, Lebensmittel zu erbeuten. 912 wurden sogar mehrere Burgen von dem Räubervolk zerstört.
Die Judenverfolgungen sind bei uns schon seit dem Jahr 1096 gang und gäbe.
Diese frühe Unsitte hing vor allem mit den Kreuzzügen und der Propaganda dazu zusammen. 1096 wurden in Bischofsheim anonym viele Juden überfallen und getötet.
1663 schickte Louis XIV. seinen Marschall Turenne durch den Taubergrund zur Nahrungsfassung. Die Franzosen zerstörten Dörfer und Burgen, zurück blieb ein Chaos.
Hundert Jahre lang wurden über die großen Fernstraßen an Main und Tauber Truppenmassen von freundlichen und feindlichen Heeren geschleust. 1701 bis 1714 kamen französische, englische, bayerische und kaiserliche Truppen aufgrund des spanischen Erbfolgekrieges vorbei. 1756 bis 1763 zogen preußische, russische und österreichische Soldaten zum Siebenjährigen Krieg und 1778 Österreicher zum Erbfolgekrieg in Bayern durch Franken. 1799 bis 1801 schlugen Franzosen, Russen und Österreicher im Taubertal ihre Quartiere auf. Zum französisch-russischen Krieg mußte Baden sich mit 8000 Mann an der "Grande Armee" beteiligen, darunter 189 Soldaten vom Amtsbezirk Bischofsheim. Nur 145 Badener konnten den großen Krieg lebend überstehen.
Durch die vielen und unaufhörlichen Armeeunterstützungen war das Frankenland völlig ausgesaugt und verarmt. Die natürliche Folge waren jeweils Seuchen, Hunger und Mißstände aller Art.
In modernster Zeit hat sich die Situation dahingehend entscheidend gewandelt, daß in der näheren Umgebung Truppen und Kasernen in rauhen Mengen stationiert sind. Tauberbischofsheim, Külsheim, Hardheim, Walldürn, Mergentheim, Wertheim und Veitshöchheim sind zu Garnisonsstädten geworden. Außerdem ist in Königshofen ein Stahlbeton-Atombunker, in Hardheim eine NikeZeus-Abschußbasis und in Löffelstelzen ein Verwaltungsatombunker. Die Vielzahl der militärischen Niederlassungen in engerer Umgebung lassen für einen zukünftigen Krieg nur Schwärzestes ahnen.
Wechsel der Landesherren
Die längste Zeit seiner nachweisbaren Geschichte gehörte Dittwar den Fürstbischöfen von Mainz und Würzburg. Der Laudaer Graf Henricus hatte im Jahre 1169 sein Castrum Dietebure dem hl. Kilian und damit dem Bistum Würzburg vermacht und wieder als Lehen zurückbekommen. Danach durfte das Kloster Gerlachsheim Abgaben von den Dittwarer Bürgern verlangen, die Burg hatte innerhalb der bischöflichen Oberhoheit verschiedene Herren. Die letzten Lehensherren Dittwars im Würzburger Gebiet war das Haus Leuchtenberg. Die Herzöge von Leuchtenberg, deren gerade Linie Eugen de Beauharnais (Stiefsohn Napoleons 1.), General und Vizekönig von Italien, hervorbrachte, sind ein altes, sich in russischen Großfürsten verwurzelndes Geschlecht.
Die Karte des Frankenlandes im 15. Jahrhundert weist eine erschreckende territoriale Buntscheckigkeit auf. Vornehmlich sind darauf die geistlichen Gebiete von Würzburg und Mainz sowie des Deutschen Ordens und die Grafschaften Wertheim und Rieneck zu erkennen. Die Mainzer Grenzorte waren:
Stadtprozelten, Böttigheim, Oberaltertheim, Kist, Kleinrinderfeld, Ilmspan,
Zimmern, Grünsfeld, Gerlachsheim, Distelhausen, Dittwar, Gissigheim, Schweinberg, Miltenberg und Lohr.
Im Jahre 1591 kam Dittwar zu Kurmainz. Mainz galt als eines der größten Territorien im Mittelalter. Schon 747 hatte Bonifatius die alte Römerstadt zu seinem Sitz in Franken erwählt, und Papst Zacharias erhob Mainz zur Metropole über alle Völker Germaniens. Als erstes Erzbistum war die Diözese Mainz zum weltlichen Kurfürstentum ernannt worden; im Rahmen der Ottonischen Verwaltungsreform wurden geistliche Würdenträger zu Lehensherren des Kaisers. Wie alle Herrscher versuchten nun auch die Bischöfe ihre Ländereien möglichst weit auszudehnen, nicht gerade immer auf gerechtfertigte Weise. Die gleichzeitige Verarmung der Ritterschaft kam ihnen dabei sehr gelegen. Daß es dabei andauernd Grenzverschiebungen gab, liegt auf der Hand.
Der Deutsche Orden tauschte seine fränkischen Gebiete mit Mainz gegen Neckarsulm - die Herren von Rieneck sterben 1560 aus.
Der Reichsdeputationshauptschluß 1803 löst die Fürstbistümer auf. Das Würzburger Gebiet kommt zu Bayern, zwischen Main und Neckar entsteht ein völlig neues Fürstentum: Leiningen, zu welchem nun auch Dittwar gehört. Napoleon hatte mit den geistlichen Gebieten die Fürsten entschädigt, denen er linksrheinische Lande weggenommen hatte.
Noch heute sind auf vielen Gemarkungen der Umgebung Leiningische Güter vorhanden. Der zweite Napoleonische Eingriff gegen die Kleinstaaterei beseitigte dieses neue Fürstentum und die Grafschaft Wertheim zugunsten Badens, womit Baden nun bis an den Main herankommt. Eine Folge dieser Politik war die Abdankung Franz 1. als Kaiser, damit hörte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auf zu bestehen. Weitere Grenzregulierungen 1814 und 1819 schließen bayerische Gebiete östlich der Tauber, die bis dahin Grenze war, an Baden und badische Gebiete nördlich Marktheidenfeld an Bayern an. Im Großherzogtum Baden gehörte Dittwar dem Bezirksamt Tauberbischofsheim an und unterstand damit dem Kreis Mosbach.
Was niemand für möglich hielt, trat ein; es wurde wieder regiert, gerecht, schnell und unbestechlich. Das hatte den kurfürstlichen Verwaltungen gefehlt. Die Schuldenlast der Fürstbischöfe, die sich laufend gesteigert hatte, wurde bis zur Jahrhundertmitte überwunden. Die Fürstbischöfe hatten es zwar verstanden, gut zu leben, dem Landmann für Pomp und Prunk immer mehr Steuern aufzuhalsen und mehr Geld auszugeben als vorhanden war, aber an Schuldentilgung, Verbesserung des Loses der Untertanen oder an Neuerungen auf technischem Gebiet dachten sie nicht im geringsten.
Die Idee von Kaiser Otto 1. dem Großen hatte zunächst gute Erfolge, die geistlichen Würdenträger waren bessere Lehensherren. Im Laufe der Wirrnisse des Mittelalters, der Reformation und des Absolutismus waren aus diesen loyalen Verwaltern unbarmherzige Despoten geworden. Ohne Rücksicht auf ihre geistliche Berufung saugten sie das Volk aus und taten damit Reich und Kirche nur einen äußerst schlechten Dienst.
Infolge der Ablehnung der Kaiserkrone durch den Preußenkönig brach 1849 auch in Baden die Revolution aus. Der geflohene Großherzog rief preußisches Militär zu Hilfe, und bald war die Ruhe wieder hergestellt. Trotz der energisch verfochtenen badischen Eigenstaatlichkeit brachte Friedrich, der badische Landesherr, das erste Hoch auf einen neuen Kaiser aus. Von da an war der Badener zunächst einmal Deutscher und erlitt mit dem deutschen Volk alle Kriegs- und Nachkriegsschrecken. Die Bildung eines Südweststaates, Baden- Württemberg, nach dem zweiten Weltkrieg beweist die aufkommende Neigung zum Föderalismus, trotz energischer Vorstöße stammesbewußter Verbände (z. B. "Altbadener").
3. KIRCHENGEMEINDE
Kirchengeschichte
Seit der Zeit, in der Bonifatius in Deutschland wirkte, gehört die Taubergegend kirchlich zum Bistum Mainz. Das Mainzer Gebiet war anfangs in Archidiakonate aufgeteilt. Jedes davon umfaßte etwa 30 Pfarreien; alle sieben Wochen (später vier) mußten sich die Priester beim Dekan versammeln, um Weisungen entgegenzunehmen.
Die 10 Mainzischen Kapitel (mehrere Kapitel waren jeweils einem Archidiakon unterstellt) waren Mainz, Kassel, Königstein, Bensheim, Gerau, Aschaffenburg Monthat (Gemünden bei Bingen), Rottgau und Taubergau. Häufig wurden in den Kapiteln die heilige Send (Synoden) durchgeführt. Die Erzdiözese Mainz hatte im Mittelalter 22 Archidiakonate. Aschaffenburg war Oberstift, in ihm waren die 3 Landkapitel Taubergau, Rottgau und Monthat mit insgesamt 145 Pfarreien zusammengefaßt. Der Taubergau hatte im Jahre 1344 42 Pfarreien, 59 Frühmessereien und Benefizien.
Die Reformationszeit läßt Mainz 70 Pfarreien verlieren, aber bereits 1611 kommen 9 weitere hinzu im Raume Lohr. Im Jahre 1618 wird das Archidiakonat in 5 Landkapitel neu aufgeteilt; Monthat (18. Pfarr.), Rottgau (20), Miltenberg mit Walldürn (27), Lohr mit Wertheim (18) und Taubergau (23). Das Landkapitel an der Tauber umfaßte die Gemeinden Gamburg, Uissigheim, Eiersheim, Hochhausen, Werbach, Werbachhausen, Poppenhausen, Schönfeld, Rinderfeld, Bischofsheim, Dittwar, Dienstadt, Königheim, Külsheim, Hundheim, Neunkirchen, Altheim, Schlierstadt, Zimmern, Hemsbach, Seckach, Hettingen und Hainstadt.
1627 bestand der Taubergau aus 40 Pfarreien, 3 Vikarien und 45 Frühmessereien mit 88 Priestern (zuvor 104). Wegen zu großer Ausdehnung (Kist bis Lohr und Miltenberg, Seckach bis Schlierstadt) werden 1628 Lohr und 1659 Grünsfeld zu neuen Kapiteln.
1765 besteht der Taubergau aus 20 Gemeinden, 2 Frühmessereien in Bischofsheim und Werbach und 2 Altarbenefizien in Bischofsheim.
1784 kommen Altheim, Hainstadt, Hettingen, Schlier stadt, Seckach zum neu gegründeten Kapitel Walldürn.
1803 wird der Erzbischofstuhl von Mainz nach Regensburg verlegt; das Landkapitel Tauberbischofsheim gehört drei Jahre zum erzbischöflichen Regensburgischen Vikariat Aschaffenburg.
1806 kommt der Taubergau an das Generalvikariat Bruchsal; 1821 an das neue Erzbistum Freiburg.
1827 besteht das Diakonat Bischofsheim aus 16 Pfarreien.
1891 wird die heutige Einteilung in die Kapitel Tauberbischofsheim, Buchen, Lauda, Krautheim und Walldürn festgelegt (1965 wird Krautheim Lauda zugeteilt).
Das Dekanat Tauberbischofsheim hat jetzt 22 Pfarrgemeinden.
Eine Urkunde berichtet, daß in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in der Zeit tiefsten sittlichen und religiösen Niedergangs, in der Zeit des Verrats am Glauben und der Religionskriege, die Katholiken der Orte Schönfeld, GroßrinderfeId, Königheim, Gerchsheim, Gissigheim, Tauberbischofsheim und Dittwar von ihren Pfarrern besonders belobigt werden.
Was die Überschwemmungen und der Brand an Urkunden und Schriften übriggelassen haben, enthält leider nicht viel von Bedeutung. Schon im Jahre 1222 ist Dittwar eine selbständige Pfarrei mit eigener Kirche. Dann klafft eine große Lücke bis 1746, wo am 28. April der Mainzer Vikar die "Deeimatoren zu Dittwar" für schuldig erklärt, einen "Chor pr rate" zu bauen.
1753 bis 1755 wird die heutige Kirche erbaut, weil die alte baufällig war. Es ist bereits die vierte Kirche; die beiden ersten waren aus Holz, die beiden letzten waren Steinbauten.
Die Dorfkirche ist ein stattlicher Putzbau mit Eckquadern und geschweiftem Volutengiebel. An Stelle eines Turmes hat sie über dem Haupteingang einen· Dachreiter. Das Schiff besteht aus einem Raum mit dreiseitigem Chorabschluß und schräggestellten Seitenaltären. Die Ausstattung besteht aus überschwulstigem Barock und besitzt keinen Kunstwert; sie ist aber im großen und ganzen sehr dekorativ. Erst jetzt bei der Renovierung wurde unter dem Chorgestühl ein gotisches Sakramentshäuschen aus rotem Sandstein gefunden, das jetzt durch das Verschwinden des Gestühls im Chor sichtbar ist. Die Deckengemälde wurden übertüncht.
Die Kreuzkapelle
Das bezeichnendste historische Merkmal, das in Dittwar noch vorhanden ist, dürfte wohl die Kapelle sein. Der Name "Kreuzkapelle" entstammt sicherlich den Funden innerhalb der mirakulösen Vorgänge im Jahre 1660. Nach dem Wallfahrtsbüchlein von 1831 hat der Finder der beiden Statuetten zwar das Kreuz, das sich mit den wunderbaren Figuren im Glaskasten auf dem Altar der Kreuzkapelle befindet, selbst hinzugefügt, aber trotzdem ist wahrscheinlich, daß die Benennung auf dieses Kreuzchen zurückgeht.
Eine Möglichkeit wäre auch der Kreuzpartikel, ein Splitter des Leidenskreuzes Christi, der der Pfarrgemeinde aufgrund des Wunders geschenkt wurde, aber das war ja erst viel später. Auf besagtem Kreuzhölzlein also wurde einst unter einem Baum, an dem wunderbarerweise Singstimmen gehört wurden, ohne daß weit und breit eine Menschenseele gewesen war, zwei Holzfiguren ohne künstlerischen Wert gefunden. Am nächsten Tag waren die beiden ohne menschliches Zutun vom Dorf wieder unter demselben Baum zu sehen. Trotz Verschluß in der Kirche und unter Aufsicht des Dekans wiederholte sich das nochmals. Nach der Bestätigung durch den Klerus, der zuerst die Wallfahrt zum Kreuzholz verboten hatte, bauten sich zwei Eremiten eine Hütte an jenen Ort und lebten daselbst in völliger Abgeschiedenheit. Die direkt unterhalb der Kapelle in der Talsohle sich befindende Quelle wurde "Brüdersbrünnle" genannt, weil diese dort ihr Wasser holten. Ein Dittwarer Geistlicher verhalf mit einer größeren Spende zum Bau der ersten Holzkapelle, der bald ein Steinbau folgte, in der Größe der jetzigen Sakristei, die man später zum heutigen Steinbau vervollkommnete. Die Wallfahrt wurde von Jahr zu Jahr bekannter, und die Pilger kamen bald auch aus ferneren Orten. Eine Viehseuche ließ im 18. Jahrhundert nahezu ganz Bischofsheim nach Dittwar ziehen. Oft wird erzählt, daß früher viele Leute mit besonderem Anliegen auf den Knien den langen und sehr steinigen Weg hinaufgerutscht sind. Da der Weg zur Kapelle auf den Schritt genauso lang ist, wie der Leidensweg des Heilands in Jerusalem, ließ man etwa 1820 vierzehn Stationen errichten, die 1866 zu den heutigen vierzehn Kapellchen vervollständigt werden konnten.
Die künstlerisch wertlose Plastik "Ruh' Christi" neben dem Kreuzweg vor Beginn des "Kapellenwaldes" wurde 1728 von einem Bischofsheimer Spitalverwalter aufgestellt, womit sich dieser besondere Gnade erhoffte.
Die erste Kapelle stand schon, als 1713 die ersten Eremiten kamen. Der erste Steinbau entspricht etwa der heutigen Sakristei; der oberhalb der Kreuzkapelle gelegene "Kalvarienberg" war ursprünglich Behausung der Einsiedler, wurde aber von einem Freiherrn Bettendorff zu Gissigheim zu einem Kapellchen umgebaut. Die Lourdes-Grotte, 60 Schritte hinter der Kapelle, wurde in den 90er Jahren errichtet und später vergrößert. Sie besteht aus Travertinbrocken vom Heidenkessel, und man kann an ihr deutlich das Zusammenwachsen der einzelnen Steine feststellen. Ober dem Eingang zur heutigen Sakristei der Kapelle ist u. a. ein Reiterstiefel abgebildet. Ein Dittwarer, der während eines Krieges in der Schweiz ein Bein verloren hatte und dann dort Steinmetz wurde, brachte nach seiner Heimkehr zum Dank dieses Bildnis an.
Das Kreuzhölzlein, etwa eine halbe Stunde vom Ort, auf einer waldigen Anhöhe gelegen, ist ein von der ganzen Umgebung vielbesuchter Wallfahrtsort. Jedes Jahr an Kreuzauffindung und Kreuzerhöhung zieht eine große Prozession mit Musikkapelle und Kirchenchor zu diesem herrlichen Waldgebiet. Über die Entstehung berichtete das Wallfahrtsbüchlein aus dem Jahre 1831:
Von dem Ursprung der miraculösen CapelIen auf dem sogenannten Creutzhölzlein oberhalb Dittwar!
"Eine halbe Viertelstund von obgedachtem Dorf Dittwar ist auf einer angenehmen Höhe ein Wäldlein, so von ohnerdenklichen Zeiten das Creutzhölzlein benambt worden, auf welchem man über Manns Gedenken, auch erst vor etlichen Jahren noch, zu gewissen Zeiten ein großes Getümmel und Krachen, ja mehrmalen bey heiterem Himmel einem starken Gewitter, Donner und Hagel nicht ohngleich, ebenfalls wurden alle Stein zusammengeworfen, mit vieler Verwunder- und Erstaunung wahrgenommen, wo selbsten in dem 1660. Jahr von der gehörlosen Tochter, Veit Kranken, Nahmens Anna, zwey Bildlein, eines der Mutter Gottes, das andere des Hl. Apostels Joannis, allsselbe Laubholz gemacht, unter einer Eichen in einem Ritz oder Loch gefunden, mit Ehrerbietung geküsset, und wieder an Orth gelegt, darauf ihrem Bruder J acob selbe gezeigt, welcher diese Bildlein, nachdem er zuvor seinen Namen in den Baum eingeschnitten, nachher nach Haus getragen, ein Altärlein aufgebauet und ein Cruzifix zwischen selbe gestellt, ein viertel Jahr hernach aber Hanns Webern, dem sogenannten Bauern-Hannß, wieder in den Wald getragen - in obbemelte Eichen samt dem Cruzifix verwahrt - und ein Anfang der Verehrung gemacht worden.
Als aber dieses dem damaligen Herrn Dechant und Stadt-Pfarrn Helfferich zu Bischofsheim zu Ohren gekommen, hat derselbe unter Strafe befohlen, nicht mehr zu Verehrung dieser Bilder in gedachten Wald zu gehen, so gar durch die Heiligen-Pfleger solche aus dem Baum nehmen- und in die Kirchen herunter bringen lassen, ja, daß sie zum zweyten Mahl ohn menschlich Hülf aus der Kirchen wieder in den Wald in ihr vorigen Orth kommen, hat der Herr Dechant wieder selbe selbsten abgeholt und hinter den hohen Altar in ein mit einem eisernen Gitter versehene Loch verschlossen, so gar al sich diese auch herausund sofort wieder in den Eichbaum des Waids begeben.
Um von den Vermuten nach ein mehrere Prob zu haben von der Sach, den Baum umhauen lassen wollen, als aber derselbe gesehen, daß nach beygebrachten etlichen Hieben zwey Beiler darüberentzwey gesprungen, hat er nicht allein davon abzusetzen befohlen, sondern auch erlaubt, daß jeder nach Belieben seine Zuflucht dahin nehmen könne, zumahlen da unterschiedliche sichtbare und bewährte Mirakulen an Lahmen, Krummen, Tollsinnigen, an Ketten Gelegenen, auch mit anderen unheilbaren Leibs-Schäden an Augen, Füß und Händen usw. daselbsten geschehen, wie die vorhandene viele Krücken und aufgemachte Gelübd- Tafeln offenbare Zeugen seynd.
Worauf Herr Abt und Prälat Gottfried, des Heil. Prämonstratenser Ordens zu Zell, als in dem Orth Dittwar gebürtig, eine geringe Capell aufgerichte, welche durch den Anna 1713. dahin zu wohnen gekommenen frommen Eremiten, Bruder Christoph Neuberth, aus seinen eigenen Mitteln, theilte mit Beyhülf anderer Gutthäter vergrössert und gantz neu erbauet, ob vorgemelde zwey Bildleinnebst einem Crueufix in einem glässern Kästlein verwahrt auf. den hohen Altar gestellt, auch von Ihro Hochfürstlichen Gnaden zu Fulda ein wahrhafter Partieul des Hl. Creutz, an welchem Christus Jesus sein bitteres Leiden vollbracht, unter dero gnädigsten Hand und Insiegel diesem Kirchlein und allen dahin wallfahrenden Christgläubigen Zum Trost verehrt worden, wie dann auch bey erfolgter größerer Andacht Ihro Päpstlichen Heiligkeit Clemens der Elfte, allen die diese Capell andächtig besuchen, beichten, eommunieieren, oder für das allgemeine Anliegen der Christenheit beten, auf das Fest Creutz-Erhöhung 7. Jahr und so viel Quadratgen dann nach allen Freytagen in Wochen 100 Tag Ablaß gnädigst verliehen.
Nebst diesem haben auch Seine Hochwürden Gnaden Herr Baron eon Cloth zu S. Michael zu gedachten Fulda dieses Kirchlein gezieret und beehret, oder zur andächtigen ausstellung Anno 1718 dahin abgeben viele Heilige authentische Reliquien als S. Laurentii, M. S. Sebastiani, M. S. Firmi, M. S. Kiliani Epse., M. S. Christophori, M. S. Viti, M. S. Bonifaeii Arch. Epse., M. S. Eustachii, M. S. Valentii Ep., M. S. Vitalis, M. Filii, S. Felieitaris, S. Sturmii primi Abbatis Fuldenses & Conf., S. Ruperti Conf., S. Kilarii Sp. Conf., S. Liobae Virg., S. Barbare V., M. S. Ursulare V., M. S. Cordulae V., M. S. Cunegundie V., S. Elisabethae.
Weilen nun vom Dorf Dittwar bis in diese Heil. Creutzeapell so in der höh des Waldes neben einer Einsiedlerey sehr angenehm gelegen, der nach gemeiner Ausrechnung auf 1361.
Schritt sich belauffent schmertzhafte Weg heraus kommen thut, welchen zu Jerusalem Jesus Christus nach ausgestandener Marter und angehört unschuldigen Todts-Urteil von Richthaus Pilati mit einer dörnernen Cron auf dem Haupt und mit dem allerschweren Creutz beladen, bis auf den Berg Calvariae, also haben aus sonderbahrer Andacht zu dem bittern Leyden und Sterben unseres gebenedeyten Heylands und dessen schmertzlichen Creutzwegs unterschiedliche andächtige Seelen, alle darzu gehörige Stationen und Bildnissen in 14 Capellen, besondern die 12te Station und den Calvari Baerg und Creutzigung in grösserer Form mit einem Altar auferbauen und beweglich verfertigen lassen."
In der modernen Zeit hat die "Wallfahrt" nach Dittwar an Bedeutung erheblich eingebüßt. Heute sind an Kreuzauffindung und an Kreuzerhöhung noch immer die gesamte Gemeinde, wie auch alle Dittwarer, die in der Umgebung wohnen, an dem wunderbar inmitten der Stille des Waldes gelegenen Ort; allsonntäglich pilgert bei schönem Wetter eine stattliche Zahl von Gläubigen zum "Kreuzhölzle". Trotz alledem hat die Begeisterung im Wandel der Zeit schwer nachgelassen. Entstand diese Wallfahrt, wie fast alle, im fanatischen Übereifer der Nachreformation, so scheint sie heute im Zeitalter der aufgeklärten und materiellen Jugend zu verschwinden. Vielleicht liegt es daran, daß eben Leute am Werk waren, die nicht geschäftstüchtig genug waren, oder die die Zeichen der Zeit verkannt haben.
4. URKUNDEN
a) "Schenkung des Grafen Heinrich von Luden an das Hochstift in Würzburg"
In nomine sancte et individue trinitatis.: Heroldvs, dei gratia Wirzburgensium humilis minister. Benedictus deus, qui non amovit / / orationem nos tram et misericordiam suam a nobis per nostre parvitatis dignanter ordinando ministeria, ut aliqua ecclesia nostre conferret solatii refrigeria // super imminente sibi iam diu sue necessitatis miseria. Collata utique ecclesie nostri laboris diligentia comite litteris digna duximus annotari digne / / censentes ea nostre auctoritatis suffragio corroboranda conservari. Unde not um esse volumus universitati tam presentium quam subsequentium Christi fidelium, quod quidam nobilis homo Heinricus de Luden sue et parentum suorum prospiciens saluti sua interesse estimavit, ut sibi eligeret saniores sue hereditatis successores, deum scilicet et sanctos eius, felici sibi commercaturus mercimonio, quod fe1icius duplicatum perenni possideret patrimonio. Communicato itaque suorum consilio et totius conventus, tam clericorum quam laicorum, unanimi consensu predia sua, partem videlicet suam castri illius Luden et cast rum illud Dietebure cum hominibus et illorum prediis ubi: unque sitis et omnibus appendiciis et tercia parte capelle in Mergentheim, super re1iquias preciosi martiris Kiliani deo et sancte Marie et sancto Kiliano devotus obtulit et legitime delegata nullo contradicente contradidit, salva et concessa optima ministerialium iusticia hominibus militaribus ad officium pincerne contraditis, ceteris iuxta sue tenorem condicionis, ita tamen, quod nulli umquam advocato obnoxii teneantur ad devitandas nimias advocatorum axactiones nec ulli umquam nisi deo et sancte Marie et sancto Kiliano et nobis et nostro successori servire compellantur. Quo facto prenominata bona sibi ad untendum usque ad termin um vi te sue tantum remisimus et iure beneficii quinque talenta Wirzeburgensis monete annuatim in festo sancti Martini ei persolvenda concessimus de curia nostra Fricchenhusen, ita quod data nobis ve1 sucessori nostro quandocumque temporis oportunitate beneficium illud sibi aliunde restaurabimus aut quoquo modo conventionis empticie aput eum commutabimus. Quod ea lege fecimus, ut nihil predictorum bonorum venedere, donare aut quoquo modo alienare vel ad aliquas personas sibis iure hereditario transmittere Ieeeat. Pro cuius donationis robore in perpetuum valituro presentis scripti paginam sigilli nostri impressione, ut infra patet, signatam et idoneis testibus corrboratam si quis in poster um arte vel alicuius ingenii dolo infringere vel infirmare attemptaverit, auctortate beati Petri et nostro auctoritate anathema sit maranatha. Testes: Richolfus maior prepositus, Perseus decanus, Reinhardus prepositus Novi Monasterii, Heinricus prepositus de Onodesbah (Ansbach), Wernherus prepositus sancti Iohannis (Stift Haug zu Würzburg), Bertoldus prepositus sancte Marie in Moguntia, Albertus custos, Gotefridus cantor, Cvnradus de Froburg, Gothefridus de Cruthein, Cvnradus cellerarius, Weze10 portenarius, Heinricus Vachardus, Sigefridus de Muleburg et alii quam plures. Laici: Erlebolt et frater suus Trageboto de Crantse (Krensheim), Cvnradus de Scheiuelt (Schönfeld), Gotefridus de Scheiuelt, Erchenbertus de Argersheim (Egersheim), Otto de Ezzelnhusen, Albero de Cottenhein, Walter de Niwenburg, Wasmut et frater suus Albero de Nivsaz, Arnoldus de Geggenhein, Adelhoh de Birkeneuelt, Ministeriales: Boto de Foro, Iringus de Zabelstein (Burgruine bei Geroldshofen), Billungus et Heinricus sculteti, Billungus vicedoni.inus, Heroldus camerarius, Goteboldus Linko. Acta anno domini ce incarnationis MO. Co. LXVIIIIo., indictione 11 a "regnante gloriosissimo Romanorum imperatore Friderico, Boppone urbano comite existente.
b) Übersetzung der Urkunde von 1169:
Ein gewisser Adeliger namens Heinricus von Luden bot seinen Besitz, seinen Anteil an der Burg Oberlauda, die Burg Dietebure mit seinen Einwohnern und allen zugehörigen Gütern samt einem Dritteil an der Kapelle zu Mergentheim (" woselbst damals eine sehr besuchte Kirchfahrth zu dem wundertätigen, noch heute zu Tage in der dortigen Pfarrkirche befindlichen Marienbilde bestand"), dem hl. Kilian (d. h. dem Hochstift Würzburg) an; jedoch erhielt er es zu lebenslänglichen Nießbrauch zurück ...
e) Urkunde vom 20. Januar 1376:
"Albrecht Steynmann, Edelknecht zu Luden, übergibt seinen Hof zu Heckfeld, Zinse von Ackern zu Dyetbur, der Zehndlin Ernbrunnen und von Meringer gekauften Mltr. (Malter) Korngült zu Taubach (wahrscheinlich Dainbach) den Edelknechten, Fritz, Conz, Dietrich, Marquard und Berthold von Düren (Walldürn) zu rechtem Eigentum."
d) Würzburg Liber omissorum 78-1502
Seite VII Diptwar Grünsfeldische Zins und Gülth daselbsten.
Diptwar Zins und gülthe
Item ]örg Brotberth: Von einem Lehen zu Dorff.
Item ]örg Brotberth und Claus Weber: ein Vaßnachthun von einem gult, gibt
jörg Brotberth dem Sechßthail anno
Item Hans Gerbart: Vaßnachthüner und Somerhüner von einem Lehen.
Item Hans Mayr: ein Vaßnachthun von einem Hauß und Lehen.
Item Hans Reichlein: ein Vaßnachthun von dem Andernthail des abgewert Hauß und Lehen.
Korngülte und Habern zu Diptwar Jerlich Zugeben.
Item Claus Weber und ]org Brotberth 1 Mltr ein metzen Korns und ein Mtlr und einige Becher Habern von den guth do sie Zins geben, wie abstehet.
Item Jorg Brotberth einige metzen Korns von zwayen Lehen.
Item Michel Wertwein 7 Becher Habem von einem thail ains Lehens.
Item Cuntz Müller 1 Mltr Habern von einem Lehen.
Item Adam Weber einige Becher Habern Zu gülte von einem Lehen.
Item Hans Reichlein 1 Mltr Habern von einem Lehen, danen Heintz Mülich von dem andem thail stück gibt zu Zinß.
e) Kaufbriefabschrift von 1581:
"Ruffina, Horneckin von Hornberg, geb. Hundtin von Wenkheimb, Großfrau des Melchior Homeck von Hornburg zu Beckstein, verkauft ihr Holtz zur Langen Wiesen, anstoßend innen an Alexander von Rüdem, außen und oben an des Gemeinen ze Bursch Mohr, meine lande Buckelwiesen zu Dittwar, die eine der Mühlwiesen genannt, die andere im Brichell geheißen, mehr das Holtz im Eisgrund genannt, anstoßend gegen Dittwar, dehn dem rüsternen ortobgedachten Alexander von Rüdem, mehr mein Ziel meines Freunds zu Dittwar: ein Gulden oder 36 Pfennig ist Zins der Mühlen zu Dittwar."
f) Urkunde über den Prozeß von 1782:
"Der Gemeinde Dittwar, des Amts Tauberbischofsheim, wird die Aufnahme von 220 Gulden zur Bestreitung der mit Freiherrn von Bettendorff, zu Gissigheim, gehabten Prozesskosten, gestattet."
"Die Gemeinde beschwert sich wegen einer von Freiherr von Bettendorff eigenmächtig satzungsfrei gemachten Wiesen.
Polizei zum Land:
Erlaubnis für Gemeinheiten, Geld aufnehmen zu dürfen."
g) Dittwarer Armenfonds:
16. Oktober 1830
"Lorenz Rudolph, Dechant des Lohrer Landkapitels und Pfarrer in Heimbuchental und der verstorbene Dechant vom Landkapitel Aschaffenburg und Pfarrer in Elsenfeld Augustin Rudolph senden 1000 Gulden als örtliche Obligation, mit deren Zinsen von 4 1/2 % die Armen jeden Alters unterstützt werden sollen; Pfarrer in Dittwar J. V. Wind hat Oberaufsicht über diesen Fond."
27. Oktober 1830
"Dekanat Tauberbischofsheim zu Wenkheim erteilt Genehmigung für Errichtung einer Armenanstalt in Dittwar."
5. ALT-DITTWAR
Heidenkessel
Das "Haadekessele" ist für die Geschichte Dittwars von unbeschreiblichem Wert. Wäre der Opferstein noch vorhanden, aus unserem Dorf könnte in Verbindung mit dem Wunder auf dem Kreuzhölzle ein Anziehungspunkt werden, wie er weit und breit nicht zu finden ist. Wo gibt es das schon, ein Opferkessel der heidnischen Kelten, dazu noch bestehend aus ewig haltendem Travertin? Leider wurde er zum Bau der Taubertal-Bahn an der Eisenbahnbrücke an der Mühle Halbig gesprengt. Auf dem Hügel, der heute Heidenkessel heißt und etwa ein Kilometer unterhalb des Ortes liegt, befand sich in der Zeit keltischer Besiedlung des tauberfränkischen Gebietes eine Kultstätte. Hier versammelten sich die Bewohner der ganzen Umgebung an ihren Festtagen, um ihren Gottheiten zu opfern. Die blutigen Opfer bestanden aus Tieren aller Art, bei besonderen Anlässen auch aus Menschen. Diese Opfertage waren gleichzeitig Beratungs- und Gerichtstage. Nach der kultischen Feier wurde für den vergangenen Zeitraum Recht gesprochen, und dann wurden wirtschaftliche, politische und militärische Probleme unter den Fürsten erörtert. Es ist anzunehmen, daß in der näheren Umgebung auch Grabstätten zu finden sind. Ein historisches Buch berichtet unbestimmt von vorgeschichtlichen Funden auf Dittwarer Gemarkung, aber sonst ist nichts zu finden, außer dem Treffpunkt der alten Keltenfernstraßen am Wetterkreuz. Der Flur "Unheimlich", gelegen hinter dem Heidenkessel, soll der Ort sein, an dem die Opfer getötet wurden; "Hain" läßt auf eine Fortführung der Kultstätte unter den Germanen schließen, die ja bekanntlich an Hainen ihr "Thing" abhielten .
Bevor Dittwar im Jahr 1222 selbständige Pfarrei wurde, war der Heidenkessel schon bewohnt; denn die Dittwarer pilgerten an den Kirchenfesten nach Bischofsheim und wurden am Heidenkessel von dort wohnenden Heiden mit Dreck beworfen. Vielleicht stehen diese Bewohner mit dem verschwundenen Dorf Willetzheim im Zusammenhang.
Im 15. und 16. Jahrhundert, als in ganz Europa der Aberglaube seine höchste Blüte erlebte und der Hexenwahn seinen Höhepunkt hatte, galt auch der Heidenkessel, damals auch Hexenkessel genannt, als Versammlungsort der Hexen des ganzen Bezirks. Bei solchen Zusammenkünften, bei denen auch der Teufel anwesend war, mußten diese ihrem Herrn und Meister Rechenschaft über die ihnen auferlegten bösen Taten ablegen. Die ganze Versammlung wurde dann mit einer wüsten Orgie abgeschlossen.
In den letzten hundert Jahren legte man am Heidenkessel einen Steinbruch an, vor allem wegen des Vorhandenseins des geschätzten und weit und breit gesuchten Travertinsteins. Die Nachfrage nach diesem Stein ist so groß, weil er relativ sehr haltbar ist. Zum Bau des Reichsparteitagsgebäudes in Nürnberg und des Rathauses in Rio de Janeiro wurde bekanntlich vom Heidenkessel Travertin geliefert. Die Bahnlinie Bischofsheim - Dittwar - Königheim wurde vornehmlich wegen dieses Steinbruchs 1912 bis 1914 erbaut. Man stelle sich die mühevolle Arbeit heute vor. Mit Pferdefuhrwerken wurde Brocken um Brocken vom Heidenkessel herunter zum Bahnhof befördert und verladen. Wie oft wohl der Pferdekarren den Hang hinunterkullerte, und wie oft die Holzräder oder die Achsen zerbrachen, kann man nur erahnen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde nochmals kurze Zeit im Bruch gearbeitet, aber der riesige Abraum ließ den Betrieb eingehen. Heute kann man fast in jedem Ziergärtchen vor den neuen Häusern des Dorfes Steine vom Heidenkessel sehen.
Über die Beschaffenheit des ehemaligen Heidenkessels ist uns nur wenig überliefert. Fälschlicherweise wurde bisher von diesem Opferstein immer behauptet, daß er die Gestalt eines Altars gehabt hätte. Sicherer und entsprechend meiner Forschungen erscheint jedoch die Tatsache, daß der Kessel mit dem Fels unter dem gesamten Hügel zusammengehörte. Es wird berichtet, daß der eigentliche "Kessel", in dem geopfert wurde, eine kleinere Vertiefung in diesem ungeheuren Brocken war. Die "Blutrinne", die das Opferblut abfließen ließ, dürfte wohl in den Fels gemeißelt gewesen sein. In der Mitte des letzten Jahrhunderts gehörte die ganze Oberfläche dieses Buckels noch zu jeweiligen umliegenden Äckern. Es wurde dort aber nichts angebaut, da über dem Gestein nur wenige Zentimeter Boden waren. In einem der angrenzenden Grundstücke überragte seit Generationen ein Stein etwa 30 Zentimeter die Erdoberfläche. Man glaubte, dies sei ein ehemaliger Grenzstein. Also wurde eines Tages versucht, dieses lästige Hindernis zu beseitigen. Man grub mit mehreren Leuten einen ganzen Tag herum und konnte schließlich nur feststellen, daß der Stein der obere Abschluß des Felsens war.
Früher hing dieser Fels oberhalb des jetzigen Weges zum Bruch sogar über die Straße. Man sprengte in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts allerdings auch diesen Stein und zerstörte damit auch dieses monumentale und sicherlich eindrucksvolle Bild.
Die Burg Helle ("Bekelle")
Der Name "Bekelle" könnte allerdings auch von "Burg" und "elend" herstammen, wie z. B. in Bischofsheim "Hachmarshellen"; "Helle" = mittelhochdeutsch hele, haele = Vergänglichkeit. Also kann der Flurname ohne weiteres auch auf die Zerstörung der Burg oder auf das Ende der Herrschaft des Burgherrn hindeuten; nicht nur auf den Namen der Burg.
Auf dem Berg links der Straße zum Hof Steinbach befand sich einstens die Burg. Anzunehmen ist, daß die äußere Burgmauer gegen Westen und Süden der obersten Weinbergsmauer entspricht. Historisch ist bekannt, daß "Helle" im Jahr 1169 samt Einwohnern und umliegenden Gütern vom Eigentümer Henricus de Luden an das Bistum Würzburg verschenkt wurde. 1371 gerät sie in den Besitz der Herren von Riedern, dann gehört sie Herda v.on Demmeneck. Nach einer Urkunde wurde sie 1369 von den Herren Münch, 1371 von den Herren von Hund bewohnt. Ab 1631 waren nur noch Trümmer zu finden.
Eine Sage berichtet, daß dann beim Bau des Steinbacher Hofes die Steine der Burg verwendet wurden. Ebenso entsinnt man sich in einer Überlieferung, daß von "Helle" aus drei Stollen weggingen. Einer zum Heidenkessel, dieser soll an dem Sinkloch gegenüber der Hochspannungsstation Dittwar-Dittigheim-Hof Steinbach geendet haben. Der zweite soll Richtung Ort sein und einer Richtung Wetterkreuz am Hof geendet haben. Der Ortsadel wohnte allerdings in einer anderen Burg, die amtlich im 13. Jahrhundert genannt wird. Vielleicht bestehen hier Zusammenhänge zu der Burg auf dem Ballersberg, die in verschiedenen Sagen erwähnt wird.
Die Schreibweisen des Ortsnamens
1168 Dietebure 1369 Dietebur
1222 Ditebure 1376 Dietbuer
1245 Diethibur 1390 Dietpur
1297 Diethebur 1395 Dithware
1355 Dydgebuir 1454 Ditbar
1361 Dyetbar 1502 Diptwar
Der Name entstammt dem fränkischen Wort "bur" für Haus und dem Namen des fränkischen Heiligen "Dioto"; also Dittwar = Wohnung des Dioto.
Das verschwundene Dorf
Das sagenumwobene Dorf Willetzheim, noch 1560 urkundlich mit eigener Gemarkung erwähnt, soll auf der heutigen Gemarkung Dittwars gelegen haben. Beste Schlüsse darauf lassen vor allem die Funde von Kaminen, HerdsteIlen und gelegten Steinplatten beim Bau der Brehmbachbahn in den Jahren 1912 bis 1914 zu. Der Name des Flures "Häuserrain", zwischen Mühle und Heidenkessel rechts des Muckbaches gelegen, deutet auch darauf hin und würde der ersten Annahme sehr nahe kommen. Daß im 13. Jahrhundert der Heidenkessel noch bewohnt war, läßt tatsächlich auch hier Vermutungen aufkommen. Manche meinen, daß durch das späte Hereinkommen des "Neubergs" in unsere Gemarkung, ein Dorf in Neubergsflur möglich wäre. Dies könnte wiederum auch mit der Burg auf dem Ballersberg in Zusammenhang gebracht werden. Jedenfalls sollte dieser Ort, der wahrscheinlich mit dem Dreißigjährigen Krieg ausgestorben ist oder ausgerottet wurde, im Norden und Nordwesten auf Dittwars Gemarkung zu suchen sein.
Quellenangaben aus Krieger: "Topographisches Wörterbuch":
Willetzhein 1502 Würzburg, Lib. omissorum 78
Willetzhaim 1502 Würzburg, Lib. omissorum 78
Willetzheim 1515 K. Berain 1836 (Dittigheim)
Wiletzheim 1560 Mithistor. Komm. 13.48
Liber omissorum 78 von 1502
(Auszug aus: Wiletzhaim Mertins Zins)
Item Fetter Linkh zu Ditwar 21 Pf von einer Wießen danen Heintz Herman zu Bischofsheim von dem andern thail stück gibt.
Item Heinz Weyprecht 21 Pf von dem ander thail der abgerurten Wießen
etwan Heintz Hörmans.
Item Endres Spärer 220 Pf von einer Wießen.
Item Hans Kammerberg 220 Pf von einer Wießen.
Item Hans Weinig und Paulus Khun 220 Pf von einer Wießen.
Item Vlein Berk 220 Pf von einer Wießen.
Item Christoph Thorwarts Wittibe (=Ehefrau) für einen becher oels von einer Wießen. Idem 22 Pf von einer Wießen.
Item Heintz Kann von einer Wießen.
Item Heintz Zigler 2 Pf von einem Lehen und von einem halben Morgen Feldackers und von einem halben Morgen Wießen.
Item Fritz Aichel ein Vaßnachthun von einem Lehen danen er auch gült als man hernach finden gibt.
Item J org Durman von dem Hermans berg.
Item Hanns Dirlein von einem Drittheil eines Lehens.
Der Ortsadel
Über die "Edlen" von Dittwar ist nicht viel bekannt; es sind nur wenige genannt. Und wenn's um Dittwar ging, hatten diese kaum Mitspracherecht; denn das Dorf gehörte immer einem Landesfürsten oder einem selbständigen Land an.
Im Codex Hirsau g 57 ist ein Diepertus zu Tieteburen genannt. Aus dem Jahre 1245 berichtet eine Urkunde über Conradus de Diethibur. In einem Wertheimer Schriftstück von 1369 finden wir den Namen des "ede knecht Cuntz Munch von Dietebur". Aus dem Jahre 1390 ist von einem Rapot Munch te Dytbur zu lesen. Vielleicht gehören die beiden letzten zu jenen Munch, die 1369 die Burg bewohnten.
c. Zeugen der Vergangenheit
1. ERZÄHLUNGEN
Wasserleitung
Der unmittelbar bevorstehende Bau eines Hochbehälters auf dem "Lämmerberg" läßt das Problem der Wasserversorgung wieder akut werden. Deshalb scheint es interessant zu sein, doch in der Geschichte unseres "Wassers" ein wenig zu gründen. Bevor das erste gemeinsame und allgemeine Rohrnetz verlegt wurde, wurde die Bevölkerung hauptsächlich durch Brunnen und den Ortsweiher versorgt. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren eine Vielzahl von intakten Brunnen im Ort vorhanden; so z. B. bei dem Anwesen Häfner, Kornel Zegowitz, Vinzenz Stephan (an der Brunnenstaffel), Alois Both, Fabian Lotter, Wöppel, Fridolin Honickel, Emil Honickel und Schüßler. Noch nach dem zweiten Weltkrieg konnte man an heißen Sommertagen viele Bauern mit ihren Holzkrügen zum Weiher laufen sehen, die dort von dem erfrischenden Naß mit aufs Feld nahmen.
Die erste Wasserleitung, laut Überlieferung, bestand aus Steinen, die in der Mitte durchbohrt waren und kunstvoll aneinandergereiht das Wasser vom Pfaffenbrunnen bis zur "Süß-Brücke" leiteten. Beim Aushub der Jauchegrube von Franz Rudolph um 1930, fand man in einer Tiefe von 2,50 Meter diese Wasserleitung. Es ist anzunehmen, daß die Brunnen des Ortes teilweise damit gespeist wurden. Einzelne Steine dieser historischen Leitung sind noch heute an der Mauer am Beginn des Lämmerberges zu sehen. Der Ortsvogt, wohnhaft: im Anwesen Gerhard Hammrich in der "Oberen Gasse", war in dieser ersten Wasserversorgung durch die hohe Lage des Hauses nicht eingeschlossen, deshalb ließ er eines Tages diesen künstlichen Wasserlauf unterbrechen und verschütten.
Unser heutiges Rohrnetz wurde im Jahre 1899 erbaut. Bei der Planung war die Qual der Wahl zwischen den beiden Quellen Weiher und Pfaffenbrunn so groß, daß man einen Sachverständigen aus Karlsruhe kommen ließ. Der örtliche Polizeidiener mußte von jeder Quelle eine Flasche Wasser bringen, die dann im Labor untersucht wurde. Obwohl der Mann, der für die örtliche Ordnung verantwortlich war, beide Flaschen mit „Wäid- Wasser" füllte, war das angebliche "Pfaffenbrunn-Wasser" laut amtlichem Befund günstiger, da die Quelle am Ortsweiher ungesundes Wasser spendete. Deshalb ist heute noch der Pfaffenbrunn die einzige Quelle für die Wasserversorgung. Untersuchungen in den 50er Jahren erlaubten nur den Genuß von" Wäid-Wasser" in gekochtem Zustand. Die Wasserstärke dieser Quelle ist allerdings so groß, daß die Bischofsheimer Feuerwehr bei Bränden sie nicht erschöpfen konnte, obwohl sie es darauf angelegt hatten. Die zukünftige Wasserleitung wird wohl an die Gemeinschaftsversorgung Tauberbischofsheim-Dittigheim angeschlossen werden; denn Bohrungen auf der Gemarkung kommen zu teuer, weil auf Grund des Bestehens der Gemeinschaftsquellen kein Zuschuß zu erwarten ist.
Dittwarer in Kriegen.
Es ist sicher, daß Bürger unseres Ortes an nahezu allen größeren Kriegen in Deutschland beteiligt waren; bekanntlich mußte ja jede Gemeinde alljährlich eine Abordnung zur Musterung schicken. Nachweisen läßt sich das allerdings nicht. Der erste "Krieger", von dem berichtet wird, ist Franz Hammrich, der im Türkenkrieg ein Bein verlor; dort konnte er trotzdem Steinmetz werden, und nach seiner Heimkehr verewigte er sich zum Dank über dem Sakristeieingang der Kapelle. Er schuf dort ein Relief, daneben ist ein Reiterstiefel als Andenken an den verlorenen Fuß angebracht. Im 66er und 70er Krieg waren Josef Häfner (Straßenwart), Vinzenz Weber und Johann Hammrich. Im 70er Krieg kämpften auch noch Franz Anton Eck, Adam Weber und Gottfried Schmitt.
Im Revolutionsjahr 1848 war auch eine kampffähige Truppe, die den Aufständischen angehörte. Zwar zogen sie los, kamen aber nicht zum Einsatz. Der Anführer war, wie konnte es anders sein, "Neckle", der einzige Zeitungsleser, und damit der einzige Gebildete am Ort.
Zu nennen sind hier noch die Kaisermanöver in Dittwar und der näheren Umgebung. Die Gegend ist für Manöver sehr günstig, weil alle Geländeformen überschaubar vorhanden sind. 1909 fand das erste noch bekannte Kaisermanöver statt. Am Rammersberg war der Befehlshaber untergebracht. Im ganzen Tal von der Kinderschule bis zum Herz-Jesu-Bild und bis zum Herz-Mariä-Bild übten die 109er Karlsruher Grenadiere. Der Kaiser, nebst einem seiner Söhne, war Gast und Beobachter und ritt von Übung zu Übung. 1911 kamen die Herrschaften schon in zehn Autos. Diesmal war der Stab am Wetterkreuz und erstmals lag auch eine Telefonleitung vom Wetterkreuz bis in den Ort. Am Ende des Manövers kehrte der gesamte Stab mit dem Kaiser im "Straußen" ein.
Das gesamte 100000-Mann-Heer zog 1926 bei einem Manöver durch das Dorf. Die Truppen kamen von Gissigheim und Heckfeld und trafen sich in Dittwar. In Großrinderfeld stand an der Scheune des Gutes Endres Hindenburg und nahm den Vorbeimarsch, der von acht bis neunzehn Uhr dauerte, ab.
Der schwarze Tod
Wiederholt waren im 14., 15. und 16. Jahrhundert Epidemien durch ganz Europa gezogen. Besonders betroffen war davon Deutschland, welches ja immer Kriegsschauplatz gewesen war. Viele Orte wurden dadurch an den Rand des Aussterbens gebracht. Die Pest wirkte sich an den Erkrankten in Form von schwarzen Beulen aus und war sehr ansteckend. Wer einmal befallen war, war unrettbar verloren. Niemand fand sich, der die Kranken pflegen oder die Toten begraben wollte. Das wirkte sich natürlich auch noch dermaßen aus, daß die gesamte Gesellschaftsordnung aus den Fugen geriet.
In Tauberbischofsheim erbaute man 1474 die Sebastianskapelle und erhoffte sich damit die besondere Fürbitte dieses Heiligen gegen den "Schwarzen Gast".
Die Stadt ließ infolge der "großi Sterbung" ein "Leprosenhaus" jenseits der Tauber einschließlich eines eigenen Leprosenfriedhofs erbauen. Königshofen, ehemals eine Festung mit eigenen Vorstädten, starb bis auf sieben Bürger aus.
Das Verschwinden vieler Dörfer, unter anderen Willetzheim bei Dittwar und Hattendorf bei Heckfeld, hängt sicherlich mit Pest und Krieg zusammen.
Münzen
Schon um 1500 gab es ein geordnetes Münzsystem, allerdings hatte jedes größere Fürstentum sein eigenes. Begriffe, wie Gulden als Goldstück und damit hochwertig, Groschen und Pfennige als minderwertige Einheit waren damals sehr geläufig.
1 Würzburger Schilling = 3 Nürnberger "gangbare Pfennig" 1 Heller = 1/2 Pfennig
Der Taglohn eines Handwerkers betrug 2,5 bis 3 Pfennig; während ein Ohm Bier 22 Pfennig, eine Bratwurst einen Pfennig, ein fetter Ochse vier Gulden kostete.
Als Goldstücke waren besonders der preußische Friedrichsdors, der österreichische Rand-Dukaten, der württembergische Dukat, das fränkische 20-FrankenStück, das holländische 10-Guld-Stück, die russische Imperial-Geldmünze und das englische Sovereign-Goldstück gängige Werte. In Silber kannte man Kronentaler (Kreuztaler) = 2 Gulden 42 Kreuzer, Laubtaler (Konventionstaler) = 2 Gulden 24 Kreuzer, das 2-Taler-Stück = 3 Gulden 30 Kreuzer und das iTaler-Stück = 1 Gulden 20 Kreuzer. Erst seit der Reichsgründung 1871 gab es in Deutschland ein einheitliches Währungssystem mit Mark und Pfennig.
Landscheider
Die Aufgabe der Scheider bestand hauptsächlich darin, Grenzsteine zwischen den Feldern und der Gemarkung zu setzen. Außerdem hatten sie nach Frühjahrs und Herbstaussaat die Gemarkung zu begehen und den gerechten Sitz der Steine zu überprüfen. Frevel, Schäden und Wüsten mußten sofort gemeldet werden. Auch für Ruhe und Ordnung auf den Straßen mußten sie sorgen. Ebenso mußten sie Herd- und Feuerstellen kontrollieren; weil die "Fürstliche Feuer-, BrandGewährungsgesellschaft" zu Würzburg dieses als Pflichtverrichtung verlangte.
Setzte ein Landscheider einen Grenzstein, so legte er darunter drei ortsfremde Steinchen oder drei Glasscherben, um damit die Anrufung und das Vertrauen an die Heilige Dreifaltigkeit zu versinnbildlichen. Hatte der Schieder irgend wie ungerecht verteilt oder vermessen, ohne daß er dafür verurteilt wurde, so konnte er nach seinem Tod auf dem verkehrt gesetzten Stein gesehen werden, und zwar in der Geisterstunde.
Die Schulen auf dem Land
Bis zum 16. Jahrhundert gab es nur Christenlehre vom Pfarrer oder Meßner als Unterricht. Selbstverständlich war es mit der Unterrichtung sehr schlecht, weil es weder Lehrplan noch Schulzwang gab. Die Jugend wurde also ganz im Interesse des Dorfpfarrers erzogen. Er konnte beliebig diejenigen, die ihm mehr zukommen ließen, bevorzugen und andere, die nicht so opferfreudig waren, links liegen lassen. Wie im politischen und kulturellen Bereich war der Ortsgeistliche auch im pädagogischen Bereich ein kleiner Souverän im Gebiet seiner Pfarrgemeinde. Später wurde dann ein Lehrer vom Bürgermeister bedungen; entlohnt wurde er jedoch von den Bürgern nach deren Ermessen; daher kommt auch der Begriff "das arme Dorfschulmeisterlein ". Allerdings ist auch zu bedenken, daß diese "Lehrer" keine gelenkte Ausbildung hatten und praktisch nichts außer Lesen und Schreiben konnten. Es war also auch in dieser Hinsicht nicht gerade gut bestellt. Seit dem Jahre 1807 mußten Lehrer sich von kirchlichen Behörden auf Eignung prüfen lassen, bevor sie ein Lehramt antreten konnten. Wiederum hatte es die Kirche in der Hand, wer, wie und durch wen ge- und belehrt wurde. Erst seit dieser Zeit gab es Werk- und Sonntagsschulen.
Die Entwicklung der Schulferien geht auf die Feiertage zurück. Nur Feiertage waren früher freie Tage; allerdings gab es davon auch viel mehr. 1583 wurde das Recht, einen Tag frei zu geben, das die Lehrer natürlich ausgiebig nutzten, stark eingeschränkt. Es war nun nur noch für Kirchweih, Fasching, Messe und Volksfest eingeräumt. Aus dem 18. Jahrhundert wird von regem Gebrauch der schulfreien Tage berichtet; Vakanzen wurden für Namenstage, Neujahr, Martinstag, Osterfeier, Fastnacht und Maientag bekannt. Aus dem ländlichen Bereich sind zusätzlich noch Heu-, Holz-, Hopfen-, Ernte-, Weinlese- und Kartoffelferien bekannt. Seit der ersten amtlichen Ferienordnung von 1870 bestehen genau festgelegte Ferien.
"Grüne Kääre"
Ein landwirtschaftlicher Erwerbszweig, der immer mehr zurückgeht, ist der Anbau von Spelz oder auch Dinkel genannt, der dann zu "Grünkern" verarbeitet wird. Die letzten 15 Jahre brachten für diese Abart des Weizens immer schlechtere Absatzmöglichkeiten. Die meisten Bauern stellten die Produktion von früher gänzlich ein, da ja ganz wenige schon den Bedarf decken können. Die Urheimat des Grünkerns ist im Schüpfergrund, im Erf- Umpfer- und Taubertal. Man kennt ihn bereits 300 Jahre. In den Höpfinger Urkunden kann man aus dem Jahre 1745 lesen: ,,1 Gulden 27 Kreuzer vor Grünen Kärrn; so verehrt ist worden" und ,,40 Kreuzer vor 2 Metzen Grünen Kärrn den Herr Hofrath Flender nach Würzburg geschickt".
Sobald die Körner in der Ähre des Dinkels die "Mildereife" haben, beginnt der Bauer mit der Bearbeitung. Die ganze Familie ist dabei auf dem Feld. Zwei Mann ziehen an der "Reffe", ein großer Eisenkamm über einer Kiste befestigt, die Ähren von den Halmen, während die anderen die Halmbündel herbei- und wegschaffen. Den Kindern obliegt es, in der Kiste Gras und Unkraut herauszulesen. Die halbreifen Ähren bringt man dann zur Darre, ein durchlöchertes Eisenblech von etwa 12 Quadratmeter, über einem Holzfeuer. Nach etwa dreistündiger Röstzeit wird der noch warme Grünkern zur Spelzmühle gebracht. Früher ging das Feuer in den Darren zwei Wochen lang Tag und Nacht nicht aus. Der fertige Grünkern soll olivgrün und leicht glänzend sein, so in "Superform" wird er auch "deutscher Reis" genannt.
In Dittwar, wo ehemals sieben Pfannen während der Grünkernernte glühten, steht heute diese fränkische Erzeugung ganz still, während im Umpfertal und im Schüpfergrund vereinzelt noch "Käre" produziert wird.
Neckle
Ein ob seiner Schlagfertigkeit weit und breit bekannter Mann war der Dittwarer Schuster Franz Hammrich, genannt: "Neckle" oder "Neckles Schuster". Dieser Spitzname kam daher, daß er jeden, der ihn irgendwie geärgert oder erbost hatte auf seine Art neckte und anführte. Er war ein sehr intelligenter Mann und las als einziger Dorfbewohner regelmäßig seine Zeitung, deshalb interessierte er sich auch für alles und kannte sich in jeder Hinsicht für einen unstudierten biederen Bauern erstaunlich gut aus. Bei der Revolution 1848 wurde er zum Anführer des Dittwarer Aufgebots bestimmt, welches aber in den Aufständen gar nicht zum Einsatz kam. Während der Kriegshandlungen des preußisch-österreichischen Krieges im Jahre 1866 marschierten die Preußen vom Heiligen Berg herunter, den Geißberg herein durch das Dorf. Die drei führenden Offiziere waren beim Hirschenwirt eingekehrt. "Neckle", obwohl er ein kleiner Bauer war und somit kaum Geld hatte, ließ sich die Chance nicht entgehen und genehmigte sich auch mal einen Schoppen Wein. Während die hohen Herren noch ihren "Käs" verzehrten, ein anderes Vesper war in diesem einfachen Wirtshaus nicht erhältlich, rief er ihnen zu: "Wenn ihr die Preußen erwischt, schlagt sie, daß sie hopfen." So gab er vor, in ihnen bayerische Soldaten zu erblicken. Diese, ob der großen Unverschämtheit erbost, sprangen auf, zogen ihre Säbel und wollten auf den armen wehrlosen Schuster einschlagen; dieser aber verschwand schleunigst unter lautem Gelächter. Ärgerlich riefen sie ihm Verwünschungen nach, die ihm einen baldigen Tod bringen sollten. Neckle jedoch warnte sie, diese Drohungen könnten ihnen auch widerfahren. Noch am selbigen Nachmittag wurden alle drei am Brehmbachbrückle von den Pferden herunter erschossen.
Eine kleine Erzählung noch von ihm. Der "Neckle-Schuster" hatte nur eine Kuh. Wenn er nun eingespannt hatte und aufs Feld fahren wollte und mit seiner Frau Therese aufgestiegen war, rief er: "Sitscht Tresle, Hüiih Alti!" Nur wer unsere Mundart genau kennt und sich diesen Satz in einem Atemzug gesprochen vorstellt, kann feststellen, wie lustig das geklungen hat. Der "Neckle Franz" schaute gerade aus seinem Haus, das zwischen den Häusern Ganser und Marie Rudolph stand, als eines Tages der Landrat aus Mosbach, wozu Dittwar damals gehörte, Ortsbegehung abhielt. Begleitet wurde der Beamte vom Bürgermeister, dem Gemeinderat und dem ehrwürdigen Dorfpfarrer. Der Landrat sprach Neckle sofort an: "Ackerbürger Hammrich, gib deinem Haus ein neues Kleid." Darauf der schlagfertige Schuster: "Das Kleid ist gut und auch warm; nur an einigen Stellen ist es etwas zerfetzt."
Der „Neckle’s-Pfarrer"
Ein weiteres bekanntes Original Dittwars war der "Schoof-Toni". Er war der jüngere Bruder von Franz Hammrich und war 1843 geboren. Obwohl er Theologie studierte und später Pfarrer in Biederbach im Schwarzwald war, vergaß er nie seine bäuerliche, fränkische Herkunft. Der Seelsorger versorgte nicht nur seine Pfarrgemeinde bestens, sondern auch seine ihm gehörende Schafherde, sowie Schweine, Kühe und Ochsen. War er gerade während der "Imes"-Zeit (Imbiß) beim Füttern seiner Haustiere, oder wenn er eine Kuh melkte, er könnte auch gerade ausgemistet haben, und es kam eines seiner Pfarrkinder, um eine Meß zu bestellen, so malte er dies mittels einer extra dafür bereitgehaltenen Kreide an die Stalltüre. Kurzum, er ließ sich nie von seinem Metier abbringen, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Früher kamen die Viehhändler hauptsächlich sonntags zu den Bauern, weil diese dann auch anzutreffen waren. So kam der "Schaf- Jud" auch sonntags zu "Neckle", immer kurz vor dem Amt. Wurden die beiden dann nicht so schnell einig, so mußten die braven Christen, die bei so einem hervorragenden Priester natürlich vollzählig in der Kirche waren, anfänglich immer auf ihn warten. So predigte er ihnen eines Tages von der Kanzel: "Leute, ich mache euch einen guten Vorschlag. Künftig trinkt ihr euren Frühschoppen nicht nach dem Amt, sondern vor dem Amt. Wenn ich dann bereit bin, komme ich ins Wirtshaus, um euch zu holen." Man war natürlich einverstanden und sah dem vielbeschäftigten, jedoch sehr um seine "Schäfchen" bemühten Hirten diese Schwäche nach. Als Schätzer und Ratgeber sah man Neckle auf allen Schafmärkten der Umgebung; gar manchmal verschob er eine Taufe deswegen.
Die letzte Hinrichtung von Tauberbischofsheim (10. Nov. 1820)
Diese Hinrichtung werde ich deshalb erwähnen, weil eine Frau aus Dittwar dabei war. Die Tat ereignete sich folgendermaßen:
Zwei junge Leute in Königheim wollten heiraten, die Eltern des Mädchens gaben es aber nicht zu, weil der Bursche zu wenig Vermögen besaß. Der junge Mann, Andreas Geier, mußte einstweilen als Soldat nach Karlsruhe. Das sahen die Eltern des Mädchens für den geeigneten Augenblick, um das Mädchen in der Zwischenzeit mit einem anderen zu verheiraten.
Ein junger Mann namens Stephan Trabold hatte das Wohlgefallen der Eltern des Mädchens gefunden. Dieses war schließlich damit einverstanden, den Müller zu nehmen, und so vermählten sie sich bald darauf.
Nun aber kam der verschmähte Liebhaber Andreas als schmucker Soldat in Urlaub; und bald entbrannte in beiden die Liebe stärker als je zuvor. Die junge Frau wollte nun um jeden Preis den schönen Soldaten haben. Die Müllerin hatte noch eine junge Magd, Anna Maria Hilbert aus Dittwar. Dieser versprach sie ein neues Kleid. Dafür mußte sie Botschaften hin und zurück bringen und bei der Beseitigung des Müllers mithelfen.
Eines Tages war der Müller Trabold in Geschäften nach Walldürn gefahren.
Seine Frau befahl nun Andreas, ihn zu erwarten, und, wenn er komme, totzuschießen. Dieser stellte sich auf die Lauer, hatte aber, als er den Müller vorbeifahren sah, keine Lust mehr, und sie entwarf einen neuen Plan.
Der Soldat sollte den Müller im Bett erschießen. Aber auch das wurde von diesem nicht durchgeführt. So standen die drei vor dem Bett des Schlafenden und stritten miteinander. Da nahm die Magd die Holzaxt und schlug dem Müller damit auf den Schädel. Dieser wurde durch den gewaltigen Hieb aus dem Bett geschleudert, erwachte und wollte sich wehren. Aber die Magd Anna schlug solange auf ihn ein, bis er sich nicht mehr rührte.
Die Müllerin war damit aber noch nicht zufrieden. Sie drängte den Soldaten zu einem Schuß in die Brust des Toten.
Um den Verdacht von sich abzulenken, ließen die drei das Vieh, die Rinder, Schweine und Pferde los und schrien, Räuber und Mörder seien da gewesen und hätten den Müller erschlagen. Es dauerte aber nicht lange, bis man den wahren Sachverhalt erkannte. Der Amtmann kam nach Königheim und verhörte die drei Übeltäter. Nach einigem Leugnen gestanden sie die Tat und wurden sofort nach Tauberbischofsheim geführt und eingesperrt. Nachdem die Verhandlung abgebrochen war, wurden sie zum Oberhofgericht nach Mannheim geliefert, wo sie zum Tode durch Enthaupten verurteilt wurden.
Die Hinrichtung wurde auf Freitag, den 8. Mai, nach folgender Verordnung festgesetzt:
1. "Auf der Straße dürfen am Tage der Hinrichtung weder Chaisen noch Wagen, da wo der Zug auf den Richtplatz hinaus und auch von dort wieder hereingeht, aufgestellt werden."
2. "Bei der Abführung der Delinquenten auf den Richtplatz müssen letztere unmittelbar mit ihrer Bedeckung nach den Wagen des hiesigen Stadtraths fahren, und dürfen nur diejenigen Chaisen einrücken, welche den Beamten einen schriftlichen Erlaubnisschein aufweisen."
3. "Erwartet man von dem zuschauenden Publikum ein stilles und ruhiges Betragen. "
4. "Die Zuschauer dürfen sich nicht an die das Viereck um die Richtbühne bildende Mannschaft andrängen oder sich gar in den Kreis selbst eindrängen, ansonsten sie sich der Ausweißung und nach Umständen persönlichen Arretirung aussetzen. "
5. "Die Zuschauer, die auf Wägen oder zu Pferde auf den Richtplatz kommen, müssen sich von dem Stande der Fußgänger entfernt halten, und in einem ihnen angewiesen werdenden Platze auffahren."
6. "Bey schwerster Strafe ist das Vorfahren oder Vorsprengen mit Pferden im Hin- und Zurückgang auf den Richtplatz verboten, auch niemandem erlaubt, nach der Exekution eher abzufahren, als bis das Gericht mit dem Stadtrath und denen in den Zug eingetheilten Chaisen vorerst abgefahren sein wird.
Der Stadtrath hat diese Verfügung öffentlich verkünden auch an den Thoren und in den Wirtshäusern anheften lassen, und sich im übrigen nach der erlassenen Verfügung vom 3. d. M. genau zu benehmen."
Bischofsheim, den 8. November 1820
Ortallo Schmitt
Die Hinrichtung
Am 10.11. in der Frühe waren der ganze Marktplatz und die anschließenden Gassen voller Leute. Die Gefangenen wurden herbeigeführt und das Todesurteil verkündet, dann wurde der Stab über sie gebrochen mit den Worten "Jetzt ist keine Gnade mehr, Gott sei euch gnädig". Darauf wurden die Übeltäter auf einen Wagen gesetzt, Stadtpfarrer Kunkel setzte sich im Ornat zu ihnen und der Zug kam in Bewegung. Eine große Volksmenge begleitete den Zug. Auf der Hinrichtungsstätte war das Schafott aufgeschlagen. Eine Viertelstunde ließ man den Verurteilten Zeit zum Beten. Dann wurden die Verurteilten gefragt, ob sie noch etwas zu sagen hätten. Da trat Andreas hervor. Er sprach davon, daß sich die jungen Leute an ihm ein abschreckendes Beispiel nehmen sollten. Sie sähen, wohin der Mensch komme, wenn er sich von blinder Leidenschaft treiben lasse. Dann hat er alle wegen seines schlechten Beispiels um Verzeihung gebeten. Daraufhin erhob sich unter den Zuschauern ein großes Weinen und Schluchzen.
Andreas wurde nun auf den Stuhl gesetzt, mit dem Leib an der Lehne angeschnallt, die Hände und Füße wurden festgebunden, der Hals entblößt und die Augen verbunden. Der Scharfrichter von Tauberbischofsheim, Schwarz, Vater des späteren Tierarztes, war ehemals ein Freund zum Andreas gewesen und wurde von diesem gebeten, seine Sache recht zu machen; so nahmen die zwei Freunde einen ergreifenden Abschied; der Scharfrichter ergriff das lange, gerade, zweischneidige Schwert, ein dritter Mann faßte den Soldaten am Schopf.
Als die Zuschauermenge sah, daß nun blutiger Ernst werde, bemächtigte sich ihrer eine unwillkürliche Panik, ein namenloser Schrecken einer großen Zahl. Mehr als die Hälfte, besonders Frauen und Kinder, konnte den schrecklichen Hergang nicht mit ansehen; weinend, heulend, schreiend, mit Händen in der Luft gestikulierend, sprangen sie nach allen Seiten auseinander und den Berg herunter. Um so tapferer hielten die übrigen aus.
Der Scharfrichter erhob mit bei den Händen das breite Richtschwert, holte aus und hieb dem Verbrecher den Hals durch, und während das Blut aus dem Rumpf hoch in die Höhe schoß, steckte er das abgeschlagene Haupt auf einen Spieß. Die zwei Weiber mußten den ganzen Hergang mitansehen. - Nun kam die Magd an die Reihe, die aber wie die Müllerin nicht vom Bischofsheimer Scharfrichter, sondern durch Scharfrichter Schönbein von Uissigheim enthauptet wurde.
Die Frau war durch die zwei Enthauptungen, die sie hatte mit ansehen müssen, vor Schrecken und Entsetzen halb tot; sie vermöchte fast keinen Schritt mehr zu machen und zitterte am ganzen Körper; als das Haupt vom Rumpfe getrennt war, schoß das Blut nicht in die Höhe wie bei den zwei anderen, sondern quoll nur von der Seite herab.
Renommierte Anwesen
Die Gebäude der Familien Isidor Maninger und Martin Hönig hatte sich einstmals der Freiherr zu Bettendorf, ein Günstling und Verwalter des Fürstbischofs in Mainz, als erste Residenz erbaut. Später, als er schon ein reicher Mann war, baute er neu nach Gissigheim. Der Bau in Dittwar wurde dann zur Zehntscheune umgebaut; außerdem hatte der Amtsvogt, ein Beauftragter des Bezirksamtes Königheim, seinen Sitz darin. Als dieser später auch immer wohlhabender wurde und dieses Anwesen ihm zu alt war, ließ er sich ein neues Haus errichten; darin wohnt heute der Landwirt Gerhard Hammrich. Das alte Rathaus wurde 1857 erbaut; zuvor war die Schule im Haus gegenüber (Sepp Link); dann aber in den beiden Sälen im Obergeschoß des Rathauses. Das erste Pfarrhaus in Dittwar war draußen im Geißberg; heute wohnt don die Familie Niklas; diesem gegenüber, von Otto Weber bewohnt, wohnten einstens Mönche.
In der Kühgasse, heute auch mit "Blumenstraße" bezeichnet, stehen die bei den ältesten Bauernhöfe des Dorfes; rechts der von Emil Honickel, gegenüber der von Fridolin Honickel. Irrtümlich wird berichtet, daß hier der Fronvogt wohnte und seinen Gutshof hatte. Vielmehr wohnte hier der Ortsadel, also kein Verwalter oder Vogt. Manche erzählten auch, daß diese Gebäude aus Resten der Burg "Helle" erstellt wurden, aber auch hier muß ich zweifeln. Denn nach Anfang des 17. Jahrhunderts stand die Burg, und diese bei den Höfe sind doch weitaus älter. Auch Stuckarbeiten an den Decken, im Haus und die Rosette, sowie das Wappen am Tor lassen darauf schließen. Jedenfalls sind die bei den Höfe mit das künstlerisch Wertvollste und Schönste, was wir in Dittwar haben.
2. SAGEN
Der Feurige
Vor vielen Jahren holte einmal ein Müller aus Bischofsheim in Külsheim mit seinem Pferdefuhrwerk Körner. Als er auf dem Rückweg am oberen Ende des Hottenloch-Buckels ankam und sich schon freute, daß er jetzt bald zu Haus sein werde, sprang plötzlich eines der hinteren Räder heraus. Nachdem er abgestiegen war und feststellte, daß er allein nichts auszurichten vermochte, sich hilflos umsah, da näherte sich ein Lichtschein, der immer heller und blendender wurde. Inmitten des ungeheuren Lichtscheins konnte der Müller ein feuriges Gerippe erkennen. Da er nicht gerade furchtsam war, sagte er: "Es ist schön, daß du kommst, feuriger Bruder, du kannst mir ein bißchen leuchten und helfen." Nachdem sie das Rad gefunden hatten, bat der Bischofsheimer den guten Helfer:
"Sei so gut, und hilf mir auch noch den Wagen hochheben!" Der Feurige tat dies allein mit einer Hand. Darauf bedankte sich der Müller mit "Tausend Vergelts Gott", worauf der andere erwiderte: "Das reichte gerade, um mich zu erlösen", und dann verschwand. Noch nach vielen Jahren waren an dem Leiterwagen die Abdrücke einer glühenden Hand zu sehen.
Die vom Teufel Besessene
Ein Mädchen von Dittwar ging einmal mit ihren Freundinnen hinaus, um Walderdbeeren zu sammeln. Als sie einen Platz gefunden hatten, der eine gute Ausbeute versprach, begannen sie sogleich ihre Eimer mit den gepflückten Beeren zu füllen. Selbstverständlich verzehrten sie, wie das so üblich ist, auch mal ein solches Beerchen. Das besagte Mädchen fand eine besonders große, schöne, ganz dunkelrote Erdbeere. Es konnte natürlich der Versuchung nicht widerstehen und verschluckte diese sogleich. Plötzlich begann es zu toben und jämmerlich zu schreien; es warf seinen Freundinnen alle Sünden vor, selbst die geheimsten und die aus der frühesten Kindheit. Die erschrockenen Mädchen führten sie sofort nach Hause. Unterwegs begegneten sie dem Dorfpfarrer, der infolge des Lärms auf die Straße geeilt war. Kaum hatte die Tobsüchtige den Priester erblickt, warf sie ihm auch seine "Untaten" vor. Hierbei erzählte sie sogar, daß der Pfarrer, als er noch Student war, einmal bei einer Königshöfer Messe eine Peitsche gestohlen habe, worauf der Pfarrer, peinlich angeklagt, nur noch feststellen konnte, daß die Unglückliche vom Teufel besessen sei. Er veranlaßte die Eltern des Mädchens, es doch zu dem, für Teufelsaustreibungen bekannten Pater "irgendwo aus 'm Gaa" zu führen. Als sie dort angekommen waren, begann der Pater sofort zu beten und den bösen Geist zu beschwören. Der Dämon verhandelte zuerst noch, er wollte nur ausfahren, wenn er dafür in einen bestimmten Baum an einer sehr belebten Kreuzung dürfe. Der Pater jedoch lehnte ab. Darauf schlägt der Unhold vor, einen Weinberg als neues Betätigungsfeld für ihn zu bewilligen; auch dies konnte der Gottesmann nicht zulassen. Unter ungeheurem Lärm und Getöse verließ der Teufel schließlich den Leib des armen Mädchens, das sich ab sofort wieder normal benahm und von allem nichts wußte.
Der Jude zu Lauda
Ein Vorfall, der zum Judenhaß ganz besonders anregte, wird in der Blutkapelle in Lauda geschildert. Ein Jude besticht seine Magd, nach einem Abendmahl aus der Kirche eine Hostie mitzubringen. Der Jude will das Geheimnis um die Kommunion bei den Katholischen lüften. Er durchsticht mit seinem Dolch die Hostie. Plötzlich fließt Blut heraus, gleich einer Fleischwunde bei einem Menschen. Er erschrickt darüber so sehr, daß er die Hostie hinter seinem Haus vergräbt. Und seit dem Tag ist allabendlich mit Beginn der Dämmerung bis zum Morgengrauen an der Stelle ein Licht zu sehen. Der Nachbar des Juden bemerkt dies eines Tages und meldet es dem Schultheißen, welcher sofort Anzeige erstattet. Die Hostie wird unversehrt aus dem Garten geholt und sogleich an selbiger Stelle eine Kapelle erbaut. Im Jahre 1300 wurde sie durch eine päpstliche Bulle zu Ehren des Altarsakraments eingeweiht. Der angeklagte Jude wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Die schwarze Hofmännin
Die schwarze Hofmännin von Böckingen, die wie viele Weiber in Wehr und Waffen sich dem Bauernheer anschloß, ist eine der furchtbarsten Gestalten in der ganzen Revolution, so furchtbar, wie kaum eine unter den Hussitinnen, welche im 15. Jahrhundert durch grausame List und blutige Rache sich hervorgetan. Sie galt als Hexe, zumal sie das Bauernheer vor Weinsberg "behext" und „kugel- und stichfest" gemacht hatte und außerdem die Heilbronner Ratsherren als "Bösewichter und Rüben" verflucht hatte. Sie wollte in Heilbronn "den gnädigen Frauen die Kleider vom Leibe abschneiden, daß sie gehen sollten wie gerupfte Gänse"; und zu "Heilbronn darf kein Stein auf dem anderen bleiben, die Stadt müsse zu einem Bauerndorfe werden." Sie stach den gegnerischen Führern, die gefallen waren, das Messer durch den Leib, um mit dem herausfließenden Blut die Schuhe zu schmieren. Das Ganze nannte sie dann Osterfeier.
Der Mangersgraben
Wenn wir früher, als Kinder, von Tauberbischofsheim nach Hause liefen, nachdem uns unsere Eltern in der Stadt etwas gekauft hatten, mußten wir notgedrungen an den "Bischemer Tannen" vorbei, die bei der Dunkelheit ganz unheimlich wirkten und für uns Kinder sehr beängstigend waren. Dabei erzählte unser Vater immer vom Mangersgraben, der weit hinten in den Tannen sei und wo viele Unholde und Geister hausten.
Der Sage nach war Manger ein überall bekannter Bösewicht in Gissigheim und neckte nach seinem Tode noch die Gissigheimer indem er aus seinem Speicherfensterchen herausschaute und die Bürger die gerade in der Nähe waren verwünschte. Der dortige Dorfpfarrer berichtete dies seinem Bischof, der diesen bösen Geist in einen Krug verbannte‚ den der Pfarrer in den tiefsten Graben weit und breit werfen mußte. Das war natürlich dieser Graben hinter dem Dittwarer Bahnhof. der früher bis zu 40 Meter tief hinunterreichte. In den letzten Jahren wurde er um der Firma Brandel mit Bruchschutt weitgehend aufgefüllt.
Geisterpriester
In einer der umliegenden Gemeinden wurde einmal ein Mädchen abends nach seiner stillen Anbetung in der Dorfkirche eingeschlossen; das Mädchen war im Gebet versunken, und da es in einer dunklen Ecke kniete, konnte es weder den Mesner, noch dieser das Mädchen bemerken, als dieser die Kirche verließ und auch abschloß. Als es das Mißgeschick erkannte, zog es sich ängstlich in die hinterste Ecke zurück und konnte vor lauter Zittern und Beben nicht einschlafen. Als nach einer halben Ewigkeit die Turmuhr zwölf schlug, hörte es plötzlich, wie sich die Tür zur Sakristei langsam mit laut knarrendem Geräusch öffnete. Heraus schwebte ein Pfarrer im Meßgewand, begab sich an den Altar und feierte eine Messe mit Lesung, Predigt und allem, was dazu gehört. Das Mädchen konnte jedoch keinen Laut hören von dem, was der Priester scheinbar sagte. Mitten in der Wandlung jedoch, während er den Kelch hob, unterbrach er die Zelebration und verschwand wieder, wie er gekommen war und schloß hinter sich die Türe zur Sakristei mit dem gleichen Knarren. Am Morgen berichtete das Mädchen sein Erlebnis den Eltern, diese dem Pfarrer. Beim Durchsuchen der Pfarrakten fand er dann die Notiz, daß früher einmal einer seiner Vorgänger eine Messe während der Wandlung unterbrach, um im brennenden Pfarrhaus sein Hab und Gut zu retten. Daraufhin begaben sich der Pfarrer, der Mesner und der Bürgermeister des Nachts in die Kirche und warteten. Tatsächlich, kaum begann die Uhr zwölf zu schlagen, öffnete sich die Sakristeitür knarrend und alles geschah so, wie das Mädchen es berichtet hatte. Nachdem sich der Dorfpfarrer ::m nächsten Tag mit einem Kollegen, der in solchen Sachen schon öfter Rat wußte, unterhalten hatte, ging er am Abend wieder in die Kirche und wartete auf die Erscheinung. Als der "Geistpriester" bei der Wandlung wieder verschwinden wollte, trat er herzu und nahm den Kelch, sprach nochmals die Wandlungsgebete und vollendete danach das Meßopfer. Als er sich daraufhin umsah, war der unheimliche Priester verschwunden. Bei späteren Proben wurde keine Erscheinung mehr festgestellt.
Die Sage vom Dettelbacher Missionspater
Vor vielen Jahren war zu einer der regelmäßig wiederkehrenden Missionen ein Pater aus Dettelbach in Dittwar anwesend. Am ersten Tage nach der Missionszeit trifft ein Dittwarer Schuster, der "Neckle" genannt wurde und einziger Zeitungsleser des Ortes war, diesen Pater auf dem Wege nach Bischofsheim. Der Pater erzählt ihm nun, daß in der Gemeinde etwas nicht in Ordnung sei und fragt ihn, ob er ihm bei der Bereinigung nicht helfen wolle. Dem Schuster, der gerne helfen möchte, wird daraufhin aufgetragen, mit einer Gruppe von Freunden einen Korb voller Erde an der Stelle im Flur "Hussenbach", an der einst eine Burg stand, zu holen. Auf dem Heimweg sollen alle sieben Schritte eine Handvoll Erde weggeworfen werden. Am Abend käme dann der Pater nochmals; Treffpunkt war das Haus Brandel in der Kirchengasse. Alles verlief, wie es der Pater aufgetragen hatte. Sie versammelten sich in jenem Haus. Der Pater beginnt zu beten und geht bald darauf hinaus auf den Flur, schließt die Türe und ruft: "Alle guten Geister loben Gott den Herrn." Dieser Vorgang wiederholt sich dreimal. Als der Pater zum dritten Mal ruft, antwortet eine Frauen- und eine Männerstimme: "Ich auch, ich auch." Da aber sonst niemand im Hause war und die Stimmen auch nicht bekannt waren, mußte es sich um Geister handeln. Der Pater verhandelte also mit ihnen eine Weile und kehrte dann zurück in das Zimmer. Dort teilt er den Anwesenden den Preis für die Erlösung zweier armer Seelen mit. Obwohl sehr viel Geld verlangt wurde, kam es bis zum nächsten Morgen zusammen, und die, die den Korb Erde geholt hatten, begleiteten den Pater mit dem Geld nach Dettelbach. Dort angekommen, sollten die Dittwarer vor der Pforte warten, während der Pater das Geld zu seinem Vorgesetzten bringen und danach den Ort eines unermeßlichen Schatzes an der besagten Burg ihnen verraten wollte. Diese wurden aber mißtrauisch und wollten die Verwendung des nicht unbedeutenden Geldopfers erfahren. Da aber war der Pater beleidigt und rief: "Nehmt euer Geld und verschwindet, die armen Seelen werden auch ohne euer Opfer erlöst; aber der Schatz bleibt, wo er ist." Bei späteren Grabungen und Untersuchungen wurde die jeweilige Unternehmung jedesmal durch ein Naturereignis gestört und vernichtet; einmal war es ein unheimlich schwerer Hagel, dann wieder Wolkenbrüche, Gewitter usw. Jedenfalls konnte nie etwas von diesem Schatz entdeckt werden.
Das wilde Heer
Überall im Odenwald, wie auch im Frankenland, ist die Sage vom wilden Heer bekannt und wird immer wieder erzählt. Das Wilde Heer haust der Sage nach in den großen Wäldern; bei stürmischem Wetter ist genau das Hufgetrappel der Reitpferde und auch das Waffengeklirr zu hören; es wurde auch schon gesehen, daß diese Reiter ihre Köpfe unter dem Arm trugen.
Um 1800' etwa holte ein Heckfelder Bauer in dem Dorf Beckstein Schnaps. Als er auf seinem Heimweg, es war in der Geisterstunde, im Wald anlangt, hörte er plötzlich einen riesigen Lärm, er konnte darunter alle möglichen Laute feststellen, Geschrei von Hunden, Katzen, Hähnen, Kühen usw. Er glaubte, daß dies das Wilde Heer sei, legte sich auf die Erde mit dem Gesicht nach unten, wie das bei einer solchen Begegnung üblich war. Die wilden Gesellen traten herbei und tranken seinen Schnaps und grölend entfernten sie sich wieder. Der Bauer erhob sich und nahm seine Krüge, und ohne den Inhalt nachzukontrollieren, kehrte er heim. Die Krüge, die sonst schon nach einigen Wochen geleert waren, leerten sich dieses Mal nicht, es dauerte über ein Jahr, noch immer waren sie voll, obwohl die gleiche Menge Schnaps gebraucht wurde. Da konnte der Bauer nicht mehr umhin und erzählte seiner Frau diese Begebenheit. Ab sofort waren die Krüge leer und füllten sich nie wieder von selbst.
Die letzte Räuberbande
Im Wald zwischen Brehmen und Esselbrunn befand sich noch in den dreißiger Jahren ein Gedenkstein mit einem eingehauenen Schachbrett. Hier hauste vor Jahrhunderten die letzte Räuberbande der Gegend. Und als die Obrigkeit immer mehr und stärkere Truppen auf sie hetzte, und sie sich nicht mehr aus ihrem Schlupfwinkel trauten und dadurch mangels Beute weder Nahrung noch Kleider noch Waffen hatten, begannen sie hier ein mörderisches Spiel. Die Partien wurden ausgelost, und der Verlierer wurde erstochen; bei Remis wurden beide erstochen. Der zuletzt übrigbleibende Räuber lebte mit den restlichen Vorräten noch einige Tage und erstach sich dann auch.
Ein Schäfer als Wettermacher
Vor langen Zeiten herrschte in unserer Gegend eine große Dürre. Die Leute hatten nach vielem Fluchen nur eine Möglichkeit, das Gebet. Im Hof Esselbronn konnte man nichts außer Gebeten hören, und die Leute des Hofes begaben sich täglich dreimal vollzählig in die Kapelle, um zu beten. Da kam eines Tages plötzlich ein alter Schäfer des Wegs mit einer riesigen Herde. Seine Schafe jedoch waren sehr gut genährt, was die Hofbauern wegen der Dürre nicht verstehen konnten. Sie fragten ihn, wo er seine Schafe bei dieser großen Dürre weiden lasse, da doch nirgendwo Gras wachse. Er aber antwortete: »Ich kann Regen machen, und damit auch Gras wachsen lassen." Sie baten ihn, doch auch ihnen Regen zu machen. Er holte sogleich eine Haspel hervor und begann unter lautem Beten und Beschwören zu drehen. Binnen einer halben Stunde fing es zu regnen an, und bald war ein Gewitter im Gange, daß im Nu alle Gräben und Senkungen voller Wasser waren. Das war den Bauern genug, und sie baten ihn, doch den Regen wieder zu stoppen. Wieder nahm der alte Schäfer seine Haspel und drehte nun unter Gebeten und Beschwörungen rückwärts, worauf es tatsächlich aufhörte, zu regnen. Danach war der wundertätige Schafhirte verschwunden.
Der unheimliche Hund
Ein Fruchthändler aus Tauberbischofsheim, der aus Dittwar stammte, und mit einem Eubigheimer Kollegen intensiv zusammenarbeitete, mußte am Hl. Abend in der Nacht noch nach Eubigheim, um seinen Freund vor falschen Geschäften zu warnen, weil die Früchte verderben würden. Auf dem Heimweg setzte sich ein großer schwarzer Hund zehn Schritte vor ihm hin. Er wußte vom Hörensagen, daß er, um sein Leben zu retten, jetzt geradeaus weiterlaufen und weder nach rechts noch nach links durfte. Also lief er immer geradeaus auf den Hund zu. Als er bei dem Hund ankam, ging dieser zwanzig Schritte weiter und setzte sich wieder, und das wiederholte sich solange, bis er aus dem Wald heraus war. Der Hund verschwand daraufhin sofort, und das Schauspiel war zu Ende.
Hexengeschichte
Ein Dittwarer Nagelschmied war auf der Walz und schlief bei seinem Meister mit einem Gesellen zusammen in einem Bett. Hier lag der Geselle vorne und er hinten an der Wand. Der Geselle wurde von Tag zu Tag magerer und schwächer. Also fragte ihn der Dittwarer nach dem Grund, ob sie die Schlafstelle tauschen sollten, oder ob er ihm sonst irgendwie helfen könnte. Der Geselle erzählte ihm nach langem Zögern, daß jede Nacht Schlag zwölf ein Wesen hereinkommt, ihm eine Art Joch über den Kopf wirft, dann würde er zum Pferd und müßte mit dem Wesen auf dem Rücken losreiten, eine gute Stunde, dann würde er eingesperrt und gegen Morgen müßte er wieder zurückreiten. Der Dittwarer legte sich also in der nächsten Nacht nach vorne. Das gleiche widerfuhr nun ihm. Um 12 Uhr kam das Wesen, warf ihm das Geschirr über, und er mußte ebenso los galoppieren und wurde dann eingesperrt. Als das Wesen gegen Morgengrauen zurückkam und ihm wieder das Joch überwerfen wollte, fing er es auf und warf es dem Wesen über, wonach dieses sofort zum Pferd wurde, und er ritt mit ihm los. Unterwegs bei einem ihm bekannten Schmied ließ er es anhalten und das Pferd beschlagen, damit ritten sie nach Hause zurück. Am Morgen gab es kein Frühstück, welches gewöhnlich von der Tochter des Meisters gebracht wurde. Der Schmied, nach dem Grunde gefragt, sagte, die Tochter sei erkrankt, es könnte aber niemand hinein, so ernst sei die Krankheit. Der Schmiedegeselle aus Dittwar behauptete, er hätte sich früher eingehend mit Heilkunde befaßt und könnte doch bestimmt helfen. Also wurde er eingelassen. Und er stellte fest, daß die Tochter an Händen und Füßen mit Hufeisen beschlagen war. Also veranlaßte er sie, in der folgenden Nacht wieder zu reiten, und sie hielten wiederum bei diesem Schmied an und ließen die Eisen wieder abmachen. Ab sofort war Ruhe mit diesen Hexenritten.
Betrug oder Dummheit?
Bei der letzten Gemarkungsvermessung 1898 kam den Dittwarern eine Menge Feld abhanden. Der Grund hierfür war der trunksüchtige Bürgermeister von Dittwar. Bei einer Besprechung mit den Gissigheimern bezahlte man ihm soviel, daß er, ohne zu überprüfen, alles unterschrieb, was man ihm vorlegte. Später behaupteten die Gissigheimer, daß sie ohne weiteres für ein paar Viertel Wein den gesamten Pfarrfeldflur bekommen hätten, sofern sie die Möglichkeit ausgenützt hätten.
Anschuldigung und Rache
In Dittwar lebte ein schlechter Mensch namens Löffler, und weil er reich war, und den andern keinen Erfolg gönnte, versuchte er mit List und Tücke deren Glück zu vereiteln. Eine junge Frau des Ortes, die glücklich verheiratet war und eine Schar gesunder Kinder und außerdem in Feld und Stall mit ihrer Familie viel erarbeitet hatte, wurde von Kreisen, in denen Löffler verkehrte, zur Hexe abgestempelt. Die junge Frau lief eines Abends durch die Obere Gasse, wo Löfflers Haus stand, und hörte zufällig, wie dieser mit einigen Kumpanen gerade wieder über sie schimpfte und sie als Hexe bezichtigte. Also faßte sie den Entschluß, denen die Suppe gehörig zu versalzen. Sie ging nach Hause, entkleidete sich splitternackt und stieg mit einem Besen auf Löfflers Dach, kletterte auf den Kamin und ließ sich hinunter, mitten in die Gruppe von Tratschmännern hinein und verprügelte diese nacheinander so, daß diese alle schleunigst das Weite suchten. Seitdem konnte sie sich wieder auf die Straße wagen, ohne daß hinter ihrem Rücken geflüstert wurde.
3. BILDSTÖCKE UND DENKMÄLER
Das badische Frankenland, von Kennern mit "Madonnenländchen" betitelt, hat als außerordentliche Besonderheit eine Vielzahl von Bildstöcken und Kreuzen in Ort und Flur, an Kreuzungen und Gräben. Allein im Landkreis Tauberbischofsheim sind etwa 1200 Stück zu finden. Da viele aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen, ist der künstlerische Wert überaus bedeutend.
Als nach dem Dreißigjährigen Krieg, der für Deutschland die schrecklichsten Folgen gebracht hatte, die Bevölkerung, stark dezimiert durch Hunger und Pest, an kulturellem Schaffen kein besonderes Interesse mehr hatte, ob mannigfaltiger Sorgen und Plagen, trat in der Herstellung dieser Denkmäler eine Pause ein. Vergleichen wir diesen Zustand mit der deutschen Literatur, so können wir dort parallel eine ähnliche Lücke in dieser Epoche feststellen. Erst im 18. Jahrhundert, als die Zeiten wieder ruhiger geworden und die ärgsten Kriegsfolgen überstanden waren, besann man sich wieder auf die alte Tradition und ihre Pflege. Es entstand erneut eine wahre Fülle von Gedenksteinen und Kreuzen. Erst kurz vor der letzten Jahrhundertwende erstrahlte diese vielgerühmte Bautätigkeit nochmals in einer Blüte, um dann auf einen absoluten Nullpunkt herabzusinken.
Dittwar besitzt eine ganz ansehnliche Zahl dieser Bildnisse. In der Gemarkung sind es 17, im Dorf 11 dieser geschichtlichen Marksteine.
1. Bildstock ohne Sockel fast in Mannshöhe in die Hausmauer von Karl Markert eingelassen. Zu lesen sind nur noch: 1524 Michel Link.
2.. Bildstock an der Straße von Dittwar nach Hof Steinach nahe der Muckbachbrücke, 1,52 Meter hoch, 26,5 Zentimeter breit, 3,3 Zentimeter Schrift. In der Nische sieht man Christus am Kreuz, am Stamm die Inschrift: "Gott dem Herrn zu lob und Ehr auffgericht den ersame Peter Eck zu Ditber (de)m Gott Genedig sei und uns allen am 20 Aprilis 1592."
3. Kreuz ohne Sockel in Mannshöhe in die Hausmauer von Edmund Wenzel eingelassen, zu lesen ist: "Anno Domini 1601 ".
4. Das "Hegeleins-Kreuz" steht etwa 200 Meter außerhalb des HegeleinsBrückchens an der rechten Oberkante des Grabens. Seine Querstücke sind nur noch 25 Zentimeter über dem Boden, weil es um einen Meter versunken ist. "Zu Gedecknusz Hans Langenberger 1607 auf der Straße das Leben gelassen." (80 X 62; Sehr. 5 cm). Fälschlicherweise berichtet der Volksmund von diesem Kreuz, daß es an der Stelle stehen würde, wo der Dittwarer Bauer 1644 pflügend von Schweden gefunden wurde.
5. Dieses Bildnis am Mangersgraben in den "Bischemer Tannen", die beim Dittwarer Kirchbau an Bischofsheim verkauft wurden; es ist 2,80 X 40 cm groß, in einer Nische ist der Stifter mit einem Kalb und seinem Hund dargestellt, außerdem sieht man ein Metzgerbeil mit IW als Inschrift. "Ich Jorg Weimer Bürger und Metziger zu Bischofsheim hat dis Bilt Got zu Lob unt Ehr da her machen lasen, die weil in Got mit gesunthem Leib so oft uber den Ber aus und ein hat geholfen Got wol in undt den seinigen undt alen Frommen Metzigern weiter undt lenger Gnadt verlehen durch Jesum Christum Amen 1608."
6. Am neuen Haus von Thomas Zegowitz befindet sich der Bildstock mit der Inschrift: "Anno Domini 1614 hat Wendel Schmitt und seine Hausfrau Margaret Gott zu Lob und Ehr dies Bild setzen her Amen." Es hat 2,16XO,26 Meter Größe und 4 Zentimeter Schrift.
7. Das Schwedenkreuz, steht 5 Meter links vom Waldweg, der oberhalb des Steinbruchs vom Förstleins- Weg links abzweigt, hat die Inschrift: ,,1644 ist Hans Weber Simons Sohn des Gerichs von den Soldaten erschossen worden." Größe 120 X 83,5 cm, Schrift 3 bis 3,5 cm.
8. Das an der Wegkreuzung Königheimer- und Oberer Ökuchenweg aufgestellte Bild läßt nicht die genaue Jahreszahl erkennen; "Errichtet von Caspar Hefner 16 .. "
9. 1728 wurde die Freigruppe "Ruh' Christi" zwischen der 4. und 5. Station
des Kreuzes zur Kapelle vom Bischofsheimer Spitalverwalter Joh. Carolus Sauer gestiftet; künstlerisch wertlos und keine kunstvolle Arbeit.
10. An der Einmündung des "Steigweges" in die "Straße" steht das Bild mit der Inschrift: "Gest. Martin Both 1731 - Ernestine Both und Emma Hammerich 1902."
l1. Im "Staach"-Wäldchen findet man ein schmuckes Bildnis, 1732 von Hans Martin Both errichtet.
12. An der Hofmauer von Franz Withopf steht ein Marienbild, auf dem die Worte "S. Maria 1742" zu erkennen sind.
13 Das "Wetterkreuz", auf einem Fünfmärker stehend, weil sich hier die Gemung von Oberlauda, Lauda, Distelhausen, Dittigheim (Hof Steinbach) und Dittwar treffen, ist ein beliebtes Wanderziel für alt und jung aller umliegenden Ortschaften. Es steht auf dem fünfeckigen Stein unter zwei riesigen Kastanienbäumen, unter die sich die Bauern bei plötzlichen Unwettern flüchteten, daher stammt auch der Name. Außerdem ist dort die Kreuzung der alten Keltenfernstraßen Neckar-Main und Spessart-Hohenlohe.
14. Das Bild im Flur "Steinige .Acker" am Acker von Hermann Both hat außer einigen abstrakten Buchstaben keine Inschrift, doch die Jahreszahl 1757 ist zu lesen.
15. An der Straßenkreuzung beim Anwesen Herbert Fast steht ein Bildstock: ,,1769 hat Magdaline Kranck in durch ihre tötlichen Hintritt ein Gemächtnis gethan und zur Ehr Gottes diese Bildnis aufgerichtet worden."
"S Magdalena, S Laurentii, S Catherina".
16. Das Marienbild zwischen den Häusern Dörner und Maninger trägt die Zeilen: ,,0 ihr alle die ihr fürbein geht merket und seht ob ein Schmerz gleich sey meinen Schmerzen" und die Buchstaben "H G M H M 1775".
17.-19. Die Bilder bei Richard Withopf, Ignaz Stephan, Josef Noll sind zeitlich nicht genau zu fixieren, weil auf dem ersten keine Schriftzeichen sind und die beiden letzten sind gesunken bzw. ist dort aufgefüllt, daß die Inschriften nicht mehr lesbar sind.
20. Das Kreuz an den "Krautgärten" ist etwa vier Meter hoch und wurde 1872 mit der Schrift: "Zu Ehren des gekreuzigten Heilandes errichtet von Anton Holler" aufgestellt. Es steht unter einem gewaltigen Lindenbaum, dessen Alter man auf 300 bis 400 Jahre schätzt.
21. Eine Pieta steht am Ende des Weges von der "Kühruh" zum „Brenne-Hölzle". Sie ist etwa 3,5 Meter hoch und trägt als Beschriftung: ,,0 hl. Mutter; Drücke deines Sohnes Wunden So wie du sie hast empfunden tief in meine Seel ein." Errichtet Anton Holler 1876.
22. Ähnlich wie am "Brenne-Hölzle" und mit der gleichen Inschrift, die allerdings nur teilweise lesbar ist, steht auch gegenüber dem Steinbacher Brückle eine Pieta, die durch die Mauer etwas erhöht steht, und so etwa 4 Meter hoch ist. Dieses Bildnis wurde 1879 erstellt.
23. Unterhalb der Ortsrandsiedlung Lotter steht eine Statuette vom hl. Antonius. Sie wurde in den 80er Jahren dorthin gestellt und 1961 beim Bau dieses Bauernhofes neu eingefaßt.
24. Im Jahre 1894 stiftet Lorenz Both das "Herz-Jesu-Bild" am Königheimer Weg. Es ist eines der meistgepflegtesten Bildstöckchen in Dittwar und man kann den Spruch "Siehe da dieses Herz, das die Menschen so sehr liebt hat. Ich werde die Orte segnen, so das Bild meines Herzens wirde aufgestellt und verzehrt werden" darauf entziffern.
25. Das "Herz-Mariä-Bild" an der "Langen Hecke" trägt auf allen vier Seiten Inschriften. "Rose unter Dornen - Behüte uns." ,,0 süßes Herz Mariä - sei unser Rettung" - "Leide so wie sie gelitten - und der Himmel ist dein Leben". Gestiftet von M. Anna Stephan, ledig, im Jahre 1904; aufgestellt von der Firma Hofmann in Königshofen.
Von diesem Bild erzählt man folgende Begebenheit: Als 1945 die Wehrmacht vor den einbrechenden Feinden immer weiter zurückweichen mußte, schoß ein Landser beim Marsch durch Dittwars Gemarkung vor Wut dem Marienbild die Nase weg. Schon am nächsten Tag riß dem gleichen Soldaten bei einem Feuergefecht zwischen Messelhausen und Kützbrunn eine feindliche Kugel die Nasenspitze ab. So wurde seine Freveltat unverzüglich vergolten.
26. An der Straße nach Heckfeld in der Höhe des neuen Sportplatzes steht das Josephsbild, das 1909 von Valentin Both errichtet wurde.
27. Das "Weiße Kreuz" am Gissigheimer Weg trägt die Worte ,,0 hl. Kreuz, meine einzige Hoffnung, sei gegrüßt". Es ist etwa 3,50 Meter hoch und wurde 1938 auf Veranlassung der Familie Kilian Lotter aufgestellt.
28. Das große Holzkreuz am Steinbruch über der neuen Volksschule ließ man nach dem zweiten Weltkrieg zum Dank für die Verschonung des Dorfes vor Bombenangriffen aufrichten.
4. FLURNAMEN
Die momentan noch gebräuchlichen und größtenteils amtlichen Flurnamen und Gewann-Bezeichnungen lassen sich nahezu alle aus den Namen erklären. Historische Bezeichnungen sind nicht so häufig. Man erkennt an diesen Benennungen sofort die rein landwirtschaftliche Kultur des Dorfes.
3. Berglein: von Pirklein=Birke; oder Berglein als kleiner Hügel.
4. Bickelloch: von Pickelloch; wahrscheinlich wurden hier mittels Pickel
größere Grabungen vorgenommen.
5. Bischemer Tannen: Tauberbischofsheimer Wald, seit Dittwar wegen
der Verschuldung beim Kirchbau um 1755 diesen Distrikt verkaufen
mußte.
6. Breiter Baum: wörtliche Bedeutung.
7. Brenne Hölzlein: wörtliche Bedeutung; für Eigenbeholzung der Ge-
meinde.
8. Brommelderäcker: von "Brombeeräcker"; wegen der vielen Brom-
beerhecken in nächster Nähe.
9. Brüchel: von Prügel; früher waren hier nur Weinberge, und die Besit-
zer waren durch mühevolle Arbeit auf diesem unwegsamen Hügel
sehr geprügelt.
10. Brunnwiesen: an der" Weit"; wörtliche Bedeutung.
11. Buckeläcker: am Steilhang gelegen.
12. Buckelwiesen: am Steilhang gelegen.
13. Buchbaum: wörtlich von Buche.
14. Buche: von Buche.
15. Datsche: Vertiefung, Mulde; zusammengedatscht = eingefallen.
16. Dörre Wiesen: wörtliche Bedeutung; auch weil dort das Heu schnell
trocknet.
17. "Doorf": von Dorf; nah am Ort gelegen.
18. Dreckiger Buckel: wörtliche Bedeutung.
19. Dreimärker: Ein "Dreimärker", womit ein Grenzstein an der Ecke
von drei aufeinanderstoßenden Gemarkungen gemeint ist, kommt in
Dittwar natürlich mehrmals vor. Aber sobald man sagt: "hinem
Dreimärker", so ist damit nur der an den Grenzen Gissigheim, Heck-
feld und Dittwar gemeint. Er steht im Wald. Das umliegende Wald-
gebiet nannte man in früheren Zeiten "Täfeleshölz". Der Besitzer,
Freiherr von Täfele, ein reicher und wehrhafter Fürst, unterstützte im
Bauernkrieg die aufständischen "Ackerbürger" und lieferte ihnen
Waffen. Er wurde dann in Lauda gefangengenommen und mit
seinem langen Bart am Wagen hinten angehängt und durch ganz
Lauda geschleift. Ein Bürger der Stadt schnitt ihn jedoch los und be-
grub ihn dort in seinem Wald. Deswegen nannte man diesen barm-
herzigen Mann auch den "Freischlag"; teilweise wurde die
Ecke am „Täfelesholz" auch "Freischlag" benannt.
20. Edelfrauenholz: ehemaliges Eigentum einer adeligen Person oder
vielleicht der Schwesternschaft.
21. Eisgrund: Diese Flur hat am längsten und als erster Schnee und Eis,
weil sie ungeschützt liegt.
22. Eisgrundboden: diese Flur ist eine dem Eisgrund vorgelagerte Ebene.
23. Flachenmännlein: überlieferter Name; ziemlich flacher Hügel.
24. Fleckenmännlein: wahrscheinlich aus einer Sage; es wird erzählt, daß
am oberen Rand der "Bischemer Tannen", die ob ihres unheimlichen
und drohenden dunklen Aussehens sagenumwoben sind, von einem
etwas ängstlichen oder angstmachenden Bauern ein fleckiger Mann
gesehen wurde; daher bekam diese Flur ihren Namen.
25. Förstlein: kleiner Wald; vielleicht Wald des Adels oder des Vogts.
26. Fortbach: vom schnell und reißend fließenden Wasser.
27. Gärten: die Gartenbezirke rund um das Dorf.
28. Gänsestirn: Feld, das dem Gänsehirt zum persönlichen "Nießbrauch"
gelehnt war oder das für die Gänseherde zur Verfügung stand.
29. Geisberg: Ortsteil mit angrenzendem Gewann, aus dem viele Ziegen
gehalten wurden.
30. Gissigheimer Weg: wörtliche Bedeutung; früher größere Bedeutung,
als der Weg von Bischofsheim nach Königheim noch nicht gebaut
war.
31. Gräbern: durch die vielen Gräben, die bei Unwetter in die Acker ge-
rissen wurden.
32. Grasberg: von den früheren Bergwiesen.
33. Häuserrain: (vgl. "Willetzheim"). Der Häuserrain, gelegen zwischen
Mühle und Jägersgraben, rechts der Straße nach Tauberbischofsheim,
läßt mit seinem Namen Schlüsse auf den verschwundenen Ort Wil-
letzheim zu. Dieses sich in der Nähe Dittwars befindende Dorf wur-
de 1560 letztmals urkundlich mit eigener Gemarkung erwähnt. Für
diese Annahmen sprechen auch die Funde von Kaminen, Herdstellen
und gelegten Steinplatten, die beim Bau der Brehmbachbahn im Jahre
1912 gemacht wurden.
34. Hain: (vgl. Heidenkessel).
35. Hardt: ein lichter bewaldeter Hang.
36. Hegelein: von Hag = "Pferde".
37. Hegeleinsboden: dem "Hegelein" vorgelagerte Ebene.
38. Heidenkessel: (vgl. "Haadekessele").
39. Heiligenberg: wegen vorzüglichem Wein, oder wegen Pfarreigentum.
40. Heiligenholz: wegen Pfarreigentum.
41. Hesselrain: von "Haselnußstrauch", deswegen auch "Hässelrain".
42. Holzapfelbaum: wörtliche Bedeutung.
43. Höh: wörtliche Bedeutung.
44. Hundsesche: von Hundszehnt = kleiner Zehnt oder kleine minder-
wertige Felder; auch Hundshecker.
45. Hussenbach: von Wiesenbach, deshalb auch "Wuschelboch".
46. Jägersgraben: vielleicht, weil dieser Berg so sehr in Bewegung ist und
jagt.
47. Kaltes Feld: wörtliche Bedeutung; hohe windige Lage.
48. Kapellenwald: wörtliche Bedeutung.
49. Kirchberg: wörtliche Bedeutung; vielleicht früher kircheneigenes Gut.
50. Kirchenweinberg: wörtliche Bedeutung; vielleicht früher kircheneige-
nes Gut oder wegen vornehmlichem Anbau von Meßwein.
51. Kleines Wehr: Steg, auch roter Stein genannt.
52. Kniebreche: wörtliche Bedeutung wegen dem sehr steilen und steini-
gen Hangweg.
53. Königheimer Weg: wörtliche Bedeutung.
54. Krautgärten: größere Gärten, die hauptsächlich mit Kraut bebaut
werden.
55. Kreuzhölzlein: (vgl. "Kreuzkapelle").
56. Kühruh: örtliche Gemeindeviehweide oder wegen einer Haltestelle an
dem steilen Bergweg; auch Ruhort der Viehhirten.
57. Kützenberg: wegen Lützen zum Weinberg; oder aus dem Mittelhoch-
deutschen güzz=gießen, rinnen; also der Berg, an dem viel Wasser
herunterrinnt, vielleicht auch von Götzen, wegen der Lage neben
dem Kirchberg.
58. Lange Hecken: wörtliche Bedeutung.
59. Lämmerberg: Berg für die Schafherde; also Schafweide.
60. Laudaer Flur: Oberbezeichnung für das Gebiet Richtung Lauda.
61. Laudaer Berglein: vielleicht von ehemals Laudaer Gemarkung einge-
meindet.
62. Laudaer Teich: wörtliche Bedeutung, wie Laudaer Berglein.
63. Lehmgrube: wörtliche Bedeutung.
64. Lerchenrain: Aufenthaltsort vieler Lerchen wegen der geschützten
und ruhigen Lage.
65. Liebfrauenholz: Wald der "Lieben Frau" (Muttergottes) vermacht.
66. Löchlein: von "lohe" = kleines Gehölz, Wäldchen.
67. Lücke: die Lücke inmitten des Waldgebietes.
68. Mangersgraben: (vgl. Sagen).
69. Mühläcker: ursprünglich der Mühle zugehörig.
70. Mühlbach: Gebiet um den Mühlkanal.
71. Mühle: Eigentum des Müllers; vielleicht auch Standort einer Wind-
mühle.
72. Mühlwiesen: Wiesen der Mühle oder der Mühle zugehörig.
73. Neuberg: kam neu in die Gemarkung; vielleicht auch Zusammenhang
mit Willetzheim.
74. Neubergsflürlein: vorgelagerte Ebene.
75. Neuer Weg: wörtliche Bedeutung.
76. Nußbaum: wörtliche Bedeutung.
77. Ochsenwiesen: ehemals Ochsenweide.
78. Ölkuchen: wegen dem ausgezeichneten Wein, der wie Öl rinnt; daher
auch Ölbach.
79. Osterberg: wahrscheinlich wegen der österlichen Richtung.
80. Pfaffenbrunn: Quelle auf Äckern der Kirchengemeinde.
81. Pfarräcker : Pfarreigentum.
82. Pfarrfeld: ehemals Pfarreigentum.
83. Pfitzebrünnle: "Pfitzebrünnle" nennt man die Flur an der Quelle, die
in den "Lerchenraingraben" fließt. Man grub an dieser Stelle in frühe-
ren Zeiten einmal einen Bierbaum aus, und dabei konnte festgestellt
werden, daß sich die riesige Felsplatte unter den Baumwurzeln an-
dauernd bewegte unter dem Druck des sich darunter befindlichen
Wasserstromes. Diese Quelle wurde beim Bau des Aussiedlerhofes
Schmitt gefaßt und dient seither der Wasserversorgung dieses Bau-
ernhofes.
84. Quelläcker: Felder an der Quelle.
85. Räumersberg: von Raum, wegen der freien und geräumigen Lage;
auch "Rammersberg" genannt.
86. Röte: von roden; ehemaliges Waldgebiet.
87. Rohrwiesen: wegen der Bischofsheimer Wasserleitung.
88. Roter Stein: (vgl. Kleines Wehr).
89. Rotes Gleis: vom Leuchten mancher Holzklötze und Stämme.
90. Schaftrieb: Schafweide.
91. Schafäcker: Lehen des Viehhirten Zum Nießbrauch.
92. Schere: Der Name "Schere" kommt vom Althochdeutschen "scora" =
umgegrabenes und geschorenes Land. In Dittwar könnte diese Be
nennung aber auch für den Hügel gelten, der das Taubertal vom
Muckbachtal trennt.
93. Schiffersboden: unbekannt.
94. Schneekessel: Mulde, in der sich der Schnee lange hält.
95. Schranne: von Schranke, vgl. "Zollstock"; wahrscheinlich Zollstation
am Weg nach Königheim.
96. Schrei: gesprochen "Schraa"; unbekannt.
97. Steig: sehr steiler Weg.
98. Steinbacher Berg: an den Hof Steinbach angrenzend.
99. Steingrübe: steinreiches Gelände; die Bauern mußten hier viel Steine
abtragen.
100. Steinige Acker: wörtliche Bedeutung.
101. Steiniger Weg: wörtliche Bedeutung.
102. Straße: Man nennt die Felder entlang dem Weg auf dem Bergrücken
Wetterkreuz- Buckeläcker "Straße", weil dieser Weg früher die Verbin-
dung Gerlachsheim nach Oberschüpf, und damit von Würzburg in
den Schüpfer Grund, war.
103. Täfelesholz: (vgl. "Dreimärker").
104. Tal: tiefster Gemarkungsteil.
105. Unheimlich: (vgl. Heidenkessel).
106. Wetterkreuz: (vgl. Bildstöcke).
107. Wieselberg: wahrscheinlich von Wiesenberg.
108. Ziegelhütte: von der ehemaligen Ziegelhütte.
109. Zollstock: Der "Zollstock" war ein an einer weit übersichtlichen Stelle
am Verkehrsweg aufgestelltes Zöllnerhäuschen, von dem auch der
Beauftragte den durchfahrenden Fuhrwerken den Wegzoll abnahm.
In unserer Gemarkung stand dieser Zollstock an der Straße von Ger-
lachsheim nach Oberschüpf. Die Ausländer, aus der näheren Umge-
bung (Bayern, Württemberg) machten diese Durchgangszölle erfor-
derlich. Außerdem mußte jeder vorbeiziehende Jude den Judenzoll
abliefern.
Nachbetrachtung
Beim Gang durch die wildbewegte Geschichte unserer Heimat erfährt man immer wieder Anregungen zum Vergleich mit der Gegenwart. Zwar läßt sich mittels der vorhandenen Quellen nur ein Bruchteil dessen vergegenwärtigen, was unsere Flüsse und Bäche, Fluren und Täler gesehen und erlebt haben. Deuten die ältesten Funde aus der »Michelsberger Kultur" (vor 5000 Jahren), aus der Hallstattzeit (700-450 v. Chr.) und aus der »La Tene"-Zeit (450-0 v. Chr.) auf eine Besiedlung des Tauberlandes im dritten Jahrtausend v. Chr. hin, so lassen Urkunden und Überlieferung in der ältesten Angabe Romeechte den Großen sein Heer bei den Hercules-Säulen nächst dem heutigen Mergentheim gegen Thüringer und Chatten versammeln. Funde sind heute bei der Vielzahl von Großbauten in der ganzen Umgebung keine Seltenheit mehr. Vor allem östlich der Tauber kann man geradezu eine Fülle solcher Ausgrabungen verzeichnen; die Kalk- und Keuperhügel des westlichen Tauberufers waren zur Bepflanzung und Bebauung bei den damaligen Werkzeugen nicht so sehr geeignet. Nachforschungen und Grabungen in den vier Keltenschanzen der Umgebung (Schönfeld, Brehmen, Gerichtstetten, Bütthard) deuten diese durch Tausende von Jahren erhalten gebliebenen Befestigungen als Kultstätten und Festspielanlagen eines Werkvolkes, das Handelsbeziehungen bis ans Mittelmeer und an den Nil unterhielt. Ihnen verdanken wir auch den Namen Tauber von »dubra" (Dunkelfluß). Noch heute, wenn man beispielsweise unterhalb Werbachs in dieses enge Tal gelangt, wenn man in der Nähe der Eulschirbenmühle spazierengeht oder von der Gamburg aus das im Sonnenstrahl glänzende Band der Tauber verfolgt, glaubt man das zu fühlen, was die Kelten damals bewogen haben mag, dieses Wasser den »Dunkelfluß" zu nennen. Die Römer unterhielten Handelsstraßen vom Limes in unsere Heimat, um hier günstig Schmuck gegen Nahrungsmittel einzutauschen. Die von Norden und Osten einbrechenden Germanen vertrieben die Kelten, die natürlich jedes Stückchen ihrer Heimat verteidigten. Die vier Viereckschanzen und ihre später dazu erbauten Befestigungsanlagen lassen für unseren Landstrich einen regen und erbitterten Kampf nur erahnen. Der Heidenkessel mag als Versammlungsort und Kultstätte in der ganzen Gegend seine Bedeutung gehabt haben. Der Name des daneben gelegenen Gewanns »Unheimlich" erinnert an die vielen blutigen Opfer, an unschuldig Hingerichtete; die extra in den Opferstein eingehauene Blutrinne beweist, daß tatsächlich Blut in Mengen geronnen sein muß. Der Einzug des Christentums veränderte das Leben der Germanen; die Vermischung der heidnischen Gebräuche mit der damals doch auch barbarisch anmutenden christlichen Religion brachte Missionsschwierigkeiten für die Glaubensboten. Was vorher als Tugend galt: Rache, Vielweiberei, Götzendienst, Menschenopfer, Folter und anderes mehr, war plötzlich verboten. Zwar hat die neue Religion prinzipiell ihr Ziel verfolgt und auch erreicht, aber ganz konnten die Sitten der Heiden doch nicht verbannt werden. Faschingsfeier, Walpurgisnacht, Tierkreiszeichen, Namen der Wochentage, all dies sind heidnische Überreste aus der vorchristlichen Zeit, ein Papst hatte ja auch alle heidnischen Sitten erlaubt, die nicht direkt gegen das Christentum gerichtet waren.
Schon in dieser Zeit erreichten die mit dem Christentum eingedrungenen kulturellen Ideen und Anschauungen eine erste Blütezeit. Bonifatius und Lioba wirkten derart erfolgreich, daß im Frankenland viele Kirchen und Klöster erbaut wurden. Die ältesten Bauwerke der Umgebung sind: Kloster Bischofsheim und Liobakirche. Aus der karolingischen Epoche, die eine Vielzahl von Steinbauten im fränkischen Großreich hervorbrachte, sind nur wenige Beispiele übriggeblieben. Zu nennen ist hier die zwar etwas entfernt gelegene, aber doch sehr bedeutsame Einhardsbasilika in Steinbach bei Michelstadt. Einhard, Schriftsteller und Gelehrter Karls des Großen, erhielt 815 Michelstadt und Seligenstadt von Kaiser Ludwig dem Frommen als Geschenk für seine biographischen Arbeiten über den verstorbenen Reichsgründer. Später, im 11. Jahrhundert, entstanden die Kapellen zu Oberwittighausen und Grünsfeldhausen. Die beiden achteckigen Kapellen wurden wahrscheinlich nach den Vorstellungen und Erinnerungen der heimkehrenden Kreuzritter dem byzantinischen Vorbild entsprechend errichtet.
Doch immer noch beherrschten Stammesfehden und Eroberungskriege das Leben der kampfeslustigen Franken. Zum Schutze der Bevölkerung bildete sich nach und nach der Ritteradel heraus. Als Zeugen dieser Epoche können wir Ritterburgen, die mehr oder weniger gut erhalten auch an der Tauber noch vorhanden sind, nennen. Zeichen dieser Zeit, des Raubrittertums und der Burgfehden sind die Wehrkirchen von Urphar, Dertingen, Eichel und Waldenhausen sowie Burgen und Ruinen von Wertheim, Gamburg, Külsheim, Freudenberg, die Henneburg, außerdem die Stadtmauern mit Toren und Türmen, besonders in Wertheim, Grünsfeld und Lauda. Ein prachtvolles Bauwerk, das Kloster Bronnbach, läßt jene zweite Blüte erahnen, in der die Geistlichkeit, bei uns vornehmlich Klöster und die Bischöfe von Würzburg und Mainz, mittels ihres Reichtums und ihrer Macht prunkvolle und künstlerisch hochstehende und wertvolle Bauten errichteten, oft auf Kosten der Landbevölkerung, die größtenteils aus Leibeigenen bestand. Allerdings verhalf der gute Tauberwein vor dem Bauernkrieg hier zu einem Wohlstand, wie er seitdem nicht erreicht wurde. Urkunden berichten, daß schon um 1100 Wein an das bayerische und sächsische Ausland verkauft wurde. Die Gewannbezeichnung "Ölkuchen", sowie auch der Ölbach machen uns deutlich, welch genußvoller Tropfen doch in Dittwar gewachsen sein muß. Tatsächlich war unsere Gemarkung vor Jahrhunderten bis zu einem Drittel mit Reben bebaut; die vielen tiefen und gewölbten Keller, die noch heute vorhanden sind, beweisen die Bedeutung des damaligen Haupterwerbs der Gemeinde. Noch im letzten Jahrhundert wurde Dittwarer Wein vornehmlich als Meßwein verkauft.
Fährt man durch Niklashausen Richtung Wertheim, so sieht man rechts das Straßenschild "Pfeiferstraße". Jener Pfeiferhannes versammelte im Jahre 1476 erstmals Bauern zu einer Demonstration, welche vor allem gegen Unterdrückung und ungerechte Steuern gerichtet war. Johann Böhm, so war sein richtiger Name, sprach derart besonnen und genehm von der Freiheit der Bauern, Gleichheit aller Menschen, Abschaffung der Obrigkeit, daß bald Zehntausende zu seinen Kundgebungen kamen. Er wollte die Bauern gen Würzburg führen, um den Landes- und Fronherrn, den Fürstbischof, zu bekämpfen. Insgeheim, bei Nacht und Nebel wurde er jedoch auf die Festung geholt trotz Bitten der Pilger, die in Scharen nach Würzburg gekommen waren, verbrannt. In Ballenberg begann dann 1525 der Bauernkrieg; Maßlosigkeit, Führungssorgen und mangelnde Waffenkenntnis ließen den Traum von der Freiheit bald wieder verscheuchen; die Obrigkeit setzte sich durch. Die Vergeltung raffte den gesamten Wohlstand hinweg. Auch Hexengeschichten sind heute als Erzählungen noch sehr geschätzt. Aber dabei kommt nur entfernt die Tragik und die schrecklichen Folgen zum Ausdruck, die in jener Zeit an der Tagesordnung waren.
Die Unsitten, die in der Kirche kursierten, Bestechung, Ausbeutung der Landbevölkerung, vor allem durch die Kirchenfürsten, sowie Verrat an Religion und Kirche, führten zur Reformation. Sie und die Gegenreformation konnten in damaligen Zeiten auf keinen Fall durchgeführt werden, ohne daß das Kriegsbeil ausgegraben wurde. Die kriegerische Auseinandersetzung, die schließlich ganz Europa mit einbezog und drei Jahrzehnte dauerte, stürzte Deutschland, speziell auch unser tauberfränkisches Gebiet, in ein Chaos. Die kulturelle Hochblüte des Mittelalters versank in Schutt und Asche. Die vielen Schwedenkreuze unserer Heimat bezeugen heute noch jene Kriegswirrnisse.
Ein herrlicher Spaziergang, der je nach Rüstigkeit beliebig ausgedehnt werden könnte, führt in ein Waldstück Dittwars, "Gänsestirn" - "Förstlein". Hier inmitten einer undurchdrungenen Stille, jenseits der Hast und des Lärms der Moderne, findet sich das Schwedenkreuz. In dieser Ruhe des dunklen Waldes bedarf es keiner großen Phantasie, um all die Geschehnisse des dreißig Jahre dauernden Völkerkrieges zu vergegenwärtigen. Der tapfere Bauer Leo Weber, der die Schweden vom Dorfe wegführen wollte, wurde hier eingeholt und ermordet. Wie mag wohl Dittwar nach der Brandschatzung dieser wilden Horden ausgesehen haben, welch schreckliche und untragbare Folgen wird dieser überfall nach sich gezogen haben. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besserte sich die Lage der Bauern wieder etwas. Zwar waren diese äußerst anspruchslosen Menschen trotz vieler und mühevoller Arbeit einzig und allein auf das Wetter angewiesen, Kunstdünger gab es nicht, die Geräte waren primitiv. Oft zogen Hungersnöte durchs Land. Aber man behalf sich; Hanf und Flachs, welche man selbst bearbeiten konnte, wurden angebaut, der Grünkern, der "Deutsche Reis", wurde erfunden. Zwar wanderten im 18. Jahrhundert dreißig bekannte Taubertäler Weinhändler in die alte Reichsstadt Frankfurt aus und brachten dort bald mittels ihrer Begabung und Kenntnisse den gesamten Weinhandel unter ihre Kontrolle. Aber nicht jeder war Weinhändler, nicht immer war die Ausbeute der Winzer ausreichend, man besann sich auf Nebenerwerbsquellen.
Eine Erzählung berichtet von einem Pfarrer in Dittwar, der am Neuberg eine Art von Weidenplantage errichten wollte, um so den Bauern zu helfen; diese lehnten den wahrscheinlich ersten Industriegedanken für Dittwar leider ab. Im 19. Jahrhundert entstanden in der Umgebung aufgrund des großen Bauwillens überall Steinbrüche. Am Heidenkessel wurde in dieser Zeit erstmals abgebaut. Leider passierte hierbei das große Mißgeschick, daß man etwa 1864 den keltischen Opferstein sprengte und an der Bahnbrücke bei der Halbigsmühle verarbeitete.
Steht man heute auf dem Kirchenberg, dem Grasberg, oder schaut vom "Kreuz" am Steinbruch auf das Dorf hinunter, es kommt unweigerlich der Gedanke, was wohl die Alten sagen würden, die fünfzig, hundert oder mehr Jahre tot sind, könnten sie das Leben der modernen Zeit bestaunen. Die Vielzahl der neuen Häuser, die in stattlicher Größe unweigerlich große Verschuldung mit sich bringt, die ehemals ans Utopische gegrenzt hätte; der pulsierende und lärmende Verkehr, die neuen landwirtschaftlichen Maschinen und Arbeitsmethoden, der Lebensstandard des Bürgers, das alles ließe so einen Veteranen aus früheren Jahrhunderten nicht mehr aus dem Staunen herauskommen. Der Bau der Autobahn Heilbronn-Würzburg, welche am "Wetterkreuz" über die Dittwarer Gemarkung führt, überschattet alles handwerkliche und berufliche Leben der nächsten Jahre. Die Brücke über das Muckbachtal wird 330 Meter lang sein und 40 Meter über der Talsohle liegen. Einen großen Segen für unsere Bauern bringt die Autobahn jedenfalls: eine klassische Flurbereinigung, ohne die ein rentables Arbeiten gar nicht mehr möglich ist.
Als Randnotiz erwähne ich hier noch das "Sauglück", das die Dittwarer Jäger im Januar dieses Jahres hatten; seit Jahrzehnten konnte man bei der Jagdausbeute keine derart stolze Feststellung machen: Sieben Wildschweine wurden bei einem Trieb erlegt. Die zugelaufenen Schwarzkittel waren im "Neuberg" in eine eingezäunte Pflanzung geraten und konnten dort natürlich nicht mehr entkommen.
INHALTSÜBERSICHT
Vorwort des Bürgermeisters 2
Vorwort 3
1) Frühgeschichte - 7
Vor-, Urgeschichte - Heiden im Taubertal - Kelten-
schanzen Das Christentum erreicht das Frankenland
2. Zwischen den Jahrtausenden. 12
Wohlstand vor dem Bauernkrieg - Der Bauern-
krieg - Hexenwahn - Zehntgesetz - Vor dem großen
Völkerkrieg - Der 30jährige Krieg - Die Türkenkriege
Kriegstruppen im tauberfränkischen Gebiet - Wechsel
der Landesherren
3. Kirchengemeinde 23
Kirchengeschichte Kreuzkapelle
4. Urkunden 28
Heidenkessel - Burg Helle - Schreibweisen - Das ver-
schwundene Dorf - Ortsadel
C) Zeugen der Vergangenheit 35
1. Erzählungen .
Wasserleitung - Dittwarer in Kriegen - Der Schwarze
Tod - Münzen - Landscheider - Schulen auf dem
Land - "Grüne Kääre“ - Neckle - "Neckle's Pfarrer“ -
Letzte Hinrichtung Renommierte Anwesen
2. Sagen 45
Der Feurige - Die vom Teufel Besessenen - Der Jude
zu Lauda - Die schwarze Hofmännin - Mangersgra
ben - Geisterpriester - Der Missionspater von Det-
telbach - Das Wilde Heer - Letzte Räuberbanden -
Schäfer als Wettermacher - Der unheimliche Hund -
Hexengeschichte - Betrug oder Dummheit? - An-
schuldigung und Rache
3. Bildstöcke und Denkmäler 52
4. Flurnamen 55
Nachbetrachtung 60
QUELLENNACHWEIS
Akten im General-Landesarchiv Karlsruhe
Abteilung 229
19554 1830-39 Armensache : "Die Dechant-Rudolph’sche-Armen
fonds-Stiftung von 1000 Gulden"
19555 1766 Bezirksamt Tauberbischofsheim:
Erbschaften
19556 1789-90 Bezirksamt Tauberbischofsheim:
Erbschaften
19557 1797-99 Bezirksamt Tauberbischofsheim : Ver-
waltungs-Sachen
19558 1782-83 Darleihen zum Prozeß mit Bettendorf
19559 1653-1715 Gült und Zins zu Dittwar
19560 1581 Kaufbrief: Ruffina ...
19561 1740-50 Großherzogliches-Badisches Bezirks-
amt : Verwaltungssachen Zwangssa-
chen
19562 1742-46 Kirchenbaulichkeiten
19563 1743-1819 Kirchenkorrespondenz
19564 1743-1803 Kirchenbaulichkeiten
19565 1754-1806 Kirchenbaulichkeiten
19566 1788-97 Pfarrhausbau
19567 1808 Kirchenbaulichkeiten, Pfarrhausbau
19568 1627/1702 Kirchendienste
19569 1658-1742 Kirchendienste
19570 1666 Kirchendienste, Pfarreibestätigung
19571 1703-83 Pfarrkompetenzen
19572 1767-92 Pfarrei Dittwar; Pfarrkompetenzen
Fürstlich-Löwenstein-Wertheim-Ro-
senberg Archiv (Flwra)
1689 Bronnbacher Gült (Extrakt)
1763-1813 Gült, Zins, Handlohn, Besthaupt
Baulastverpflichtungen und Prozeß gegen die
Fürst!. Herrschaft zu Gissigheim wegen des
Pfarrhausbaus
19. Jahrh. Beiträge der Standesherrschaft zu Gemeindebe
dürfnissen Ablösung der Zehntrechte
Fürstlich-Leiningisches-Archiv Amorbach (FLA)
"Kloster Urbar 1395" S. 79a
Dietbur 1400 Rapod Munich lIla Dittwar 1773 XV
Dietwar 1491 VIII Dittwar 1805 XV
Erzbischöfliches Archiv Freiburg
Aus dem alten Ordinariat Mainz bzw. Generalvikariat Aschaffenburg:
1) Die Kirchenvisitation und der Status der Pfarrei 1754, 1790
2) diverse unterschiedliche Akten a. d. 18. und 19. Jahrhundert
Aus der Zeit des Erzbistums Freiburg:
1) Besetzung und Einkommen der Pfarrei 1825-1944
2) Kirchenvisitationen 1889-1944
3) Bauliche Unterhaltungen 1874-1944
4) Gült der Pfarrei 1863-1896
5) Kirchenfonds und dessen Verwaltung 1863-1938
6) Stiftmessen 1850-1944
7) Frühmeßstiftungen 1769-1889
8) Kapelle S. Crucis 1817-1889
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Vorbemerkung
Die hier vorliegende Chronik wurde von Manfred Maninger 1968 verfasst. Das Original ist seit Langem vergriffen.
Im Rahmen seiner Aufgabe, die Geschichte des Ortes zu bewahren, hat der Heimat- und Kulturverein Dittwar e. V. diese Chronik neu herausgegeben.
Aus drucktechnischen Gründen und um eine bessere Lesbarkeit zu ermöglichen wurde die Gestaltung etwas geändert. Der Inhalt ist unverändert.
Heimat-und Kulturverein Dittwar e. V.
Gissigheimer Straße 18
97941 Dittwar
Vorwort des Bürgermeisters
Unsere Gemeinde kann auf eine stolze und bewegte Geschichte zurückblicken. Diese Geschichte soll in der vorliegenden Ortschronik Leben und Gestalt erhalten. 800 Jahre liegt die erste urkundliche Erwähnung unserer Gemeinde zurück, jedoch lassen die vorhandenen Merkmale und Wahrzeichen auf ein weit höheres Alter schließen.
Wenn wir uns mit berechtigtem Stolz an die lange Geschichte der Gemeinde erinnern, dann sollten wir auch die redliche Arbeit und den Bürgersinn früherer Generationen nicht vergessen, welche die Geschicke der Gemeinde in frohen und schwierigen Tagen begleitet haben.
In unserer Zeit ist es doppelt notwendig, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten und unserer Jugend weiterzugeben. Einmal ist der Wert geschichtlicher Tradition und der Beschäftigung mit der Heimatgeschichte unabdingbar. Zum anderen vermögen die Besinnung auf die Vergangenheit und die Erkenntnis ihrer Leistungen und Fehler immer wieder neue Kraft zu spenden zur Meisterung der Gegenwart. Echte Tradition ist nicht ein Traum von der »guten alten Zeit«, sondern ein belebender Ansporn zu neuem Schaffen, zur Erhaltung und Fortentwicklung der großen Werte, welche die Vergangenheit in unsere Hände gelegt hat.
Die Geschichte unserer Gemeinde ist zu allen Zeiten die Geschichte ihrer Bürger. Alles, was unsere Gemeinde geworden ist und was sie geschaffen hat, verdankt sie allein ihren Bürgern mit ihrem lebendigen Bürgersinn.
Wir wollen darauf achten, daß dieser Bürgersinn, von dem die Ortschronik für uns und die nachfolgenden Generationen berichtet, erhalten bleibt als ein gutes und festes Fundament, auf dem die Zukunft unserer Heimatgemeinde ruht. Wir danken dem Autor dieser Chronik, Herrn Manfred Maninger, und allen seinen Mitarbeitern für ihre mühevolle Arbeit zum Gelingen dieses Werkes.
Bürgermeister
Vorwort
Bedenkt man, daß bisher über Dittwars Geschichte noch keine schriftliche Niederlegung vorgenommen wurde, so dürfte die Notwendigkeit dieses Büchleins doch wohl über jeden Zweifel erhaben sein. Die Idee, eine Dorfchronik zu erarbeiten, entstand in mir, als Hauptlehrer Berthold Nunn eine geschichtliche Abhandlung im Rahmen seiner zweiten Dienstprüfung über Dittwar schrieb. Dieses Schriftstück bildete zunächst die Grundlage für meine Bearbeitung. Nach dem "Topographischen Wörterbuch" von Krieger befinden sich Urkunden und Schriften vor allem im Generallandesarchiv Karlsruhe, im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg und im Fürstlich Leiningenschen Archiv Amorbach, die Historisches über unser Dort enthalten. Nachdem ich nun die aufgeführten Institutionen mehrfach besuchte und mir von dort das Material zusammentrug, das ich für die Ortsgeschichte benötigte, konnte die eigentliche Arbeit beginnen. Dabei unterzog ich mich noch eines eingehenden Studiums der Ortsgeschichten, die wir in unserer Umgebung schon haben, was mir half, die Zusammenhänge leichter zu verstehen und zu verdeutlichen.
Natürlich kann ich für dieses Büchlein nicht den Anspruch eines Geschichtswerkes oder gar das Prädikat lückenlos oder erschöpfend erheben. Vielmehr sollte es nur als Anregung zur Beschäftigung mit der Heimatgeschichte angesehen werden. Längst sind die Forschungen damit noch nicht abgeschlossen. Vielleicht beschert uns schon der Bau der Autobahn geschichtliche Funde auf unserer Gemarkung, wie sie in der näheren Umgebung ja so gehäuft vorkommen. Das Geschichtsbuch über Oberlauda beschreibt für Dittwar historische Bodenfunde, aber außer jenen in den Rohrwiesen, die beim Bau der Eisenbahnlinie gemacht wurden, läßt sich nirgends näheres feststellen.
Nun darf ich noch allen, die verständnisvoll und bereitwillig zum Gelingen dieser Schrift beigetragen haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. Dabei sei besonders mein Freund Oswald Maninger genannt, dessen unerschöpflichem Repertoire größtenteils die ausgewählten Sagen entstammen. Bei dieser Gelegenheit darf ich den Archivaren von Karlsruhe, Amorbach und Würzburg für ihre Unterstützung danken. Auch die Gemeindebehörde Dittwars, vor allem unser unermüdlicher Bürgermeister Andreas Schmitt, die mir ohne weiteres die notwendigen Voraussetzungen schufen, seien hier noch erwähnt.
Diese geschichtlichen Niederlegungen sollen vor allem verkümmerndem Geschichtsbewußtsein und dem nach und nach verschwindenden Interesse an Heimat, Volk und Überlieferungen entgegenwirken. Jeder erhält hiermit den unausgesprochenen Auftrag, nach der Vertiefung in diese Materie an ihr zu arbeiten. Möge diese Schrift ihrem Zweck möglichst nahe kommen.
Manfred Maninger / Dezember 1968
A. Allgemeiner Teil
Geographische Lage
Im dichtbesiedelten badischen Frankenland, in einem Seitental des Taubergrabens, liegt das Dörfchen Dittwar. Trotz seines immensen Alters, das der Opferstein am Heidenkessel auf gute 2000 Jahre schätzen läßt, hat es im Laufe seiner Geschichte keinerlei besondere Bedeutung erreicht, was durch das Schattendasein neben der Amts- und Kreisstadt Tauberbischofsheim bedingt ist. Inmitten einer weiten Talsohle, durchzogen von zwei Bächen, die die gesamte Gemarkung entwässern, ringsum von Hügeln begrenzt, liegt der Ort in der Form eines Haufendorfes eingebettet. Der höchste Punkt ist mit 334 Meter Ü. M. an der "Hussenbacher Höhe", der tiefste mit 225 Meter in den "Rohrwiesen " gelegen.
Soziologische Struktur
Das Bild des Dorfes wurde im Laufe der Jahre sehr verändert. Während noch vor dem zweiten Weltkrieg das Dorf typisch landwirtschaftlichen Charakter hatte, arbeiten heute weit über 200 Einwohner, das ist mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung, in Handwerksbetrieben und Fabriken in der Umgebung. Die Landwirtschaft wird oft nebenher betrieben. Dieser Trend vom Bauern zum Arbeiter ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, daß 588 Hektar Ackerfläche in über 9000 Parzellen verteilt sind. Die Arbeit ist dadurch natürlich sehr erschwert; außerdem liegen etwa 80 Prozent der bebauten Fläche auf Hängen, so daß sich der Einsatz von größeren landwirtschaftlichen Maschinen nicht lohnt. Darüber hinaus liegt der durchschnittliche Grundbesitz bei acht Hektar. Die sehr aktuelle Landflucht ist somit also ohne weiteres berechtigt.
In der näheren Umgebung sind zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten geboten, deswegen ist die Zahl der rein bäuerlichen Betriebe auf etwa ein Dutzend zusammengeschmolzen. Der gesamte Rest ist irgendwie nebenberuflich oder als Gelegenheitsarbeiter, eventuell auch halbtags, tätig. Die bevorstehende Flurbereinigung, die durch die über unser Gebiet ziehende Autobahn Würzburg Heilbronn noch beschleunigt durchgeführt wird, läßt für die Zukunft hoffen. Automatisch wird dadurch der Trend vom Klein- zum Großbetrieb gefördert; er wird ein Landwirtschaftssystem zur Folge haben, das auch Krisenzeiten gut überstehen kann.
Kulturelle Einrichtungen
Das Vereinsleben spielt in der dörflichen Kultur die entscheidende Rolle. Der nachweisbar älteste Verein ist der Männergesangverein "Liederkranz", der schon seit 1864 besteht. Im Jahre 1965 konnte er seine 100-Jahr-Feier, die mit einem Heimattreffen der Gemeinde verbunden war, durchführen. Die einjährige Verspätung kam dadurch zustande, daß die einzige vorhandene Urkunde, die den entsprechenden Institutionen beweiskräftig genug war, erst im Herbst 1964 gefunden wurde.
Als zweiten und gleichzeitig größten Kulturträger hat der Ort seinen TSV. Zwar ist momentan Fußball die einzige Sportart, der dort gefrönt wird, aber zeitweilig hatte man auch eine Turnerriege aufgestellt. In den ersten zwanzig Jahren seines Bestehens hatte der Verein noch eine Handballabteilung. An Vereinen, die bald wieder ihre Auflösung bekanntgeben mußten, zählen wir neben dem Krieger- und dem Draisinenverein einen Motorsportclub und eine DLRG Ortsgruppe.
Außer diesen Vereinen ist noch die Freiwillige Feuerwehr erwähnenswert, die sich seit 1962 durch die Entstehung einer Feuerwehrkapelle mit starker Jungmusikergruppe im kulturellen Engagement weit in den Vordergrund schob.
Beachtlich sind auch noch die in den Wintermonaten regelmäßig stattfindenden VHS- Vorträge.
Die Einwohner
Die ältesten Angaben über die Einwohnerzahl, die bis jetzt aufzufinden waren, stammen aus dem Jahre 1668. Damals hatte Dittwar, 80 Herdstätten, 80 Männer, 85 Weiber, 100 Söhne und 92 Töchter"; das sind zusammen 357 Bewohner: 1895 wurden 750 Einwohner, darunter zwölf aktive Priester, gezählt, während es bei der Volkszählung im Jahre 1900 noch 745 waren. Die letzte Volkszählung brachte 1961 die gleiche Zahl.
Außer einigen wenigen Familien, die erst nach dem letzten Krieg zugezogen sind, gehört die gesamte Gemeinde dem römisch-katholischen Glauben an.
Statistik 1961:
Gemarkung: 1038 ha Wiesen 19 ha
Grundstücke: 9265 ha Weinberg: 3 ha
Ackerland: 584 ha weibliche Einwohner 368
Wald: 360 ha männliche Einwohner 377
Ödland: 16 ha Einwohner 745
B. Die Geschichte
DIE GESCHICHTE DITTWARS IN ZAHLEN
1169 Henricus de Luden schenkt sein Castrum Dietebure dem Fürstbischof
zu Würzburg.
1197 Die Einwohner müssen auf Geheiß der Herren von Rineck, Erben
und Nachfahren der de Luden, bedeutende Sachwerte an das Kloster
Gerlachsheim abliefern.
1222 Die Gemeinde wird als selbständige Pfarrei aufgeführt.
1245 Conradus zu Tieteburen wird als erster Ortsadeliger genannt.
1369 Die Burg "Helle" gehört den Münch.
1371 Die Herren von Riedern übernehmen die o. a. Burg.
1560 Das auf der heutigen Dittwarer Gemarkung liegende Dorf Willetz-
heim hat eine eigene Gemarkung.
1581 Kaufbriefabschrift "der Mühlen und des zugehörigen Güterstandes".
1591 Fürstbistum Mainz erlangt die Oberhoheit.
1631 Burg "Helle" wird zertrümmert.
1660 Die mirakulösen Figuren am Kreuzhölzlein werden aufgefunden.
1668 Älteste bekannte Volkszählung.
1803 Der Fürst zu Leiningen erhält unter anderem Dittwar mit Gemarkung
auf Grund des Napoleonischen Entschädigungsvertrages.
1806 Dittwar gehört zu dem neuen Großherzogtum Baden.
1919 Das Großherzogtum wird in das Land Baden umgewandelt.
1952 Die Gründung des Südweststaates Baden- Württemberg löst Baden in
seiner Selbständigkeit auf.
1. FRÜHGESCHICHTE
Vorgeschichte
Der gesamte Taubergau war ehemals ein See. Das beweist die Häufigkeit der Muschelkalkvorkommen. Bei dem Auslauf dieses Sees rissen die Flüsse, die heute zu kleinen Bächen geworden sind, tiefe Gräben und Schluchten in die Ebene. Erosion und Korrosion glichen seither diese Gräben nach und nach teilweise aus. Es ist also eine Folge der Naturvorgänge, daß die ganze Umgebung von kleineren, sanften Bergen übersät ist. Ein sehr bezeichnendes Beispiel jener schroffen Schluchten war der Mangersgraben am Dittwarer Bahnhof, der vor 30 Jahren noch 42 Meter tief war, inzwischen aber nahezu völlig eingeebnet wurde. Auch die Gräben an der Kniebreche und am Lerchenrain, von denen die Überlieferung sagt, daß sie früher bedeutend tiefer gewesen seien, lassen ähnliche Schlüsse zu.
Urgeschichte
In Jahre 3610 nach der Erschaffung der Welt (339 v. Chr.) regierte Romeechte der Große, 11. Erzkönig in "Hochdeutschland". Er erweiterte sein Königreich durch einen Sieg über die Mazedonier unter Alexander Magnus (336-325). Romeechte versammelte sein Heer bei den Herkulessäulen (beim heutigen Mergentheim), um damit gegen die Thüringer und Chatten zu ziehen, die er besiegte.
Die ersten Bewohner unserer Umgebung, die namentlich erwähnt werden, waren die Kelten. Sie lebten etwa zwischen 200 vor bis 350 nach Christus im fränkischen Raum. Beweise dafür sind vor allem die Hügelgräber in 57 Ortschaften unseres Landkreises; Münzen wurden bei Königshofen, Messelhausen, Poppenhausen gefunden, während bei Gerichtstetten, Brehmen und Bütthard Viereckschanzen errichtet wurden. Die Keltenschanze in Brehmen ist heute noch in Überbleibseln zu bestaunen. Sie befindet sich etwa 200 Meter im Wald in Esselbrunner Richtung. Die Anlage besteht aus zwei durch einen Graben getrennten Quadraten, die beide 80 bis 100 Schritte Seitenlänge haben. Die Ecken sind jeweils besonders erhöht, der restliche Wall ist nicht ganz so stark. Etwa 300 Meter weiter im Wald befindet sich dann die Rundschanze mit einem Durchmesser von etwa 30 Schritten. Hier wurden anscheinend die Frauen und Kinder während des Kampfes untergebracht.
Ein Verdienst der Kelten ist die Einführung des zweirädrigen Pfluges in unserer Gegend.
Auch Dittwar gehört zu jenen Dörfern, auf deren Gemarkung vorgeschichtliche Funde gemacht wurden. Außerdem trafen sich ja am Wetterkreuz die beiden Keltenfernstraßen Main-Neckar und Spessart-Hohenlohe. Der Opferstein am Heidenkessel ist wahrscheinlich auch keltischen Ursprungs.
Bevor die Kelten von den von Nordosten einbrechenden Germanen vertrieben wurden, bestanden schon rege Handelsbeziehungen mit den Römern. Die Söldnerheere hatten sogar Außenposten vor dem Limes errichtet, die laufend mit den ansässigen Bauern in Verbindung standen. Ein solcher Außenposten war der Landturm bei Külsheim und auch das Fort "alauda". Die Römer erbauten extra eine Heerstraße, die vom CasteIl Osterburken über Heckfeld, Oberlauda an die Tauber führte, um den Warenaustausch im Tauberland zu ermöglichen.
Der Teutonenstein in Miltenberg ist das älteste Zeugnis mit Schriftzeichen in unserer Gegend, das von Deutschstämmigen geschaffen wurde. Er ist als eine Urkunde, die eine Abmachung über Grenzfestlegungen beinhaltet, anzusehen. Der Wortlaut: Inter Teutones, Cimbros, Ambrones, Harudes, Fundusios; was nur die Namen der Vertragsparteien sind.
Heiden im Taubertal
Die Ureinwohner des Frankenlandes waren wie überall Heiden, die nicht in Tempeln, sondern an freien Plätzen, an besonders auffallenden Felsbrocken, unter riesigen Bäumen ihren Gottheiten opferten. Solche Opfer bestanden ausschließlich in Bluttaten. Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner waren regelmäßige Gaben, während ein Pferd nur bei besonderen Anlässen, wie Bitte um schönes Wetter, Glück für zwei Neuvermählte geopfert wurde. Das Menschenopfer kam auch vor, aber nur bei ganz außergewöhnlichen Anlässen, wozu man eventuell Krieg, Fürstenhochzeit oder Tod eines Königs zählen kann. Eine dieser Opferstätten war der Heidenkessel bei Dittwar.
Als die Glaubensboten kamen, hatten sie mit vielen heidnischen Bräuchen zu kämpfen. Dies beweist ein Verzeichnis solcher Sitten, das während eines Konzils hergestellt wurde. 30 Beschreibungen sind uns erhalten geblieben. Sie geben uns einen markanten Einblick in die damaligen Zustände. Einige davon sind hier genannt:
Nr. 4 "Hüttchen, Götterhüttchen, das waren sehr einfache mit Stroh be-
deckte Hütten, welche die Christen, die noch kurz vorher Heiden
waren, errichteten und in welche sie Götzenbilder stellten."
Nr. 5 "Die Religionsschändung in den Kirchen.
Die heidnischen Gebräuche waren den neu bekehrten Christen der-
art zur Gewohnheit geworden, daß sie auch nach der Bekehrung
oftmals zurückfielen, und daß sie, wie sie es ehemals getan hatten, an
Götzenbildern, ja sogar in Kirchen, Gastmahle abhielten und dazu
tanzten."
Nr. 26 "Der Hase war das heilige Tier der Frühlingsgöttin Ostara; die Ger-
manen töteten ihn deshalb nicht. Daher stammte auch die Annahme,
daß ein quer über den Weg springender Hase Unglück bringe. Die
Göttin hatte den Hasen, der früher ein Vogel gewesen war und des-
halb Eier legen konnte, in ein vierfüßiges Tier verwandelt. In Erinne-
rung an seine früheren Eigenschaften konnte der Osterhase daher
schon immer Eier legen."
Nr. 30"Eine tiefeingewurzelte heidnische Meinung bestand darin, daß Frau-
en den Mond bezaubern konnten und den Menschen die Herzen
wegnehmen konnten. Im 16. Jahrhundert brachte diese Sitte viele
schreckliche Hexenprozesse und Hinrichtungen."
Die Keltischen Schanzen
Links vom Brehmer Weg nach Esselbrunn, bald nachdem der Weg durch den Wald führt, befinden sich die "Brehmer Keltenschanzen ". Die Befestigungsanlage ist noch deutlich erkennbar. Sicherlich sind Palisaden, Verhaue und Türme längst vermodert, aber die Wälle und Gräben sind, wenn auch schon verfallen und verwaschen, noch sichtbar. Die unmittelbar am Weg gelegene größere Viereckschanze besteht aus zwei Quadraten mit etwa 80 Schritten Seitenlänge, die nur durch einen Graben voneinander getrennt sind. Die jeweiligen Innenecken bestehen aus besonders erhöhten Wällen, während die sonstigen Fronten von einem etwa gleich hohen Aufwurf mit davorgelagertem Graben gebildet werden. Etwa 350 Schritte in gleicher Richtung vom Weg befindet sich eine zweite Schanze, bestehend aus einem Rundgraben mit etwa 40 Schritten Durchmesser.
Offensichtlich befindet sich bei Gerichtstetten eine ähnliche Schanze, und eine historische Verbindung ist nicht ausgeschlossen. Die Ausgabe der Heimatblätter "Wartturm" für Februar 1929 beschreibt die Geschichte und eine Schanze von Gerichtstetten. Genauere Untersuchungen des Professors Schuhmacher im Jahre 1836 ergaben, daß diese Anlagen im ersten oder zweiten Jahrhundert n. Chr. errichtet wurden. Man erkennt ein unregelmäßiges Viereck mit den Seitenlängen 111, 123, 130, 131 Meter. Der Wall besteht aus einem Erdaufwurf ohne Steinkern; unten 8 bis 13 Meter, oben 2 Meter breit, 1,60 Meter hoch. Außerhalb der Verschanzung sieht man den Wassergraben. Der Wall ist an drei Stellen unterbrochen (4 bis 5,70 Meter), was auf Tore hindeutet, der Graben ist an diesen Stellen nicht ausgefüllt, also dürfen hier Brücken gewesen sein; in der Nordostecke wurden Grundmauern eines Steinhauses gefunden. Diese 70 Zentimeter starken und 70 bis 80 Zentimeter breiten Mauerreste deuten auf ein Haus hin, das das älteste in Süddeutschland sein dürfte. Der Oberbau bestand aus Lehm, das Dach aus leichtem Baustoff, wie Reisig oder Stroh. Auf der Westseite fand man die Reste eines Holzblockhauses, mit den Seitenlängen 7,50 und 4,20 Meter. In der Abfallschicht sind Abdrücke von Ruten zu erkennen, was auf Lehmfachwerkbau hinweist. Ähnliche Spuren sind auch auf beiden Seiten des Eingangs im Süden zu verzeichnen. Einzelfunde wie Heftnadel (Eisen), Doppelaxt, Speer mit Pfeilspitzen, Messer, deuten auf die Zeit vor Christus hin. Es sind keine römischen Formen vorhanden, auch die Tonscherben sind keltischen Ursprungs. In jener Zeit wohnten Gallier (Kelten) südlich des Mains, daher gilt als sicher, daß sie die Erbauer dieser Schanzen waren.
Bisher sah man in diesen Anlagen Fliehburgen und befestigte Herrensitze der Kelten, doch neuere Forschungen ergaben, daß die Befestigungen erst später an diese Bauten angefügt wurden. Deshalb hält man heute aufgrund der Funde diese Verschanzungen für ehemalige kultische Festspielanlagen.
Auf der Gemarkung der Gemeinde Schönfeld an der bayerischen Grenze befinden sich auch Reste einer solchen „Keltenschanze“.
Das Christentum erreicht das Frankenland
Um das Jahr 865 kam der heilige Kilian mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan in die Main-Tauber-Gegend, um das Evangelium zu predigen. Es kostete unsagbar viel Mühe, den wilden und unbezähmbaren Franken ihre ebenso wilden Götzen zu entreißen, um sie dann dem weltfremden Christentum zu unterjochen. Kilian gelang es, den Fürsten Gosbert, der von König Dagobert als Herzog über Franken und Thüringen befohlen war, zu taufen. Der Herzog lebte mit einer ihm nicht angetrauten Frau, Gailana, zusammen, was ihm von Kilian verboten wurde. Die darüber erboste Gailana ließ ihn dafür umbringen und dann am 8. Juli 689 verscharren. Von bei den Mördern erzählt die Legende, daß sie eines unglückseligen Todes gestorben sind. Der erste Bischof zu Würzburg, der heilige Burkard, ließ die drei Leichen später ausgraben und in der Kirche auf dem Marienberg bestatten. Nach einer alten Überlieferung fand an der Mündung der Brehmbach in die Tauber eine der ersten kilianischen Bekehrungspredigten statt.
Die missionarische Vorarbeit von Kilian und seinen Helfern konnte in diesen Zeiten der Unruhe und des Umbruches ohne weitere Pflege keine besonderen Früchte tragen. Bald waren die letzten Vorsätze vergessen, und die heidnischen Unsitten nahmen wieder überhand. Zum richtigen Zeitpunkt traf der Apostel der Deutschen ein und trug Sorge, damit die Saat nicht ganz verlorenging.
Er war in England geboren und stammte aus einem vornehmen Geschlecht. Im Kloster Nuticelle erhielt er statt seines Namens Winfried den Zwecknamen Bonifatius. Als Missionar betätigte er sich zuerst bei den Friesen. Diese waren aber durch ihren gerade stattfindenden Krieg mit den Franken ohnehin unnahbar, so daß Bonifatius entmutigt heimkehren mußte. Hier wählte man ihn aufgrund seiner vielfältigen Fähigkeiten zum Abt. Später, als ihn das Missionsfieber wieder packte, reiste er nach Rom, um beim Papst die Erlaubnis zu erflehen, wieder in Deutschland wirken zu dürfen. Er zog diesmal zu den Thüringern und Franken, predigte ihnen den Glauben; und siehe da, Tausende Franken und Thüringer ließen sich bekehren. Ein Kloster nach dem anderen entstand, Kapellen und Kirchen wuchsen in großer Anzahl aus dem Boden. Etwa zur selben Zeit kam eine gottbegeisterte Jungfrau in unsere Gegend, die vor allem für das weibliche Geschlecht zuständig sein sollte; es war Lioba. Sie ließ in "Biscovesheim an der Tubera« ein Nonnenkloster errichten. Die beiden Glaubensboten fanden an der Tauber sehr viele Willige. Im Jahre 745 machte Bonifatius Mainz zu seinem bischöflichen Mittelpunkt. Im hohen Alter zog er nochmals zu den rauhbeinigen Friesen, um dort seine Missionsarbeit fortzusetzen. Am Pfingstsonntag sollten die Neugetauften gefirmt werden. Als er bei Sonnenaufgang sein Werk beginnen wollte, kamen statt der Firmlinge Scharen von bewaffneten Heiden und überfielen ihn mit seinen Helfern. Alle Gottesmänner wurden ermordet. Sein Leichnam ist heute in Fulda begraben, wo er noch immer hoch verehrt wird.
Auch Bonifatius war es nicht gelungen, den Aberglauben der Franken ganz zu beseitigen. Noch in den Jahren 1219 und 1310 mußten die Mainzer Bischöfe heidnische Sitten verbieten. Der Papst hatte den Missionaren befohlen, diejenigen Bräuche der Heiden zu belassen, die nicht direkt gegen das Christentum verstießen. Das brachte natürlich automatisch eine Anpassung des Christentums an das Heidentum mit sich. Gegen die Auswüchse mußten die Kleriker noch Jahrhunderte später kämpfen.
2. ZWISCHEN DEN JAHRTAUSENDEN
Wohlstand der Franken vor dem Bauernkrieg
Heute kann man sich nicht die geringste Vorstellung machen, wie das Frankenland vor dem Bauernkrieg in Reichtum und Wohlstand erblüht war. Die wertvollste Quelle dieser guten Zeit war der Weinstock. Wie uns aus alten Urkunden erzählt wird, wurde der Weinbau damals weitaus intensiver betrieben als heute. Der Ertrag war dementsprechend; wem fällt nun nicht das Gedicht von den Schatzgräbern ein.
In Dittwar waren ehemals alle der umliegenden Hänge mit Reben bewachsen.
Der Tauberwein, der sehr bekannt war und vornehmlich als Meßwein verkauft wurde, konnte in riesigen Mengen verschüttet werden. Man hatte manchmal derartig große Ernten, daß man keinesfalls die Ausbeute unterbringen konnte. So wurde in Tauberbischofsheim an Sonn- und Feiertagen auf speziell dafür aufgestellten Tischen Wein nicht nach Maß, sondern nach Trinkzeit angeboten. Wer damals in kurzer Zeit viel schlucken konnte, hatte damit eine sehr günstige Gelegenheit, sich den Leib mit Wein vollaufen zu lassen.
Noch heute wird in Dittwar Wein angebaut, aber da wir keine Winzer haben und die Bauern im Zeitalter der Spezialisierung für ihre Weinberge kaum noch Zeit haben, geht diese Erwerbsquelle mehr und mehr zurück. Die ringsum an allen Hängen angehäuften Steinhalden beweisen die Mühseligkeit der Arbeit. Alljährlich mußte Stein für Stein vom Rebgelände abgelesen werden.
Der Bauer pflegt heute nur noch so viel Wein anzubauen, wie er selbst verbraucht. Von Weinverkäufern, die in Dittwar ihren Wein wachsen lassen, kann deshalb längst nicht mehr gesprochen werden.
Der Bauernkrieg
Die Ursachen des Bauernkrieges sind logischerweise vor allem in der tiefen und unüberwindbaren Kluft zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen zu suchen. Luxus und Reichtum der Stände, Leibeigenschaft, Wucher, Steuern und Fron für den armen Landmann schufen zu große Gegensätze.
Im Jahre 1476 versammelte der Pfeiferhannes von Niklashausen erstmals Bauern zu einer demonstrativen Kundgebung. Zur gleichen Zeit fanden in Rothenburg Aufstände des "klassenlosen Volkes" statt. In Ballenberg scharte der Ochsenwirt Georg Metzler Gleichgesinnte um sich, die mit ihm regelmäßig zu Debatten zusammentrafen.
Mit 4000 Bauern zog Metzler 1525 von Ballenberg in den Schüpfer Grund. Als Banner hatten sie sich einen Schnürschuh an eine lange Stange gehängt. Der Haufen plünderte das Kloster SchönthaI.
Am 2. April 1525 fand "ufrur eenzelner Bürger in L,auden" statt. Die immer größer werdende Bauernschar erreichte von Schäftersheim über Markelsheim das Taubertal. Sie sandten am 7. April ihre 12 Punkte an den Lehensherren, den Würzburger Bischof:
- Die Gemeinde wählt ihren Pfarrer selbst und setzt ihn selbst ab; es darf nur lautere und wahre Predigt ohne menschliche Zusätze gehalten werden.
fertigt.
3. Abschaffung der Leibeigenschaft.
4. Freiheit in Weidwerk und Fischerei.
5. Das gesamte Holz soll der ganzen Gemeinde freigestellt werden.
6. Es dürfen nicht mehr Dienste verlangt werden, als die Vorfahren leisten
mußten.
7. Bei Lehensinhabern dürfen keine anderen Forderungen gestellt werden.
8. Gerechte Gült, Minderung der Gült bei schlechten Ernten.
9. Bestrafungen dürfen nur nach Gesetz und nicht nach Gunst vorgenom
men werden.
10. Ungerechterweise genommenes Land muß zurückerstattet werden.
11. Abschaffung der Todesstrafe. Hilfe für Witwen und Waisen.
12. Sollte einer dieser Punkte gegen das Wort Gottes verstoßen, so wird er
sofort zurückgezogen.
Der Fürstbischof nahm alle zwölf Punkte an, ließ aber die geforderte Übergabe der Festung nicht zu.
Am 2. Juni traf das schwäbische Bundesheer bei Sachsenflur ein. Sofort flüchteten die in Königshofen weilenden Bauernscharen auf den Turmberg. Die Bauernführer entflohen dem, drohenden Unheil, unter ihnen Metzler und Götz von Berlichingen. Es begann also ein schreckliches Morden unter den Zurückgebliebenen im Gehölz bei Sailtheim und Deubach. 4000 Bauern wurden getötet, darunter allein 300 Königshöfer. Zum Strafgericht kam der Bischof selbst nach Lauda. Er verurteilte von den Anwesenden zwei Laudaer, zwei Oberlaudaer, zwei Heckfelder, einen Angeltürner und einen Büttharder Bauern zum Tode. Das gesamte Ergebnis war für die Bauernschaft katastrophal. Keiner der zwölf Punkte wurde angenommen; Tausende Gefallene; Hunderte hingerichtet, Burgen und Dörfer verbrannt, und die Fürsten hatten sich noch mehr gestärkt. Der Bauernaufstand litt vor allem unter der mangelnden Einheitlichkeit, unter unzuverlässiger Führung und unter der Disziplinlosigkeit. Mangelnde Waffenkenntnis und Materialsorgen kamen erst in zweiter Linie.
Hexenwahn
Etwa um 1500 kam in allen europäischen Staaten die Meinung auf, daß Glück und Unglück von gottlosen Menschen, die mit dem Teufel und anderen dunklen Mächten gemeinsame Sache machten, beeinflußt würden. Krankheiten, Feuer, Sturm, Reichtum, Sinnestäuschung, Liebesleiden, Eifersucht führte man auf diesen Umstand zurück. Man glaubte, Hexen seien mit dem Teufel direkt verbunden, weil sie ihm Seele und Seligkeit übergeben hätten, wofür sie von diesem übernatürliche Macht bekämen. Diese Macht mißbrauchten sie, um anderen zu schaden und sich zu bereichern, sich zu verwandeln und ihre sinnliche Lust zu befriedigen. Die meisten Hexen gehörten dem weiblichen Geschlecht an, weil man annahm, daß der Teufel dafür empfänglicher sei. Sie erkannten sich gegenseitig an einem Mal, benutzten eine Salbe, die sie ermächtigte, auf Besen, Gabeln und allerlei Tieren durch die Luft zu reiten. Dabei durften sie das Wort "Jesus" nicht aussprechen, sonst fielen sie sofort auf die Erde herab und brauchten Jahre, bis sie wieder nach Hause kamen. Glockengeläute hemmte ihren Weg. Als Versammlungsorte galten große Steine, Kreuzungen, besondere Bäume und Kirchenplätze. Solche Treffpunkte waren nachweislich die Galgensteige und die Lange Weide bei Lauda, Kirchplätze in Oberlauda und Königshofen und auch der Heidenkessel in Dittwar, der zu jener Zeit Hexenkessel genannt wurde. Bei so einer Zusammenkunft mußten die Hexen ihrem Herrn Rechenschaft ablegen; wer zu wenig Böses angestellt hatte, erhielt Schläge. Anschließend ließ Beelzebub sich anbeten, und ein wildes Gelage begann, welches dann in wüster Ausschweifung und in tollen Orgien endete.
Im Stift Mainz scheinen die Hexenbräuche früher begonnen zu haben als sonst in kirchlichen Gebieten. Ab 1593 geriet der ganze Odenwald, das Bauland und die Main- Tauber- Gegend in wilde Bewegung gegen dieses "teuflische Geschmeiß".
"Der Kurfürst von Mainz, Adam von Blicken, hat seit 1601 mit großem Ernst angefangen, dem abscheulichen Greuel der Zauberei und Hexerei ein Ende zu setzen. Er hat ehrliche Personen, so mit solchem Laster behaftet, mit Feuer strafen und hinrichten lassen."
Im April 1603 wurde in Lauda die Ofenmacherin als Hexe eingesperrt. Sie verweigerte zunächst ein Geständnis, wurde dann aber binnen zehn Wochen Drangsal und Peinigung wieder vorgeführt. Sie bekannte, unter dem Druck der Leiden, daß sie mit der Schultheißin im Gemeindeholz bei Lauda gewesen sei, um Holz zu sammeln. Sie habe dort mit der Schultheißin getanzt, wo ein Mann mit einer Pfeife gespielt habe. Sie habe bereits seit sechs Jahren Gott und allen Heiligen abgeschworen. Sie habe einen Hexentanz in der Langen Weide mitgemacht, wo von Königshofen mehrere Leute anwesend gewesen seien. Danach bekannte sie, daß sie auf Mistgabeln dorthin gefahren sei und auch eine Hexensalbe habe. Dazu habe sie eine ungetaufte Kindsleiche ausgegraben, in ein altes Tuch gewickelt, zu Hause gesotten und von dem Fett sei die Salbe gemacht worden. Am Nachmittag behauptete sie, alles sei nicht wahr und sie habe es nur wegen der Folter gesagt. Niemals hätte sie Gott abgeschworen. Erst auf der Folter berichtete sie weiter. Sie erzählte, der Teufel hätte ihr verboten, zu gestehen. Als sie am 1. Juli wieder vorgeführt wurde, erklärte sie, sie habe alles nur wegen der Schmerzen auf der Folter bekannt. Sogleich wurde sie gebunden und wieder eingespannt. Die Schmerzen waren derartig, daß sie der Kommission jedes Geständnis ablegte, das diese haben wollte. Man brach danach ab, und sie wurde alsbald lebend verbrannt.
Dieser Bericht zeigt, mit welchen Torturen man damals Geständnisse erpreßte; die unschuldigsten Menschen kamen durch Beinschrauben, Leiter und Zug in Hexenruf und wurden mit dem Tode bestraft.
Janssen schreibt in seiner "Geschichte des deutschen Volkes":
"Sodoma und Gomorrha sind ein Kinderspiel gegen die jetzt in Deutschland herrschenden Sitten. Diebstahl, Raub, Mord, Brandstiftung und ruchlose Anschläge auf das allgemeine Wohl nehmen in schrecklichem Maße überhand. Selten hat die Giftmischerei, verbunden mit wüsten abergläubischen Formen, so aufgeblüht, wie in dieser Zeit. Zauberformeln, Beschwörungen, Anrufungen des Teufels, Verträge mit dem Teufel spielten massenhaft in die verbrecherischen Taten hinein, welche unternommen worden waren."
Zehntgesetze aus dem Jahre 1594
Die vollständige Zehntordnung ist nicht mehr vorhanden im Amtsbezirk Tauberbischofsheim. Dafür haben wir aber die aus Lauda und Teile der aus Ballenberg.
Da diese beiden nahezu gleich sind, dürften sie auch in Dittwar gegolten haben; die Zehntscheune ist noch vollständig erhalten und im Besitz der Familie Hönig.
Hier ein Auszug der Laudaer Zehntordnung:
1. Wahl der Zehntschöffen:
Vom Schultheißen sind dem Zehntgrafen vier Männer vorzuschlagen, von
denen dieser einen mit Wissen des Amtsmannes auswählt.
2. Amt, Pflicht und Belohnung des Zehntgrafen: Er bekommt Bann und
Gewalt über Licht, Blut und Gut; er und die Schöffen bekommen die
Hälfte der Bußen.
3. Amt und Pflicht der Schöffen:
Wenn sie nicht verhindert sind, müssen sie gleich kommen, andernfalls sie
anzeigen, dann müssen sie ihr Urteil abgeben nach dem Eid.
4. Schöffeneid:
Der Schöffe gelobt, ohne Rücksicht nur nach Gerechtigkeit sein Amt zu
verwalten, sowie er sich beim geringsten Gerücht verantworten muß.
5. Lohn der Schöffen:
Bei kleinen Strafen unter 5 Gulden ein Halbdrittel.
6. Der Zehntknecht hat zu Gericht zu fordern die Schöffen und die Partei-
en, die Gefangenen einzulegen und zu bewahren.
7. Als Vertreter dürfen auch die Schöffen mit alter Übung gebraucht werden.
8. Vor das gemeine Zehntgericht kommt:
Mord, Diebstahl, Raub, Notzucht, Sünde, Blutschande, Kuppelei, Ehe-
bruch, Gotteslästerung, Befehdung, Brandstiftung, Falschmünzerei. Ver
räterei, Zauberei, Aufruhr, Betrug, freventliche Verrückung von Markstei-
nen, fließende Wunden, Trennung und andere Injurien.
9. Verkündigung des Gerichtstages:
Der Landknecht hat denselben vier Tage zuvor zu verkünden, dann Mis-
setäter aus dem Gefängnis in eine andere Stube, jedoch in Banden und
Ketten, zu bringen und ihn dort zur Buße zu ermahnen; er hat den Pfar-
rer zu benachrichtigen, daß dieser kommt und den Übeltäter vorbereitet.
10. Art der Verkündigung:
Am Anfang, in der Mitte und am Ende des Ortes:
Hört ihr, höret jung und alten
Buß N. wird man Halsgericht halten
zu Lauda über eingefangenen Person
die jene Übeltat gethon.
Zu diesem Rechtstag sollt ihr kommen
und zur Wehr han mitgenommen
Zentho, Zentho, Zentho!
11. Die peinliche Untersuchung und Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.:
Eine gerichtliche Untersuchung wurde in früherer Zeit noch angestellt, wo das Geständnis fehlte, oder es dem Richter nicht ausreichend erschien, hatte er das Recht, das Geständnis durch die Folter zu erzwingen.
12. Arten der Folter:
Das mildeste Mittel, Geständnisse zu erpressen, waren die Daumenschrauben oder Daumenstücke; kleine Pressen, zwischen welchen die Daumen gepreßt wurden. Ärger waren schon die "Spanischen Stiefel" zur Erquetschung von Schienbein und Waden. Noch schrecklicher war der dritte Grad, die sogenannte Leiter, an der durch eine Winde die Arme und Beine ausgezogen und alle Glieder ausgereckt wurden. Der vierte Grad der Folterung war der gespickte Hase, eine hölzerne, mit Pflöcken versehene Walze, die man im Rücken des an der Leiter Aufgezogenen drehte, so daß ihre Pflöcke in das Rückgrat vordrangen.
13. Form der Urteile:
Hatte man die Untersuchung abgehalten, so folgte das Urteil. Der Tod konnte herbeigeführt werden:
a) mit der Kette und Strang am Galgen,
b) mit dem Schwert,
c) mit dem Rad durch Zerstoßung seiner Glieder, daß er folgends dar-
auf gelegt wurde,
d) mit Feuer,
e) mit Wasser,
f) durch lebendig begraben und Pfählen,
g) durch seinen ganzen Leib in vier Stücke geteilt.
Vor dem großen Völkerkrieg
Die Stellung der Bauern im ausgehenden 16. Jahrhundert war schon wohlgeordnet. Es gab neben den völlig Freien, die ihren Grund und Boden selbständig und uneingeschränkt bebauten, die persönlich Freien. Diese hatten ein Lehen zu bewirtschaften und besaßen kein eigenes Land, oder sie hatten eigenen Besitz, mußten aber dafür Abgaben leisten. Die dritte Gruppe hatte nur ein Nutznießerrecht über die ihnen überlassenen Felder. Als letzte und tiefste Schicht sind die Leibeigenen zu nennen. Unter ihnen waren die Ärmsten; meist hatten sie nicht mal genügend zu essen. Sie mußten Frondienst und Abgaben in oft ungerechtfertigter Höhe leisten. Der Fronherr hatte vor allem noch das uneingeschränkte Züchtigungsrecht, deshalb waren diese Minderberechtigten ganz auf Gnad und Verderb dem Fronvogt ausgeliefert. Die Zehntgesetze von Lauda aus dem Jahre 1594, die in Auszügen ja angeführt sind, galten allerdings nur für die Freien. So konnte also der Herr über Leibeigene bei Züchtigungen nicht bestraft werden; sie gehörten ihm ja mit Leib und Leben, wie sein Vieh.
Jeder unfreie Mündige hatte jährlichen Zins zu zahlen. Starb ein Unfreier, so mußte er einen Teil seiner persönlichen Habe seinem Herrn vermachen; dazu mußte der Nachfahre noch das Handlehen leisten. Diese Erhebung beim Tod, die zuerst in Naturalien, später in Gold gefordert wurde, war eine der umstrittensten und natürlich am wenigsten gerechtfertigten Abgaben. Aber die große Anzahl und die immense Höhe der Zinsen sollte den Bauern an seinen niedrigen Stand und an die riesige Kluft zu dem Ausbeutervolk der besitzenden Klasse erinnern.
Zu den bisher genannten Abgaben kommen noch der große und der kleine Zehnt, sowie die Bede- und Geldsteuern; diese waren ursprünglich für die Kriegspflicht und den Heerbann des Landesherrn vorgesehen. Die Bede galt neuerdings als allgemeine Beihilfe. In späterer Zeit kamen, vor allem während des schrecklichen Völkermordens, noch die Reichssteuern hinzu, der sogenannte gemeine Pfennig.
Wenn man die damalige Steuerlast mit der heutigen, besonders beim "kleinen Mann" vergleicht, dabei die Industrierevolution und den Fortschritt auf geistigem und wissenschaftlichem Gebiet mit berücksichtigt, muß man logisch folgern, daß heute der Mensch der unteren Klasse indirekt noch ein Leibeigener ist.
Der 30jährige Krieg
Die Reformation wie auch die Gegenreformation konnten weder im Konzil zu Trient (1545-1563) noch im Augsburger Religionsfrieden (1555) die feindlichen Parteien befriedigen. Mit den faulen Kompromißvorschlägen der Katholiken war man natürlich nicht einverstanden; während die extremen Forderungen der Protestanten selbstverständlich auch nicht angenommen wurden.
Nach den fortlaufenden Versteifungen schlossen sich beide Parteien zusammen, und sie etablierten damit zwei in sich geschlossene, organisierte Lager; die "Liga" der römischen Kirche und die "Union" der Evangelischen. Die protestantischen Reichsstände wären 1630 der kriegerischen Vernichtung nicht mehr entgangen, hätte nicht der Schwedenkönig eingegriffen. Die Liga und das Haus Habsburg verloren gegen Gustav Adolf zwei Schlachten, und der Tod der beiden Heerführer Gustav Adolf und Wallenstein brachte das Ende des Religionskrieges 1635. Jedoch der Krieg ging weiter; Europa bekämpfte die Vormacht Habsburgs. Mit dem Westfälischen Frieden 1648 verlor das Reich seine Vormachtstellung. Ringsum an allen Grenzen erhielten die Siegermächte deutsche Landesteile; Ausländer zogen als Landesherren in den Reichstag nach Regensburg ein. Das Volk ist völlig verarmt, das innerdeutsche Leben liegt ausnahmslos brach.
Im Tauberland hatte die Bevölkerung während des Dreißigjährigen Krieges vor allem unter den Schweden zu leiden. Sie kamen 1630 nach Deutschland und waren bereits ein Jahr später im Taubertal. Sie setzten sich in Bischofsheim fest und bestellten einen Beamtenapparat, der mit der königlich schwedischen Regierung zu Mainz in direkter und reger Verbindung stand. Ihre Regimenter brandschatzten das gesamte Frankenland in schrecklichster Weise. Daraufhin entstand in Bayern, Hessen und Franken fürchterliche Hungersnot. Der protestantische Pfarrer Steuber im hessischen Marburg berichtete über den Dreißigjährigen Krieg am 19. Oktober 1635:
"Es sind in Deutschland zuvor auch Kriege gewesen, aber so schwere wie jetzo nicht. Kein Mensch ist sicher auf der Straß, kein Bauer uffm Feld, niemand in den Dörfern, niemand in den Städten, nicht einmal in Klöstern und Kirchen. Barbarisch geht man mit den Leuten um; man prügelt sie, röstet sie am Feuer und hängt sie im Rauche auf, läßt sie hängen bis sie schwarz werden. Alles damit die Soldaten erfahren, wo irgend etwas an Geld oder Gut vergraben oder verborgen liegt. Zudem haben sie Frauen, Jungfrauen, Eheweiber, Mägdlein von 10, 11 und 12 Jahren in Gegenwart ihrer Eltern, Ehemännern und anderer ehrlicher Leute mißhandelt. Kein Ort war so heilig, daß man dort nicht Raub und Schand trieb. Wie man Dörfer, Schlösser und Städte ausplündert, verheert, versengt und verbrennt hat, das lehrt der Augenschein, so zwar, daß unser edles Vaterland, welches zuvor ein irdisches, wohlbewohntes Paradies gewesen, jetzo ohne Tränen nicht mehr kann durchwandert werden. Deutschland ist so öde gemacht, daß jetzt Städte, worin sechs, sieben und mehr hundert Bürger gelebt, nun von 100, 150 oder 200 Leuten bewohnt werden. Die übrigen Häuser stehen leer, fallen ein oder werden wüst. Auf den Dörfern stehts noch schlimmer, man sieht oft meilenweit keinen Hund, geschweige denn ein Mensch. Unser Geld, Kleider, Speisen, Pferde, Kühe, Ochsen, Ziegen, Gänse usw. sind weg."
Das Schwedenkreuz am Förstlein ist der Beweis dafür, daß selbst Dittwar unter den Schweden zu leiden hatte. Leo Weber pflügte an der Lücke. Plötzlich erschien ein Reitertrupp am Waldesrand. Der Leo hatte Angst um Weib und Kind, spannte sofort seine Pferde aus und ritt mit ihnen los. Um die Verfolger nicht in das Dorf zu führen, ließ er seine Pferde an den Steinigen Ackern den Hang hinauf und in den Wald galoppieren. Er ließ den Heiligen Berg hinter sich und wollte der Gänsestirn entlang Richtung Gissigheim weiter, als ihn die schwedischen Reiter erreichten und erschossen. Wahrscheinlich hat sein Täuschungsmanöver nicht viel genützt, das Dorf haben sie sicher leicht gefunden.
Außer den Schweden zogen auch Tilly und Turenne mit ihren Heerscharen durch das Taubertal. Und da die damaligen Truppen sich nur von der Beute verpflegten, ließen sie überall nur ausgesaugtes Gebiet zurück.
Die Türkenkriege
Die Türken, ein aus Innerasien kommendes Volk, stürmten seit Mitte des 15. Jahrhunderts gegen das Abendland an.
1453 Konstantinopel, 1651 Belgrad, 1683 vor Wien, das waren die Stationen ihres Vordringens. Erst 1716 konnten sie von Prinz Eugen von Savoyen entscheidend geschlagen werden.
In unserer Gegend bezeugen die Türkensteuerverzeichnisse die Kriegslasten, die 1474 auf dem Reichstag zu Augsburg für die kriegerischen Maßnahmen gegen die Eindringlinge erhoben werden mußten. Truppen der Ämter Wertheim und Külsheim wurden nach Wien und damit zum Schutz des christlichen Abendlandes entsandt.
Ein weiteres Zeugnis dieser Türkenplage ist das Rosenkranzfest am 7. Oktober, das 1571 nur für die Kirchen, die einen Rosenkranzaltar hatten, durch Gregor XIII. und 1716 durch Clemens XI. für alle Kirchen eingeführt wurde.
Nach dem Sieg über die Türken wurden vom Reich deutsche Siedler, vornehmlich Franken und Schwaben, nach dem bisherigen türkischen Ungarn, das nun durch die Kriege verödet und verwüstet war, geschickt. Schon bald erstrahlte dort die Landwirtschaft in prächtiger Blüte.
Kriegstruppen im tauberfränkischen Gebiet
Nach den Aufmärschen der Kriegshaufen des Erzkönigs Romeechte im Jahre 339 v. Chr. bei den Herkulessäulen in der Nähe des heutigen Mergentheim, sind die Hunnen die ersten Störenfriede unserer Heimat, die urkundlich genannt werden. Ab 901 zogen sie 50 Jahre lang immer wieder durchs Taubertal, weil hier im ertragreichen, rein landwirtschaftlichen Gebiet die besten Möglichkeiten bestanden, Lebensmittel zu erbeuten. 912 wurden sogar mehrere Burgen von dem Räubervolk zerstört.
Die Judenverfolgungen sind bei uns schon seit dem Jahr 1096 gang und gäbe.
Diese frühe Unsitte hing vor allem mit den Kreuzzügen und der Propaganda dazu zusammen. 1096 wurden in Bischofsheim anonym viele Juden überfallen und getötet.
1663 schickte Louis XIV. seinen Marschall Turenne durch den Taubergrund zur Nahrungsfassung. Die Franzosen zerstörten Dörfer und Burgen, zurück blieb ein Chaos.
Hundert Jahre lang wurden über die großen Fernstraßen an Main und Tauber Truppenmassen von freundlichen und feindlichen Heeren geschleust. 1701 bis 1714 kamen französische, englische, bayerische und kaiserliche Truppen aufgrund des spanischen Erbfolgekrieges vorbei. 1756 bis 1763 zogen preußische, russische und österreichische Soldaten zum Siebenjährigen Krieg und 1778 Österreicher zum Erbfolgekrieg in Bayern durch Franken. 1799 bis 1801 schlugen Franzosen, Russen und Österreicher im Taubertal ihre Quartiere auf. Zum französisch-russischen Krieg mußte Baden sich mit 8000 Mann an der "Grande Armee" beteiligen, darunter 189 Soldaten vom Amtsbezirk Bischofsheim. Nur 145 Badener konnten den großen Krieg lebend überstehen.
Durch die vielen und unaufhörlichen Armeeunterstützungen war das Frankenland völlig ausgesaugt und verarmt. Die natürliche Folge waren jeweils Seuchen, Hunger und Mißstände aller Art.
In modernster Zeit hat sich die Situation dahingehend entscheidend gewandelt, daß in der näheren Umgebung Truppen und Kasernen in rauhen Mengen stationiert sind. Tauberbischofsheim, Külsheim, Hardheim, Walldürn, Mergentheim, Wertheim und Veitshöchheim sind zu Garnisonsstädten geworden. Außerdem ist in Königshofen ein Stahlbeton-Atombunker, in Hardheim eine NikeZeus-Abschußbasis und in Löffelstelzen ein Verwaltungsatombunker. Die Vielzahl der militärischen Niederlassungen in engerer Umgebung lassen für einen zukünftigen Krieg nur Schwärzestes ahnen.
Wechsel der Landesherren
Die längste Zeit seiner nachweisbaren Geschichte gehörte Dittwar den Fürstbischöfen von Mainz und Würzburg. Der Laudaer Graf Henricus hatte im Jahre 1169 sein Castrum Dietebure dem hl. Kilian und damit dem Bistum Würzburg vermacht und wieder als Lehen zurückbekommen. Danach durfte das Kloster Gerlachsheim Abgaben von den Dittwarer Bürgern verlangen, die Burg hatte innerhalb der bischöflichen Oberhoheit verschiedene Herren. Die letzten Lehensherren Dittwars im Würzburger Gebiet war das Haus Leuchtenberg. Die Herzöge von Leuchtenberg, deren gerade Linie Eugen de Beauharnais (Stiefsohn Napoleons 1.), General und Vizekönig von Italien, hervorbrachte, sind ein altes, sich in russischen Großfürsten verwurzelndes Geschlecht.
Die Karte des Frankenlandes im 15. Jahrhundert weist eine erschreckende territoriale Buntscheckigkeit auf. Vornehmlich sind darauf die geistlichen Gebiete von Würzburg und Mainz sowie des Deutschen Ordens und die Grafschaften Wertheim und Rieneck zu erkennen. Die Mainzer Grenzorte waren:
Stadtprozelten, Böttigheim, Oberaltertheim, Kist, Kleinrinderfeld, Ilmspan,
Zimmern, Grünsfeld, Gerlachsheim, Distelhausen, Dittwar, Gissigheim, Schweinberg, Miltenberg und Lohr.
Im Jahre 1591 kam Dittwar zu Kurmainz. Mainz galt als eines der größten Territorien im Mittelalter. Schon 747 hatte Bonifatius die alte Römerstadt zu seinem Sitz in Franken erwählt, und Papst Zacharias erhob Mainz zur Metropole über alle Völker Germaniens. Als erstes Erzbistum war die Diözese Mainz zum weltlichen Kurfürstentum ernannt worden; im Rahmen der Ottonischen Verwaltungsreform wurden geistliche Würdenträger zu Lehensherren des Kaisers. Wie alle Herrscher versuchten nun auch die Bischöfe ihre Ländereien möglichst weit auszudehnen, nicht gerade immer auf gerechtfertigte Weise. Die gleichzeitige Verarmung der Ritterschaft kam ihnen dabei sehr gelegen. Daß es dabei andauernd Grenzverschiebungen gab, liegt auf der Hand.
Der Deutsche Orden tauschte seine fränkischen Gebiete mit Mainz gegen Neckarsulm - die Herren von Rieneck sterben 1560 aus.
Der Reichsdeputationshauptschluß 1803 löst die Fürstbistümer auf. Das Würzburger Gebiet kommt zu Bayern, zwischen Main und Neckar entsteht ein völlig neues Fürstentum: Leiningen, zu welchem nun auch Dittwar gehört. Napoleon hatte mit den geistlichen Gebieten die Fürsten entschädigt, denen er linksrheinische Lande weggenommen hatte.
Noch heute sind auf vielen Gemarkungen der Umgebung Leiningische Güter vorhanden. Der zweite Napoleonische Eingriff gegen die Kleinstaaterei beseitigte dieses neue Fürstentum und die Grafschaft Wertheim zugunsten Badens, womit Baden nun bis an den Main herankommt. Eine Folge dieser Politik war die Abdankung Franz 1. als Kaiser, damit hörte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auf zu bestehen. Weitere Grenzregulierungen 1814 und 1819 schließen bayerische Gebiete östlich der Tauber, die bis dahin Grenze war, an Baden und badische Gebiete nördlich Marktheidenfeld an Bayern an. Im Großherzogtum Baden gehörte Dittwar dem Bezirksamt Tauberbischofsheim an und unterstand damit dem Kreis Mosbach.
Was niemand für möglich hielt, trat ein; es wurde wieder regiert, gerecht, schnell und unbestechlich. Das hatte den kurfürstlichen Verwaltungen gefehlt. Die Schuldenlast der Fürstbischöfe, die sich laufend gesteigert hatte, wurde bis zur Jahrhundertmitte überwunden. Die Fürstbischöfe hatten es zwar verstanden, gut zu leben, dem Landmann für Pomp und Prunk immer mehr Steuern aufzuhalsen und mehr Geld auszugeben als vorhanden war, aber an Schuldentilgung, Verbesserung des Loses der Untertanen oder an Neuerungen auf technischem Gebiet dachten sie nicht im geringsten.
Die Idee von Kaiser Otto 1. dem Großen hatte zunächst gute Erfolge, die geistlichen Würdenträger waren bessere Lehensherren. Im Laufe der Wirrnisse des Mittelalters, der Reformation und des Absolutismus waren aus diesen loyalen Verwaltern unbarmherzige Despoten geworden. Ohne Rücksicht auf ihre geistliche Berufung saugten sie das Volk aus und taten damit Reich und Kirche nur einen äußerst schlechten Dienst.
Infolge der Ablehnung der Kaiserkrone durch den Preußenkönig brach 1849 auch in Baden die Revolution aus. Der geflohene Großherzog rief preußisches Militär zu Hilfe, und bald war die Ruhe wieder hergestellt. Trotz der energisch verfochtenen badischen Eigenstaatlichkeit brachte Friedrich, der badische Landesherr, das erste Hoch auf einen neuen Kaiser aus. Von da an war der Badener zunächst einmal Deutscher und erlitt mit dem deutschen Volk alle Kriegs- und Nachkriegsschrecken. Die Bildung eines Südweststaates, Baden- Württemberg, nach dem zweiten Weltkrieg beweist die aufkommende Neigung zum Föderalismus, trotz energischer Vorstöße stammesbewußter Verbände (z. B. "Altbadener").
3. KIRCHENGEMEINDE
Kirchengeschichte
Seit der Zeit, in der Bonifatius in Deutschland wirkte, gehört die Taubergegend kirchlich zum Bistum Mainz. Das Mainzer Gebiet war anfangs in Archidiakonate aufgeteilt. Jedes davon umfaßte etwa 30 Pfarreien; alle sieben Wochen (später vier) mußten sich die Priester beim Dekan versammeln, um Weisungen entgegenzunehmen.
Die 10 Mainzischen Kapitel (mehrere Kapitel waren jeweils einem Archidiakon unterstellt) waren Mainz, Kassel, Königstein, Bensheim, Gerau, Aschaffenburg Monthat (Gemünden bei Bingen), Rottgau und Taubergau. Häufig wurden in den Kapiteln die heilige Send (Synoden) durchgeführt. Die Erzdiözese Mainz hatte im Mittelalter 22 Archidiakonate. Aschaffenburg war Oberstift, in ihm waren die 3 Landkapitel Taubergau, Rottgau und Monthat mit insgesamt 145 Pfarreien zusammengefaßt. Der Taubergau hatte im Jahre 1344 42 Pfarreien, 59 Frühmessereien und Benefizien.
Die Reformationszeit läßt Mainz 70 Pfarreien verlieren, aber bereits 1611 kommen 9 weitere hinzu im Raume Lohr. Im Jahre 1618 wird das Archidiakonat in 5 Landkapitel neu aufgeteilt; Monthat (18. Pfarr.), Rottgau (20), Miltenberg mit Walldürn (27), Lohr mit Wertheim (18) und Taubergau (23). Das Landkapitel an der Tauber umfaßte die Gemeinden Gamburg, Uissigheim, Eiersheim, Hochhausen, Werbach, Werbachhausen, Poppenhausen, Schönfeld, Rinderfeld, Bischofsheim, Dittwar, Dienstadt, Königheim, Külsheim, Hundheim, Neunkirchen, Altheim, Schlierstadt, Zimmern, Hemsbach, Seckach, Hettingen und Hainstadt.
1627 bestand der Taubergau aus 40 Pfarreien, 3 Vikarien und 45 Frühmessereien mit 88 Priestern (zuvor 104). Wegen zu großer Ausdehnung (Kist bis Lohr und Miltenberg, Seckach bis Schlierstadt) werden 1628 Lohr und 1659 Grünsfeld zu neuen Kapiteln.
1765 besteht der Taubergau aus 20 Gemeinden, 2 Frühmessereien in Bischofsheim und Werbach und 2 Altarbenefizien in Bischofsheim.
1784 kommen Altheim, Hainstadt, Hettingen, Schlier stadt, Seckach zum neu gegründeten Kapitel Walldürn.
1803 wird der Erzbischofstuhl von Mainz nach Regensburg verlegt; das Landkapitel Tauberbischofsheim gehört drei Jahre zum erzbischöflichen Regensburgischen Vikariat Aschaffenburg.
1806 kommt der Taubergau an das Generalvikariat Bruchsal; 1821 an das neue Erzbistum Freiburg.
1827 besteht das Diakonat Bischofsheim aus 16 Pfarreien.
1891 wird die heutige Einteilung in die Kapitel Tauberbischofsheim, Buchen, Lauda, Krautheim und Walldürn festgelegt (1965 wird Krautheim Lauda zugeteilt).
Das Dekanat Tauberbischofsheim hat jetzt 22 Pfarrgemeinden.
Eine Urkunde berichtet, daß in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in der Zeit tiefsten sittlichen und religiösen Niedergangs, in der Zeit des Verrats am Glauben und der Religionskriege, die Katholiken der Orte Schönfeld, GroßrinderfeId, Königheim, Gerchsheim, Gissigheim, Tauberbischofsheim und Dittwar von ihren Pfarrern besonders belobigt werden.
Was die Überschwemmungen und der Brand an Urkunden und Schriften übriggelassen haben, enthält leider nicht viel von Bedeutung. Schon im Jahre 1222 ist Dittwar eine selbständige Pfarrei mit eigener Kirche. Dann klafft eine große Lücke bis 1746, wo am 28. April der Mainzer Vikar die "Deeimatoren zu Dittwar" für schuldig erklärt, einen "Chor pr rate" zu bauen.
1753 bis 1755 wird die heutige Kirche erbaut, weil die alte baufällig war. Es ist bereits die vierte Kirche; die beiden ersten waren aus Holz, die beiden letzten waren Steinbauten.
Die Dorfkirche ist ein stattlicher Putzbau mit Eckquadern und geschweiftem Volutengiebel. An Stelle eines Turmes hat sie über dem Haupteingang einen· Dachreiter. Das Schiff besteht aus einem Raum mit dreiseitigem Chorabschluß und schräggestellten Seitenaltären. Die Ausstattung besteht aus überschwulstigem Barock und besitzt keinen Kunstwert; sie ist aber im großen und ganzen sehr dekorativ. Erst jetzt bei der Renovierung wurde unter dem Chorgestühl ein gotisches Sakramentshäuschen aus rotem Sandstein gefunden, das jetzt durch das Verschwinden des Gestühls im Chor sichtbar ist. Die Deckengemälde wurden übertüncht.
Die Kreuzkapelle
Das bezeichnendste historische Merkmal, das in Dittwar noch vorhanden ist, dürfte wohl die Kapelle sein. Der Name "Kreuzkapelle" entstammt sicherlich den Funden innerhalb der mirakulösen Vorgänge im Jahre 1660. Nach dem Wallfahrtsbüchlein von 1831 hat der Finder der beiden Statuetten zwar das Kreuz, das sich mit den wunderbaren Figuren im Glaskasten auf dem Altar der Kreuzkapelle befindet, selbst hinzugefügt, aber trotzdem ist wahrscheinlich, daß die Benennung auf dieses Kreuzchen zurückgeht.
Eine Möglichkeit wäre auch der Kreuzpartikel, ein Splitter des Leidenskreuzes Christi, der der Pfarrgemeinde aufgrund des Wunders geschenkt wurde, aber das war ja erst viel später. Auf besagtem Kreuzhölzlein also wurde einst unter einem Baum, an dem wunderbarerweise Singstimmen gehört wurden, ohne daß weit und breit eine Menschenseele gewesen war, zwei Holzfiguren ohne künstlerischen Wert gefunden. Am nächsten Tag waren die beiden ohne menschliches Zutun vom Dorf wieder unter demselben Baum zu sehen. Trotz Verschluß in der Kirche und unter Aufsicht des Dekans wiederholte sich das nochmals. Nach der Bestätigung durch den Klerus, der zuerst die Wallfahrt zum Kreuzholz verboten hatte, bauten sich zwei Eremiten eine Hütte an jenen Ort und lebten daselbst in völliger Abgeschiedenheit. Die direkt unterhalb der Kapelle in der Talsohle sich befindende Quelle wurde "Brüdersbrünnle" genannt, weil diese dort ihr Wasser holten. Ein Dittwarer Geistlicher verhalf mit einer größeren Spende zum Bau der ersten Holzkapelle, der bald ein Steinbau folgte, in der Größe der jetzigen Sakristei, die man später zum heutigen Steinbau vervollkommnete. Die Wallfahrt wurde von Jahr zu Jahr bekannter, und die Pilger kamen bald auch aus ferneren Orten. Eine Viehseuche ließ im 18. Jahrhundert nahezu ganz Bischofsheim nach Dittwar ziehen. Oft wird erzählt, daß früher viele Leute mit besonderem Anliegen auf den Knien den langen und sehr steinigen Weg hinaufgerutscht sind. Da der Weg zur Kapelle auf den Schritt genauso lang ist, wie der Leidensweg des Heilands in Jerusalem, ließ man etwa 1820 vierzehn Stationen errichten, die 1866 zu den heutigen vierzehn Kapellchen vervollständigt werden konnten.
Die künstlerisch wertlose Plastik "Ruh' Christi" neben dem Kreuzweg vor Beginn des "Kapellenwaldes" wurde 1728 von einem Bischofsheimer Spitalverwalter aufgestellt, womit sich dieser besondere Gnade erhoffte.
Die erste Kapelle stand schon, als 1713 die ersten Eremiten kamen. Der erste Steinbau entspricht etwa der heutigen Sakristei; der oberhalb der Kreuzkapelle gelegene "Kalvarienberg" war ursprünglich Behausung der Einsiedler, wurde aber von einem Freiherrn Bettendorff zu Gissigheim zu einem Kapellchen umgebaut. Die Lourdes-Grotte, 60 Schritte hinter der Kapelle, wurde in den 90er Jahren errichtet und später vergrößert. Sie besteht aus Travertinbrocken vom Heidenkessel, und man kann an ihr deutlich das Zusammenwachsen der einzelnen Steine feststellen. Ober dem Eingang zur heutigen Sakristei der Kapelle ist u. a. ein Reiterstiefel abgebildet. Ein Dittwarer, der während eines Krieges in der Schweiz ein Bein verloren hatte und dann dort Steinmetz wurde, brachte nach seiner Heimkehr zum Dank dieses Bildnis an.
Das Kreuzhölzlein, etwa eine halbe Stunde vom Ort, auf einer waldigen Anhöhe gelegen, ist ein von der ganzen Umgebung vielbesuchter Wallfahrtsort. Jedes Jahr an Kreuzauffindung und Kreuzerhöhung zieht eine große Prozession mit Musikkapelle und Kirchenchor zu diesem herrlichen Waldgebiet. Über die Entstehung berichtete das Wallfahrtsbüchlein aus dem Jahre 1831:
Von dem Ursprung der miraculösen CapelIen auf dem sogenannten Creutzhölzlein oberhalb Dittwar!
"Eine halbe Viertelstund von obgedachtem Dorf Dittwar ist auf einer angenehmen Höhe ein Wäldlein, so von ohnerdenklichen Zeiten das Creutzhölzlein benambt worden, auf welchem man über Manns Gedenken, auch erst vor etlichen Jahren noch, zu gewissen Zeiten ein großes Getümmel und Krachen, ja mehrmalen bey heiterem Himmel einem starken Gewitter, Donner und Hagel nicht ohngleich, ebenfalls wurden alle Stein zusammengeworfen, mit vieler Verwunder- und Erstaunung wahrgenommen, wo selbsten in dem 1660. Jahr von der gehörlosen Tochter, Veit Kranken, Nahmens Anna, zwey Bildlein, eines der Mutter Gottes, das andere des Hl. Apostels Joannis, allsselbe Laubholz gemacht, unter einer Eichen in einem Ritz oder Loch gefunden, mit Ehrerbietung geküsset, und wieder an Orth gelegt, darauf ihrem Bruder J acob selbe gezeigt, welcher diese Bildlein, nachdem er zuvor seinen Namen in den Baum eingeschnitten, nachher nach Haus getragen, ein Altärlein aufgebauet und ein Cruzifix zwischen selbe gestellt, ein viertel Jahr hernach aber Hanns Webern, dem sogenannten Bauern-Hannß, wieder in den Wald getragen - in obbemelte Eichen samt dem Cruzifix verwahrt - und ein Anfang der Verehrung gemacht worden.
Als aber dieses dem damaligen Herrn Dechant und Stadt-Pfarrn Helfferich zu Bischofsheim zu Ohren gekommen, hat derselbe unter Strafe befohlen, nicht mehr zu Verehrung dieser Bilder in gedachten Wald zu gehen, so gar durch die Heiligen-Pfleger solche aus dem Baum nehmen- und in die Kirchen herunter bringen lassen, ja, daß sie zum zweyten Mahl ohn menschlich Hülf aus der Kirchen wieder in den Wald in ihr vorigen Orth kommen, hat der Herr Dechant wieder selbe selbsten abgeholt und hinter den hohen Altar in ein mit einem eisernen Gitter versehene Loch verschlossen, so gar al sich diese auch herausund sofort wieder in den Eichbaum des Waids begeben.
Um von den Vermuten nach ein mehrere Prob zu haben von der Sach, den Baum umhauen lassen wollen, als aber derselbe gesehen, daß nach beygebrachten etlichen Hieben zwey Beiler darüberentzwey gesprungen, hat er nicht allein davon abzusetzen befohlen, sondern auch erlaubt, daß jeder nach Belieben seine Zuflucht dahin nehmen könne, zumahlen da unterschiedliche sichtbare und bewährte Mirakulen an Lahmen, Krummen, Tollsinnigen, an Ketten Gelegenen, auch mit anderen unheilbaren Leibs-Schäden an Augen, Füß und Händen usw. daselbsten geschehen, wie die vorhandene viele Krücken und aufgemachte Gelübd- Tafeln offenbare Zeugen seynd.
Worauf Herr Abt und Prälat Gottfried, des Heil. Prämonstratenser Ordens zu Zell, als in dem Orth Dittwar gebürtig, eine geringe Capell aufgerichte, welche durch den Anna 1713. dahin zu wohnen gekommenen frommen Eremiten, Bruder Christoph Neuberth, aus seinen eigenen Mitteln, theilte mit Beyhülf anderer Gutthäter vergrössert und gantz neu erbauet, ob vorgemelde zwey Bildleinnebst einem Crueufix in einem glässern Kästlein verwahrt auf. den hohen Altar gestellt, auch von Ihro Hochfürstlichen Gnaden zu Fulda ein wahrhafter Partieul des Hl. Creutz, an welchem Christus Jesus sein bitteres Leiden vollbracht, unter dero gnädigsten Hand und Insiegel diesem Kirchlein und allen dahin wallfahrenden Christgläubigen Zum Trost verehrt worden, wie dann auch bey erfolgter größerer Andacht Ihro Päpstlichen Heiligkeit Clemens der Elfte, allen die diese Capell andächtig besuchen, beichten, eommunieieren, oder für das allgemeine Anliegen der Christenheit beten, auf das Fest Creutz-Erhöhung 7. Jahr und so viel Quadratgen dann nach allen Freytagen in Wochen 100 Tag Ablaß gnädigst verliehen.
Nebst diesem haben auch Seine Hochwürden Gnaden Herr Baron eon Cloth zu S. Michael zu gedachten Fulda dieses Kirchlein gezieret und beehret, oder zur andächtigen ausstellung Anno 1718 dahin abgeben viele Heilige authentische Reliquien als S. Laurentii, M. S. Sebastiani, M. S. Firmi, M. S. Kiliani Epse., M. S. Christophori, M. S. Viti, M. S. Bonifaeii Arch. Epse., M. S. Eustachii, M. S. Valentii Ep., M. S. Vitalis, M. Filii, S. Felieitaris, S. Sturmii primi Abbatis Fuldenses & Conf., S. Ruperti Conf., S. Kilarii Sp. Conf., S. Liobae Virg., S. Barbare V., M. S. Ursulare V., M. S. Cordulae V., M. S. Cunegundie V., S. Elisabethae.
Weilen nun vom Dorf Dittwar bis in diese Heil. Creutzeapell so in der höh des Waldes neben einer Einsiedlerey sehr angenehm gelegen, der nach gemeiner Ausrechnung auf 1361.
Schritt sich belauffent schmertzhafte Weg heraus kommen thut, welchen zu Jerusalem Jesus Christus nach ausgestandener Marter und angehört unschuldigen Todts-Urteil von Richthaus Pilati mit einer dörnernen Cron auf dem Haupt und mit dem allerschweren Creutz beladen, bis auf den Berg Calvariae, also haben aus sonderbahrer Andacht zu dem bittern Leyden und Sterben unseres gebenedeyten Heylands und dessen schmertzlichen Creutzwegs unterschiedliche andächtige Seelen, alle darzu gehörige Stationen und Bildnissen in 14 Capellen, besondern die 12te Station und den Calvari Baerg und Creutzigung in grösserer Form mit einem Altar auferbauen und beweglich verfertigen lassen."
In der modernen Zeit hat die "Wallfahrt" nach Dittwar an Bedeutung erheblich eingebüßt. Heute sind an Kreuzauffindung und an Kreuzerhöhung noch immer die gesamte Gemeinde, wie auch alle Dittwarer, die in der Umgebung wohnen, an dem wunderbar inmitten der Stille des Waldes gelegenen Ort; allsonntäglich pilgert bei schönem Wetter eine stattliche Zahl von Gläubigen zum "Kreuzhölzle". Trotz alledem hat die Begeisterung im Wandel der Zeit schwer nachgelassen. Entstand diese Wallfahrt, wie fast alle, im fanatischen Übereifer der Nachreformation, so scheint sie heute im Zeitalter der aufgeklärten und materiellen Jugend zu verschwinden. Vielleicht liegt es daran, daß eben Leute am Werk waren, die nicht geschäftstüchtig genug waren, oder die die Zeichen der Zeit verkannt haben.
4. URKUNDEN
a) "Schenkung des Grafen Heinrich von Luden an das Hochstift in Würzburg"
In nomine sancte et individue trinitatis.: Heroldvs, dei gratia Wirzburgensium humilis minister. Benedictus deus, qui non amovit / / orationem nos tram et misericordiam suam a nobis per nostre parvitatis dignanter ordinando ministeria, ut aliqua ecclesia nostre conferret solatii refrigeria // super imminente sibi iam diu sue necessitatis miseria. Collata utique ecclesie nostri laboris diligentia comite litteris digna duximus annotari digne / / censentes ea nostre auctoritatis suffragio corroboranda conservari. Unde not um esse volumus universitati tam presentium quam subsequentium Christi fidelium, quod quidam nobilis homo Heinricus de Luden sue et parentum suorum prospiciens saluti sua interesse estimavit, ut sibi eligeret saniores sue hereditatis successores, deum scilicet et sanctos eius, felici sibi commercaturus mercimonio, quod fe1icius duplicatum perenni possideret patrimonio. Communicato itaque suorum consilio et totius conventus, tam clericorum quam laicorum, unanimi consensu predia sua, partem videlicet suam castri illius Luden et cast rum illud Dietebure cum hominibus et illorum prediis ubi: unque sitis et omnibus appendiciis et tercia parte capelle in Mergentheim, super re1iquias preciosi martiris Kiliani deo et sancte Marie et sancto Kiliano devotus obtulit et legitime delegata nullo contradicente contradidit, salva et concessa optima ministerialium iusticia hominibus militaribus ad officium pincerne contraditis, ceteris iuxta sue tenorem condicionis, ita tamen, quod nulli umquam advocato obnoxii teneantur ad devitandas nimias advocatorum axactiones nec ulli umquam nisi deo et sancte Marie et sancto Kiliano et nobis et nostro successori servire compellantur. Quo facto prenominata bona sibi ad untendum usque ad termin um vi te sue tantum remisimus et iure beneficii quinque talenta Wirzeburgensis monete annuatim in festo sancti Martini ei persolvenda concessimus de curia nostra Fricchenhusen, ita quod data nobis ve1 sucessori nostro quandocumque temporis oportunitate beneficium illud sibi aliunde restaurabimus aut quoquo modo conventionis empticie aput eum commutabimus. Quod ea lege fecimus, ut nihil predictorum bonorum venedere, donare aut quoquo modo alienare vel ad aliquas personas sibis iure hereditario transmittere Ieeeat. Pro cuius donationis robore in perpetuum valituro presentis scripti paginam sigilli nostri impressione, ut infra patet, signatam et idoneis testibus corrboratam si quis in poster um arte vel alicuius ingenii dolo infringere vel infirmare attemptaverit, auctortate beati Petri et nostro auctoritate anathema sit maranatha. Testes: Richolfus maior prepositus, Perseus decanus, Reinhardus prepositus Novi Monasterii, Heinricus prepositus de Onodesbah (Ansbach), Wernherus prepositus sancti Iohannis (Stift Haug zu Würzburg), Bertoldus prepositus sancte Marie in Moguntia, Albertus custos, Gotefridus cantor, Cvnradus de Froburg, Gothefridus de Cruthein, Cvnradus cellerarius, Weze10 portenarius, Heinricus Vachardus, Sigefridus de Muleburg et alii quam plures. Laici: Erlebolt et frater suus Trageboto de Crantse (Krensheim), Cvnradus de Scheiuelt (Schönfeld), Gotefridus de Scheiuelt, Erchenbertus de Argersheim (Egersheim), Otto de Ezzelnhusen, Albero de Cottenhein, Walter de Niwenburg, Wasmut et frater suus Albero de Nivsaz, Arnoldus de Geggenhein, Adelhoh de Birkeneuelt, Ministeriales: Boto de Foro, Iringus de Zabelstein (Burgruine bei Geroldshofen), Billungus et Heinricus sculteti, Billungus vicedoni.inus, Heroldus camerarius, Goteboldus Linko. Acta anno domini ce incarnationis MO. Co. LXVIIIIo., indictione 11 a "regnante gloriosissimo Romanorum imperatore Friderico, Boppone urbano comite existente.
b) Übersetzung der Urkunde von 1169:
Ein gewisser Adeliger namens Heinricus von Luden bot seinen Besitz, seinen Anteil an der Burg Oberlauda, die Burg Dietebure mit seinen Einwohnern und allen zugehörigen Gütern samt einem Dritteil an der Kapelle zu Mergentheim (" woselbst damals eine sehr besuchte Kirchfahrth zu dem wundertätigen, noch heute zu Tage in der dortigen Pfarrkirche befindlichen Marienbilde bestand"), dem hl. Kilian (d. h. dem Hochstift Würzburg) an; jedoch erhielt er es zu lebenslänglichen Nießbrauch zurück ...
e) Urkunde vom 20. Januar 1376:
"Albrecht Steynmann, Edelknecht zu Luden, übergibt seinen Hof zu Heckfeld, Zinse von Ackern zu Dyetbur, der Zehndlin Ernbrunnen und von Meringer gekauften Mltr. (Malter) Korngült zu Taubach (wahrscheinlich Dainbach) den Edelknechten, Fritz, Conz, Dietrich, Marquard und Berthold von Düren (Walldürn) zu rechtem Eigentum."
d) Würzburg Liber omissorum 78-1502
Seite VII Diptwar Grünsfeldische Zins und Gülth daselbsten.
Diptwar Zins und gülthe
Item ]örg Brotberth: Von einem Lehen zu Dorff.
Item ]örg Brotberth und Claus Weber: ein Vaßnachthun von einem gult, gibt
jörg Brotberth dem Sechßthail anno
Item Hans Gerbart: Vaßnachthüner und Somerhüner von einem Lehen.
Item Hans Mayr: ein Vaßnachthun von einem Hauß und Lehen.
Item Hans Reichlein: ein Vaßnachthun von dem Andernthail des abgewert Hauß und Lehen.
Korngülte und Habern zu Diptwar Jerlich Zugeben.
Item Claus Weber und ]org Brotberth 1 Mltr ein metzen Korns und ein Mtlr und einige Becher Habern von den guth do sie Zins geben, wie abstehet.
Item Jorg Brotberth einige metzen Korns von zwayen Lehen.
Item Michel Wertwein 7 Becher Habem von einem thail ains Lehens.
Item Cuntz Müller 1 Mltr Habern von einem Lehen.
Item Adam Weber einige Becher Habern Zu gülte von einem Lehen.
Item Hans Reichlein 1 Mltr Habern von einem Lehen, danen Heintz Mülich von dem andem thail stück gibt zu Zinß.
e) Kaufbriefabschrift von 1581:
"Ruffina, Horneckin von Hornberg, geb. Hundtin von Wenkheimb, Großfrau des Melchior Homeck von Hornburg zu Beckstein, verkauft ihr Holtz zur Langen Wiesen, anstoßend innen an Alexander von Rüdem, außen und oben an des Gemeinen ze Bursch Mohr, meine lande Buckelwiesen zu Dittwar, die eine der Mühlwiesen genannt, die andere im Brichell geheißen, mehr das Holtz im Eisgrund genannt, anstoßend gegen Dittwar, dehn dem rüsternen ortobgedachten Alexander von Rüdem, mehr mein Ziel meines Freunds zu Dittwar: ein Gulden oder 36 Pfennig ist Zins der Mühlen zu Dittwar."
f) Urkunde über den Prozeß von 1782:
"Der Gemeinde Dittwar, des Amts Tauberbischofsheim, wird die Aufnahme von 220 Gulden zur Bestreitung der mit Freiherrn von Bettendorff, zu Gissigheim, gehabten Prozesskosten, gestattet."
"Die Gemeinde beschwert sich wegen einer von Freiherr von Bettendorff eigenmächtig satzungsfrei gemachten Wiesen.
Polizei zum Land:
Erlaubnis für Gemeinheiten, Geld aufnehmen zu dürfen."
g) Dittwarer Armenfonds:
16. Oktober 1830
"Lorenz Rudolph, Dechant des Lohrer Landkapitels und Pfarrer in Heimbuchental und der verstorbene Dechant vom Landkapitel Aschaffenburg und Pfarrer in Elsenfeld Augustin Rudolph senden 1000 Gulden als örtliche Obligation, mit deren Zinsen von 4 1/2 % die Armen jeden Alters unterstützt werden sollen; Pfarrer in Dittwar J. V. Wind hat Oberaufsicht über diesen Fond."
27. Oktober 1830
"Dekanat Tauberbischofsheim zu Wenkheim erteilt Genehmigung für Errichtung einer Armenanstalt in Dittwar."
5. ALT-DITTWAR
Heidenkessel
Das "Haadekessele" ist für die Geschichte Dittwars von unbeschreiblichem Wert. Wäre der Opferstein noch vorhanden, aus unserem Dorf könnte in Verbindung mit dem Wunder auf dem Kreuzhölzle ein Anziehungspunkt werden, wie er weit und breit nicht zu finden ist. Wo gibt es das schon, ein Opferkessel der heidnischen Kelten, dazu noch bestehend aus ewig haltendem Travertin? Leider wurde er zum Bau der Taubertal-Bahn an der Eisenbahnbrücke an der Mühle Halbig gesprengt. Auf dem Hügel, der heute Heidenkessel heißt und etwa ein Kilometer unterhalb des Ortes liegt, befand sich in der Zeit keltischer Besiedlung des tauberfränkischen Gebietes eine Kultstätte. Hier versammelten sich die Bewohner der ganzen Umgebung an ihren Festtagen, um ihren Gottheiten zu opfern. Die blutigen Opfer bestanden aus Tieren aller Art, bei besonderen Anlässen auch aus Menschen. Diese Opfertage waren gleichzeitig Beratungs- und Gerichtstage. Nach der kultischen Feier wurde für den vergangenen Zeitraum Recht gesprochen, und dann wurden wirtschaftliche, politische und militärische Probleme unter den Fürsten erörtert. Es ist anzunehmen, daß in der näheren Umgebung auch Grabstätten zu finden sind. Ein historisches Buch berichtet unbestimmt von vorgeschichtlichen Funden auf Dittwarer Gemarkung, aber sonst ist nichts zu finden, außer dem Treffpunkt der alten Keltenfernstraßen am Wetterkreuz. Der Flur "Unheimlich", gelegen hinter dem Heidenkessel, soll der Ort sein, an dem die Opfer getötet wurden; "Hain" läßt auf eine Fortführung der Kultstätte unter den Germanen schließen, die ja bekanntlich an Hainen ihr "Thing" abhielten .
Bevor Dittwar im Jahr 1222 selbständige Pfarrei wurde, war der Heidenkessel schon bewohnt; denn die Dittwarer pilgerten an den Kirchenfesten nach Bischofsheim und wurden am Heidenkessel von dort wohnenden Heiden mit Dreck beworfen. Vielleicht stehen diese Bewohner mit dem verschwundenen Dorf Willetzheim im Zusammenhang.
Im 15. und 16. Jahrhundert, als in ganz Europa der Aberglaube seine höchste Blüte erlebte und der Hexenwahn seinen Höhepunkt hatte, galt auch der Heidenkessel, damals auch Hexenkessel genannt, als Versammlungsort der Hexen des ganzen Bezirks. Bei solchen Zusammenkünften, bei denen auch der Teufel anwesend war, mußten diese ihrem Herrn und Meister Rechenschaft über die ihnen auferlegten bösen Taten ablegen. Die ganze Versammlung wurde dann mit einer wüsten Orgie abgeschlossen.
In den letzten hundert Jahren legte man am Heidenkessel einen Steinbruch an, vor allem wegen des Vorhandenseins des geschätzten und weit und breit gesuchten Travertinsteins. Die Nachfrage nach diesem Stein ist so groß, weil er relativ sehr haltbar ist. Zum Bau des Reichsparteitagsgebäudes in Nürnberg und des Rathauses in Rio de Janeiro wurde bekanntlich vom Heidenkessel Travertin geliefert. Die Bahnlinie Bischofsheim - Dittwar - Königheim wurde vornehmlich wegen dieses Steinbruchs 1912 bis 1914 erbaut. Man stelle sich die mühevolle Arbeit heute vor. Mit Pferdefuhrwerken wurde Brocken um Brocken vom Heidenkessel herunter zum Bahnhof befördert und verladen. Wie oft wohl der Pferdekarren den Hang hinunterkullerte, und wie oft die Holzräder oder die Achsen zerbrachen, kann man nur erahnen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde nochmals kurze Zeit im Bruch gearbeitet, aber der riesige Abraum ließ den Betrieb eingehen. Heute kann man fast in jedem Ziergärtchen vor den neuen Häusern des Dorfes Steine vom Heidenkessel sehen.
Über die Beschaffenheit des ehemaligen Heidenkessels ist uns nur wenig überliefert. Fälschlicherweise wurde bisher von diesem Opferstein immer behauptet, daß er die Gestalt eines Altars gehabt hätte. Sicherer und entsprechend meiner Forschungen erscheint jedoch die Tatsache, daß der Kessel mit dem Fels unter dem gesamten Hügel zusammengehörte. Es wird berichtet, daß der eigentliche "Kessel", in dem geopfert wurde, eine kleinere Vertiefung in diesem ungeheuren Brocken war. Die "Blutrinne", die das Opferblut abfließen ließ, dürfte wohl in den Fels gemeißelt gewesen sein. In der Mitte des letzten Jahrhunderts gehörte die ganze Oberfläche dieses Buckels noch zu jeweiligen umliegenden Äckern. Es wurde dort aber nichts angebaut, da über dem Gestein nur wenige Zentimeter Boden waren. In einem der angrenzenden Grundstücke überragte seit Generationen ein Stein etwa 30 Zentimeter die Erdoberfläche. Man glaubte, dies sei ein ehemaliger Grenzstein. Also wurde eines Tages versucht, dieses lästige Hindernis zu beseitigen. Man grub mit mehreren Leuten einen ganzen Tag herum und konnte schließlich nur feststellen, daß der Stein der obere Abschluß des Felsens war.
Früher hing dieser Fels oberhalb des jetzigen Weges zum Bruch sogar über die Straße. Man sprengte in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts allerdings auch diesen Stein und zerstörte damit auch dieses monumentale und sicherlich eindrucksvolle Bild.
Die Burg Helle ("Bekelle")
Der Name "Bekelle" könnte allerdings auch von "Burg" und "elend" herstammen, wie z. B. in Bischofsheim "Hachmarshellen"; "Helle" = mittelhochdeutsch hele, haele = Vergänglichkeit. Also kann der Flurname ohne weiteres auch auf die Zerstörung der Burg oder auf das Ende der Herrschaft des Burgherrn hindeuten; nicht nur auf den Namen der Burg.
Auf dem Berg links der Straße zum Hof Steinbach befand sich einstens die Burg. Anzunehmen ist, daß die äußere Burgmauer gegen Westen und Süden der obersten Weinbergsmauer entspricht. Historisch ist bekannt, daß "Helle" im Jahr 1169 samt Einwohnern und umliegenden Gütern vom Eigentümer Henricus de Luden an das Bistum Würzburg verschenkt wurde. 1371 gerät sie in den Besitz der Herren von Riedern, dann gehört sie Herda v.on Demmeneck. Nach einer Urkunde wurde sie 1369 von den Herren Münch, 1371 von den Herren von Hund bewohnt. Ab 1631 waren nur noch Trümmer zu finden.
Eine Sage berichtet, daß dann beim Bau des Steinbacher Hofes die Steine der Burg verwendet wurden. Ebenso entsinnt man sich in einer Überlieferung, daß von "Helle" aus drei Stollen weggingen. Einer zum Heidenkessel, dieser soll an dem Sinkloch gegenüber der Hochspannungsstation Dittwar-Dittigheim-Hof Steinbach geendet haben. Der zweite soll Richtung Ort sein und einer Richtung Wetterkreuz am Hof geendet haben. Der Ortsadel wohnte allerdings in einer anderen Burg, die amtlich im 13. Jahrhundert genannt wird. Vielleicht bestehen hier Zusammenhänge zu der Burg auf dem Ballersberg, die in verschiedenen Sagen erwähnt wird.
Die Schreibweisen des Ortsnamens
1168 Dietebure 1369 Dietebur
1222 Ditebure 1376 Dietbuer
1245 Diethibur 1390 Dietpur
1297 Diethebur 1395 Dithware
1355 Dydgebuir 1454 Ditbar
1361 Dyetbar 1502 Diptwar
Der Name entstammt dem fränkischen Wort "bur" für Haus und dem Namen des fränkischen Heiligen "Dioto"; also Dittwar = Wohnung des Dioto.
Das verschwundene Dorf
Das sagenumwobene Dorf Willetzheim, noch 1560 urkundlich mit eigener Gemarkung erwähnt, soll auf der heutigen Gemarkung Dittwars gelegen haben. Beste Schlüsse darauf lassen vor allem die Funde von Kaminen, HerdsteIlen und gelegten Steinplatten beim Bau der Brehmbachbahn in den Jahren 1912 bis 1914 zu. Der Name des Flures "Häuserrain", zwischen Mühle und Heidenkessel rechts des Muckbaches gelegen, deutet auch darauf hin und würde der ersten Annahme sehr nahe kommen. Daß im 13. Jahrhundert der Heidenkessel noch bewohnt war, läßt tatsächlich auch hier Vermutungen aufkommen. Manche meinen, daß durch das späte Hereinkommen des "Neubergs" in unsere Gemarkung, ein Dorf in Neubergsflur möglich wäre. Dies könnte wiederum auch mit der Burg auf dem Ballersberg in Zusammenhang gebracht werden. Jedenfalls sollte dieser Ort, der wahrscheinlich mit dem Dreißigjährigen Krieg ausgestorben ist oder ausgerottet wurde, im Norden und Nordwesten auf Dittwars Gemarkung zu suchen sein.
Quellenangaben aus Krieger: "Topographisches Wörterbuch":
Willetzhein 1502 Würzburg, Lib. omissorum 78
Willetzhaim 1502 Würzburg, Lib. omissorum 78
Willetzheim 1515 K. Berain 1836 (Dittigheim)
Wiletzheim 1560 Mithistor. Komm. 13.48
Liber omissorum 78 von 1502
(Auszug aus: Wiletzhaim Mertins Zins)
Item Fetter Linkh zu Ditwar 21 Pf von einer Wießen danen Heintz Herman zu Bischofsheim von dem andern thail stück gibt.
Item Heinz Weyprecht 21 Pf von dem ander thail der abgerurten Wießen
etwan Heintz Hörmans.
Item Endres Spärer 220 Pf von einer Wießen.
Item Hans Kammerberg 220 Pf von einer Wießen.
Item Hans Weinig und Paulus Khun 220 Pf von einer Wießen.
Item Vlein Berk 220 Pf von einer Wießen.
Item Christoph Thorwarts Wittibe (=Ehefrau) für einen becher oels von einer Wießen. Idem 22 Pf von einer Wießen.
Item Heintz Kann von einer Wießen.
Item Heintz Zigler 2 Pf von einem Lehen und von einem halben Morgen Feldackers und von einem halben Morgen Wießen.
Item Fritz Aichel ein Vaßnachthun von einem Lehen danen er auch gült als man hernach finden gibt.
Item J org Durman von dem Hermans berg.
Item Hanns Dirlein von einem Drittheil eines Lehens.
Der Ortsadel
Über die "Edlen" von Dittwar ist nicht viel bekannt; es sind nur wenige genannt. Und wenn's um Dittwar ging, hatten diese kaum Mitspracherecht; denn das Dorf gehörte immer einem Landesfürsten oder einem selbständigen Land an.
Im Codex Hirsau g 57 ist ein Diepertus zu Tieteburen genannt. Aus dem Jahre 1245 berichtet eine Urkunde über Conradus de Diethibur. In einem Wertheimer Schriftstück von 1369 finden wir den Namen des "ede knecht Cuntz Munch von Dietebur". Aus dem Jahre 1390 ist von einem Rapot Munch te Dytbur zu lesen. Vielleicht gehören die beiden letzten zu jenen Munch, die 1369 die Burg bewohnten.
c. Zeugen der Vergangenheit
1. ERZÄHLUNGEN
Wasserleitung
Der unmittelbar bevorstehende Bau eines Hochbehälters auf dem "Lämmerberg" läßt das Problem der Wasserversorgung wieder akut werden. Deshalb scheint es interessant zu sein, doch in der Geschichte unseres "Wassers" ein wenig zu gründen. Bevor das erste gemeinsame und allgemeine Rohrnetz verlegt wurde, wurde die Bevölkerung hauptsächlich durch Brunnen und den Ortsweiher versorgt. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren eine Vielzahl von intakten Brunnen im Ort vorhanden; so z. B. bei dem Anwesen Häfner, Kornel Zegowitz, Vinzenz Stephan (an der Brunnenstaffel), Alois Both, Fabian Lotter, Wöppel, Fridolin Honickel, Emil Honickel und Schüßler. Noch nach dem zweiten Weltkrieg konnte man an heißen Sommertagen viele Bauern mit ihren Holzkrügen zum Weiher laufen sehen, die dort von dem erfrischenden Naß mit aufs Feld nahmen.
Die erste Wasserleitung, laut Überlieferung, bestand aus Steinen, die in der Mitte durchbohrt waren und kunstvoll aneinandergereiht das Wasser vom Pfaffenbrunnen bis zur "Süß-Brücke" leiteten. Beim Aushub der Jauchegrube von Franz Rudolph um 1930, fand man in einer Tiefe von 2,50 Meter diese Wasserleitung. Es ist anzunehmen, daß die Brunnen des Ortes teilweise damit gespeist wurden. Einzelne Steine dieser historischen Leitung sind noch heute an der Mauer am Beginn des Lämmerberges zu sehen. Der Ortsvogt, wohnhaft: im Anwesen Gerhard Hammrich in der "Oberen Gasse", war in dieser ersten Wasserversorgung durch die hohe Lage des Hauses nicht eingeschlossen, deshalb ließ er eines Tages diesen künstlichen Wasserlauf unterbrechen und verschütten.
Unser heutiges Rohrnetz wurde im Jahre 1899 erbaut. Bei der Planung war die Qual der Wahl zwischen den beiden Quellen Weiher und Pfaffenbrunn so groß, daß man einen Sachverständigen aus Karlsruhe kommen ließ. Der örtliche Polizeidiener mußte von jeder Quelle eine Flasche Wasser bringen, die dann im Labor untersucht wurde. Obwohl der Mann, der für die örtliche Ordnung verantwortlich war, beide Flaschen mit „Wäid- Wasser" füllte, war das angebliche "Pfaffenbrunn-Wasser" laut amtlichem Befund günstiger, da die Quelle am Ortsweiher ungesundes Wasser spendete. Deshalb ist heute noch der Pfaffenbrunn die einzige Quelle für die Wasserversorgung. Untersuchungen in den 50er Jahren erlaubten nur den Genuß von" Wäid-Wasser" in gekochtem Zustand. Die Wasserstärke dieser Quelle ist allerdings so groß, daß die Bischofsheimer Feuerwehr bei Bränden sie nicht erschöpfen konnte, obwohl sie es darauf angelegt hatten. Die zukünftige Wasserleitung wird wohl an die Gemeinschaftsversorgung Tauberbischofsheim-Dittigheim angeschlossen werden; denn Bohrungen auf der Gemarkung kommen zu teuer, weil auf Grund des Bestehens der Gemeinschaftsquellen kein Zuschuß zu erwarten ist.
Dittwarer in Kriegen.
Es ist sicher, daß Bürger unseres Ortes an nahezu allen größeren Kriegen in Deutschland beteiligt waren; bekanntlich mußte ja jede Gemeinde alljährlich eine Abordnung zur Musterung schicken. Nachweisen läßt sich das allerdings nicht. Der erste "Krieger", von dem berichtet wird, ist Franz Hammrich, der im Türkenkrieg ein Bein verlor; dort konnte er trotzdem Steinmetz werden, und nach seiner Heimkehr verewigte er sich zum Dank über dem Sakristeieingang der Kapelle. Er schuf dort ein Relief, daneben ist ein Reiterstiefel als Andenken an den verlorenen Fuß angebracht. Im 66er und 70er Krieg waren Josef Häfner (Straßenwart), Vinzenz Weber und Johann Hammrich. Im 70er Krieg kämpften auch noch Franz Anton Eck, Adam Weber und Gottfried Schmitt.
Im Revolutionsjahr 1848 war auch eine kampffähige Truppe, die den Aufständischen angehörte. Zwar zogen sie los, kamen aber nicht zum Einsatz. Der Anführer war, wie konnte es anders sein, "Neckle", der einzige Zeitungsleser, und damit der einzige Gebildete am Ort.
Zu nennen sind hier noch die Kaisermanöver in Dittwar und der näheren Umgebung. Die Gegend ist für Manöver sehr günstig, weil alle Geländeformen überschaubar vorhanden sind. 1909 fand das erste noch bekannte Kaisermanöver statt. Am Rammersberg war der Befehlshaber untergebracht. Im ganzen Tal von der Kinderschule bis zum Herz-Jesu-Bild und bis zum Herz-Mariä-Bild übten die 109er Karlsruher Grenadiere. Der Kaiser, nebst einem seiner Söhne, war Gast und Beobachter und ritt von Übung zu Übung. 1911 kamen die Herrschaften schon in zehn Autos. Diesmal war der Stab am Wetterkreuz und erstmals lag auch eine Telefonleitung vom Wetterkreuz bis in den Ort. Am Ende des Manövers kehrte der gesamte Stab mit dem Kaiser im "Straußen" ein.
Das gesamte 100000-Mann-Heer zog 1926 bei einem Manöver durch das Dorf. Die Truppen kamen von Gissigheim und Heckfeld und trafen sich in Dittwar. In Großrinderfeld stand an der Scheune des Gutes Endres Hindenburg und nahm den Vorbeimarsch, der von acht bis neunzehn Uhr dauerte, ab.
Der schwarze Tod
Wiederholt waren im 14., 15. und 16. Jahrhundert Epidemien durch ganz Europa gezogen. Besonders betroffen war davon Deutschland, welches ja immer Kriegsschauplatz gewesen war. Viele Orte wurden dadurch an den Rand des Aussterbens gebracht. Die Pest wirkte sich an den Erkrankten in Form von schwarzen Beulen aus und war sehr ansteckend. Wer einmal befallen war, war unrettbar verloren. Niemand fand sich, der die Kranken pflegen oder die Toten begraben wollte. Das wirkte sich natürlich auch noch dermaßen aus, daß die gesamte Gesellschaftsordnung aus den Fugen geriet.
In Tauberbischofsheim erbaute man 1474 die Sebastianskapelle und erhoffte sich damit die besondere Fürbitte dieses Heiligen gegen den "Schwarzen Gast".
Die Stadt ließ infolge der "großi Sterbung" ein "Leprosenhaus" jenseits der Tauber einschließlich eines eigenen Leprosenfriedhofs erbauen. Königshofen, ehemals eine Festung mit eigenen Vorstädten, starb bis auf sieben Bürger aus.
Das Verschwinden vieler Dörfer, unter anderen Willetzheim bei Dittwar und Hattendorf bei Heckfeld, hängt sicherlich mit Pest und Krieg zusammen.
Münzen
Schon um 1500 gab es ein geordnetes Münzsystem, allerdings hatte jedes größere Fürstentum sein eigenes. Begriffe, wie Gulden als Goldstück und damit hochwertig, Groschen und Pfennige als minderwertige Einheit waren damals sehr geläufig.
1 Würzburger Schilling = 3 Nürnberger "gangbare Pfennig" 1 Heller = 1/2 Pfennig
Der Taglohn eines Handwerkers betrug 2,5 bis 3 Pfennig; während ein Ohm Bier 22 Pfennig, eine Bratwurst einen Pfennig, ein fetter Ochse vier Gulden kostete.
Als Goldstücke waren besonders der preußische Friedrichsdors, der österreichische Rand-Dukaten, der württembergische Dukat, das fränkische 20-FrankenStück, das holländische 10-Guld-Stück, die russische Imperial-Geldmünze und das englische Sovereign-Goldstück gängige Werte. In Silber kannte man Kronentaler (Kreuztaler) = 2 Gulden 42 Kreuzer, Laubtaler (Konventionstaler) = 2 Gulden 24 Kreuzer, das 2-Taler-Stück = 3 Gulden 30 Kreuzer und das iTaler-Stück = 1 Gulden 20 Kreuzer. Erst seit der Reichsgründung 1871 gab es in Deutschland ein einheitliches Währungssystem mit Mark und Pfennig.
Landscheider
Die Aufgabe der Scheider bestand hauptsächlich darin, Grenzsteine zwischen den Feldern und der Gemarkung zu setzen. Außerdem hatten sie nach Frühjahrs und Herbstaussaat die Gemarkung zu begehen und den gerechten Sitz der Steine zu überprüfen. Frevel, Schäden und Wüsten mußten sofort gemeldet werden. Auch für Ruhe und Ordnung auf den Straßen mußten sie sorgen. Ebenso mußten sie Herd- und Feuerstellen kontrollieren; weil die "Fürstliche Feuer-, BrandGewährungsgesellschaft" zu Würzburg dieses als Pflichtverrichtung verlangte.
Setzte ein Landscheider einen Grenzstein, so legte er darunter drei ortsfremde Steinchen oder drei Glasscherben, um damit die Anrufung und das Vertrauen an die Heilige Dreifaltigkeit zu versinnbildlichen. Hatte der Schieder irgend wie ungerecht verteilt oder vermessen, ohne daß er dafür verurteilt wurde, so konnte er nach seinem Tod auf dem verkehrt gesetzten Stein gesehen werden, und zwar in der Geisterstunde.
Die Schulen auf dem Land
Bis zum 16. Jahrhundert gab es nur Christenlehre vom Pfarrer oder Meßner als Unterricht. Selbstverständlich war es mit der Unterrichtung sehr schlecht, weil es weder Lehrplan noch Schulzwang gab. Die Jugend wurde also ganz im Interesse des Dorfpfarrers erzogen. Er konnte beliebig diejenigen, die ihm mehr zukommen ließen, bevorzugen und andere, die nicht so opferfreudig waren, links liegen lassen. Wie im politischen und kulturellen Bereich war der Ortsgeistliche auch im pädagogischen Bereich ein kleiner Souverän im Gebiet seiner Pfarrgemeinde. Später wurde dann ein Lehrer vom Bürgermeister bedungen; entlohnt wurde er jedoch von den Bürgern nach deren Ermessen; daher kommt auch der Begriff "das arme Dorfschulmeisterlein ". Allerdings ist auch zu bedenken, daß diese "Lehrer" keine gelenkte Ausbildung hatten und praktisch nichts außer Lesen und Schreiben konnten. Es war also auch in dieser Hinsicht nicht gerade gut bestellt. Seit dem Jahre 1807 mußten Lehrer sich von kirchlichen Behörden auf Eignung prüfen lassen, bevor sie ein Lehramt antreten konnten. Wiederum hatte es die Kirche in der Hand, wer, wie und durch wen ge- und belehrt wurde. Erst seit dieser Zeit gab es Werk- und Sonntagsschulen.
Die Entwicklung der Schulferien geht auf die Feiertage zurück. Nur Feiertage waren früher freie Tage; allerdings gab es davon auch viel mehr. 1583 wurde das Recht, einen Tag frei zu geben, das die Lehrer natürlich ausgiebig nutzten, stark eingeschränkt. Es war nun nur noch für Kirchweih, Fasching, Messe und Volksfest eingeräumt. Aus dem 18. Jahrhundert wird von regem Gebrauch der schulfreien Tage berichtet; Vakanzen wurden für Namenstage, Neujahr, Martinstag, Osterfeier, Fastnacht und Maientag bekannt. Aus dem ländlichen Bereich sind zusätzlich noch Heu-, Holz-, Hopfen-, Ernte-, Weinlese- und Kartoffelferien bekannt. Seit der ersten amtlichen Ferienordnung von 1870 bestehen genau festgelegte Ferien.
"Grüne Kääre"
Ein landwirtschaftlicher Erwerbszweig, der immer mehr zurückgeht, ist der Anbau von Spelz oder auch Dinkel genannt, der dann zu "Grünkern" verarbeitet wird. Die letzten 15 Jahre brachten für diese Abart des Weizens immer schlechtere Absatzmöglichkeiten. Die meisten Bauern stellten die Produktion von früher gänzlich ein, da ja ganz wenige schon den Bedarf decken können. Die Urheimat des Grünkerns ist im Schüpfergrund, im Erf- Umpfer- und Taubertal. Man kennt ihn bereits 300 Jahre. In den Höpfinger Urkunden kann man aus dem Jahre 1745 lesen: ,,1 Gulden 27 Kreuzer vor Grünen Kärrn; so verehrt ist worden" und ,,40 Kreuzer vor 2 Metzen Grünen Kärrn den Herr Hofrath Flender nach Würzburg geschickt".
Sobald die Körner in der Ähre des Dinkels die "Mildereife" haben, beginnt der Bauer mit der Bearbeitung. Die ganze Familie ist dabei auf dem Feld. Zwei Mann ziehen an der "Reffe", ein großer Eisenkamm über einer Kiste befestigt, die Ähren von den Halmen, während die anderen die Halmbündel herbei- und wegschaffen. Den Kindern obliegt es, in der Kiste Gras und Unkraut herauszulesen. Die halbreifen Ähren bringt man dann zur Darre, ein durchlöchertes Eisenblech von etwa 12 Quadratmeter, über einem Holzfeuer. Nach etwa dreistündiger Röstzeit wird der noch warme Grünkern zur Spelzmühle gebracht. Früher ging das Feuer in den Darren zwei Wochen lang Tag und Nacht nicht aus. Der fertige Grünkern soll olivgrün und leicht glänzend sein, so in "Superform" wird er auch "deutscher Reis" genannt.
In Dittwar, wo ehemals sieben Pfannen während der Grünkernernte glühten, steht heute diese fränkische Erzeugung ganz still, während im Umpfertal und im Schüpfergrund vereinzelt noch "Käre" produziert wird.
Neckle
Ein ob seiner Schlagfertigkeit weit und breit bekannter Mann war der Dittwarer Schuster Franz Hammrich, genannt: "Neckle" oder "Neckles Schuster". Dieser Spitzname kam daher, daß er jeden, der ihn irgendwie geärgert oder erbost hatte auf seine Art neckte und anführte. Er war ein sehr intelligenter Mann und las als einziger Dorfbewohner regelmäßig seine Zeitung, deshalb interessierte er sich auch für alles und kannte sich in jeder Hinsicht für einen unstudierten biederen Bauern erstaunlich gut aus. Bei der Revolution 1848 wurde er zum Anführer des Dittwarer Aufgebots bestimmt, welches aber in den Aufständen gar nicht zum Einsatz kam. Während der Kriegshandlungen des preußisch-österreichischen Krieges im Jahre 1866 marschierten die Preußen vom Heiligen Berg herunter, den Geißberg herein durch das Dorf. Die drei führenden Offiziere waren beim Hirschenwirt eingekehrt. "Neckle", obwohl er ein kleiner Bauer war und somit kaum Geld hatte, ließ sich die Chance nicht entgehen und genehmigte sich auch mal einen Schoppen Wein. Während die hohen Herren noch ihren "Käs" verzehrten, ein anderes Vesper war in diesem einfachen Wirtshaus nicht erhältlich, rief er ihnen zu: "Wenn ihr die Preußen erwischt, schlagt sie, daß sie hopfen." So gab er vor, in ihnen bayerische Soldaten zu erblicken. Diese, ob der großen Unverschämtheit erbost, sprangen auf, zogen ihre Säbel und wollten auf den armen wehrlosen Schuster einschlagen; dieser aber verschwand schleunigst unter lautem Gelächter. Ärgerlich riefen sie ihm Verwünschungen nach, die ihm einen baldigen Tod bringen sollten. Neckle jedoch warnte sie, diese Drohungen könnten ihnen auch widerfahren. Noch am selbigen Nachmittag wurden alle drei am Brehmbachbrückle von den Pferden herunter erschossen.
Eine kleine Erzählung noch von ihm. Der "Neckle-Schuster" hatte nur eine Kuh. Wenn er nun eingespannt hatte und aufs Feld fahren wollte und mit seiner Frau Therese aufgestiegen war, rief er: "Sitscht Tresle, Hüiih Alti!" Nur wer unsere Mundart genau kennt und sich diesen Satz in einem Atemzug gesprochen vorstellt, kann feststellen, wie lustig das geklungen hat. Der "Neckle Franz" schaute gerade aus seinem Haus, das zwischen den Häusern Ganser und Marie Rudolph stand, als eines Tages der Landrat aus Mosbach, wozu Dittwar damals gehörte, Ortsbegehung abhielt. Begleitet wurde der Beamte vom Bürgermeister, dem Gemeinderat und dem ehrwürdigen Dorfpfarrer. Der Landrat sprach Neckle sofort an: "Ackerbürger Hammrich, gib deinem Haus ein neues Kleid." Darauf der schlagfertige Schuster: "Das Kleid ist gut und auch warm; nur an einigen Stellen ist es etwas zerfetzt."
Der „Neckle’s-Pfarrer"
Ein weiteres bekanntes Original Dittwars war der "Schoof-Toni". Er war der jüngere Bruder von Franz Hammrich und war 1843 geboren. Obwohl er Theologie studierte und später Pfarrer in Biederbach im Schwarzwald war, vergaß er nie seine bäuerliche, fränkische Herkunft. Der Seelsorger versorgte nicht nur seine Pfarrgemeinde bestens, sondern auch seine ihm gehörende Schafherde, sowie Schweine, Kühe und Ochsen. War er gerade während der "Imes"-Zeit (Imbiß) beim Füttern seiner Haustiere, oder wenn er eine Kuh melkte, er könnte auch gerade ausgemistet haben, und es kam eines seiner Pfarrkinder, um eine Meß zu bestellen, so malte er dies mittels einer extra dafür bereitgehaltenen Kreide an die Stalltüre. Kurzum, er ließ sich nie von seinem Metier abbringen, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Früher kamen die Viehhändler hauptsächlich sonntags zu den Bauern, weil diese dann auch anzutreffen waren. So kam der "Schaf- Jud" auch sonntags zu "Neckle", immer kurz vor dem Amt. Wurden die beiden dann nicht so schnell einig, so mußten die braven Christen, die bei so einem hervorragenden Priester natürlich vollzählig in der Kirche waren, anfänglich immer auf ihn warten. So predigte er ihnen eines Tages von der Kanzel: "Leute, ich mache euch einen guten Vorschlag. Künftig trinkt ihr euren Frühschoppen nicht nach dem Amt, sondern vor dem Amt. Wenn ich dann bereit bin, komme ich ins Wirtshaus, um euch zu holen." Man war natürlich einverstanden und sah dem vielbeschäftigten, jedoch sehr um seine "Schäfchen" bemühten Hirten diese Schwäche nach. Als Schätzer und Ratgeber sah man Neckle auf allen Schafmärkten der Umgebung; gar manchmal verschob er eine Taufe deswegen.
Die letzte Hinrichtung von Tauberbischofsheim (10. Nov. 1820)
Diese Hinrichtung werde ich deshalb erwähnen, weil eine Frau aus Dittwar dabei war. Die Tat ereignete sich folgendermaßen:
Zwei junge Leute in Königheim wollten heiraten, die Eltern des Mädchens gaben es aber nicht zu, weil der Bursche zu wenig Vermögen besaß. Der junge Mann, Andreas Geier, mußte einstweilen als Soldat nach Karlsruhe. Das sahen die Eltern des Mädchens für den geeigneten Augenblick, um das Mädchen in der Zwischenzeit mit einem anderen zu verheiraten.
Ein junger Mann namens Stephan Trabold hatte das Wohlgefallen der Eltern des Mädchens gefunden. Dieses war schließlich damit einverstanden, den Müller zu nehmen, und so vermählten sie sich bald darauf.
Nun aber kam der verschmähte Liebhaber Andreas als schmucker Soldat in Urlaub; und bald entbrannte in beiden die Liebe stärker als je zuvor. Die junge Frau wollte nun um jeden Preis den schönen Soldaten haben. Die Müllerin hatte noch eine junge Magd, Anna Maria Hilbert aus Dittwar. Dieser versprach sie ein neues Kleid. Dafür mußte sie Botschaften hin und zurück bringen und bei der Beseitigung des Müllers mithelfen.
Eines Tages war der Müller Trabold in Geschäften nach Walldürn gefahren.
Seine Frau befahl nun Andreas, ihn zu erwarten, und, wenn er komme, totzuschießen. Dieser stellte sich auf die Lauer, hatte aber, als er den Müller vorbeifahren sah, keine Lust mehr, und sie entwarf einen neuen Plan.
Der Soldat sollte den Müller im Bett erschießen. Aber auch das wurde von diesem nicht durchgeführt. So standen die drei vor dem Bett des Schlafenden und stritten miteinander. Da nahm die Magd die Holzaxt und schlug dem Müller damit auf den Schädel. Dieser wurde durch den gewaltigen Hieb aus dem Bett geschleudert, erwachte und wollte sich wehren. Aber die Magd Anna schlug solange auf ihn ein, bis er sich nicht mehr rührte.
Die Müllerin war damit aber noch nicht zufrieden. Sie drängte den Soldaten zu einem Schuß in die Brust des Toten.
Um den Verdacht von sich abzulenken, ließen die drei das Vieh, die Rinder, Schweine und Pferde los und schrien, Räuber und Mörder seien da gewesen und hätten den Müller erschlagen. Es dauerte aber nicht lange, bis man den wahren Sachverhalt erkannte. Der Amtmann kam nach Königheim und verhörte die drei Übeltäter. Nach einigem Leugnen gestanden sie die Tat und wurden sofort nach Tauberbischofsheim geführt und eingesperrt. Nachdem die Verhandlung abgebrochen war, wurden sie zum Oberhofgericht nach Mannheim geliefert, wo sie zum Tode durch Enthaupten verurteilt wurden.
Die Hinrichtung wurde auf Freitag, den 8. Mai, nach folgender Verordnung festgesetzt:
1. "Auf der Straße dürfen am Tage der Hinrichtung weder Chaisen noch Wagen, da wo der Zug auf den Richtplatz hinaus und auch von dort wieder hereingeht, aufgestellt werden."
2. "Bei der Abführung der Delinquenten auf den Richtplatz müssen letztere unmittelbar mit ihrer Bedeckung nach den Wagen des hiesigen Stadtraths fahren, und dürfen nur diejenigen Chaisen einrücken, welche den Beamten einen schriftlichen Erlaubnisschein aufweisen."
3. "Erwartet man von dem zuschauenden Publikum ein stilles und ruhiges Betragen. "
4. "Die Zuschauer dürfen sich nicht an die das Viereck um die Richtbühne bildende Mannschaft andrängen oder sich gar in den Kreis selbst eindrängen, ansonsten sie sich der Ausweißung und nach Umständen persönlichen Arretirung aussetzen. "
5. "Die Zuschauer, die auf Wägen oder zu Pferde auf den Richtplatz kommen, müssen sich von dem Stande der Fußgänger entfernt halten, und in einem ihnen angewiesen werdenden Platze auffahren."
6. "Bey schwerster Strafe ist das Vorfahren oder Vorsprengen mit Pferden im Hin- und Zurückgang auf den Richtplatz verboten, auch niemandem erlaubt, nach der Exekution eher abzufahren, als bis das Gericht mit dem Stadtrath und denen in den Zug eingetheilten Chaisen vorerst abgefahren sein wird.
Der Stadtrath hat diese Verfügung öffentlich verkünden auch an den Thoren und in den Wirtshäusern anheften lassen, und sich im übrigen nach der erlassenen Verfügung vom 3. d. M. genau zu benehmen."
Bischofsheim, den 8. November 1820
Ortallo Schmitt
Die Hinrichtung
Am 10.11. in der Frühe waren der ganze Marktplatz und die anschließenden Gassen voller Leute. Die Gefangenen wurden herbeigeführt und das Todesurteil verkündet, dann wurde der Stab über sie gebrochen mit den Worten "Jetzt ist keine Gnade mehr, Gott sei euch gnädig". Darauf wurden die Übeltäter auf einen Wagen gesetzt, Stadtpfarrer Kunkel setzte sich im Ornat zu ihnen und der Zug kam in Bewegung. Eine große Volksmenge begleitete den Zug. Auf der Hinrichtungsstätte war das Schafott aufgeschlagen. Eine Viertelstunde ließ man den Verurteilten Zeit zum Beten. Dann wurden die Verurteilten gefragt, ob sie noch etwas zu sagen hätten. Da trat Andreas hervor. Er sprach davon, daß sich die jungen Leute an ihm ein abschreckendes Beispiel nehmen sollten. Sie sähen, wohin der Mensch komme, wenn er sich von blinder Leidenschaft treiben lasse. Dann hat er alle wegen seines schlechten Beispiels um Verzeihung gebeten. Daraufhin erhob sich unter den Zuschauern ein großes Weinen und Schluchzen.
Andreas wurde nun auf den Stuhl gesetzt, mit dem Leib an der Lehne angeschnallt, die Hände und Füße wurden festgebunden, der Hals entblößt und die Augen verbunden. Der Scharfrichter von Tauberbischofsheim, Schwarz, Vater des späteren Tierarztes, war ehemals ein Freund zum Andreas gewesen und wurde von diesem gebeten, seine Sache recht zu machen; so nahmen die zwei Freunde einen ergreifenden Abschied; der Scharfrichter ergriff das lange, gerade, zweischneidige Schwert, ein dritter Mann faßte den Soldaten am Schopf.
Als die Zuschauermenge sah, daß nun blutiger Ernst werde, bemächtigte sich ihrer eine unwillkürliche Panik, ein namenloser Schrecken einer großen Zahl. Mehr als die Hälfte, besonders Frauen und Kinder, konnte den schrecklichen Hergang nicht mit ansehen; weinend, heulend, schreiend, mit Händen in der Luft gestikulierend, sprangen sie nach allen Seiten auseinander und den Berg herunter. Um so tapferer hielten die übrigen aus.
Der Scharfrichter erhob mit bei den Händen das breite Richtschwert, holte aus und hieb dem Verbrecher den Hals durch, und während das Blut aus dem Rumpf hoch in die Höhe schoß, steckte er das abgeschlagene Haupt auf einen Spieß. Die zwei Weiber mußten den ganzen Hergang mitansehen. - Nun kam die Magd an die Reihe, die aber wie die Müllerin nicht vom Bischofsheimer Scharfrichter, sondern durch Scharfrichter Schönbein von Uissigheim enthauptet wurde.
Die Frau war durch die zwei Enthauptungen, die sie hatte mit ansehen müssen, vor Schrecken und Entsetzen halb tot; sie vermöchte fast keinen Schritt mehr zu machen und zitterte am ganzen Körper; als das Haupt vom Rumpfe getrennt war, schoß das Blut nicht in die Höhe wie bei den zwei anderen, sondern quoll nur von der Seite herab.
Renommierte Anwesen
Die Gebäude der Familien Isidor Maninger und Martin Hönig hatte sich einstmals der Freiherr zu Bettendorf, ein Günstling und Verwalter des Fürstbischofs in Mainz, als erste Residenz erbaut. Später, als er schon ein reicher Mann war, baute er neu nach Gissigheim. Der Bau in Dittwar wurde dann zur Zehntscheune umgebaut; außerdem hatte der Amtsvogt, ein Beauftragter des Bezirksamtes Königheim, seinen Sitz darin. Als dieser später auch immer wohlhabender wurde und dieses Anwesen ihm zu alt war, ließ er sich ein neues Haus errichten; darin wohnt heute der Landwirt Gerhard Hammrich. Das alte Rathaus wurde 1857 erbaut; zuvor war die Schule im Haus gegenüber (Sepp Link); dann aber in den beiden Sälen im Obergeschoß des Rathauses. Das erste Pfarrhaus in Dittwar war draußen im Geißberg; heute wohnt don die Familie Niklas; diesem gegenüber, von Otto Weber bewohnt, wohnten einstens Mönche.
In der Kühgasse, heute auch mit "Blumenstraße" bezeichnet, stehen die bei den ältesten Bauernhöfe des Dorfes; rechts der von Emil Honickel, gegenüber der von Fridolin Honickel. Irrtümlich wird berichtet, daß hier der Fronvogt wohnte und seinen Gutshof hatte. Vielmehr wohnte hier der Ortsadel, also kein Verwalter oder Vogt. Manche erzählten auch, daß diese Gebäude aus Resten der Burg "Helle" erstellt wurden, aber auch hier muß ich zweifeln. Denn nach Anfang des 17. Jahrhunderts stand die Burg, und diese bei den Höfe sind doch weitaus älter. Auch Stuckarbeiten an den Decken, im Haus und die Rosette, sowie das Wappen am Tor lassen darauf schließen. Jedenfalls sind die bei den Höfe mit das künstlerisch Wertvollste und Schönste, was wir in Dittwar haben.
2. SAGEN
Der Feurige
Vor vielen Jahren holte einmal ein Müller aus Bischofsheim in Külsheim mit seinem Pferdefuhrwerk Körner. Als er auf dem Rückweg am oberen Ende des Hottenloch-Buckels ankam und sich schon freute, daß er jetzt bald zu Haus sein werde, sprang plötzlich eines der hinteren Räder heraus. Nachdem er abgestiegen war und feststellte, daß er allein nichts auszurichten vermochte, sich hilflos umsah, da näherte sich ein Lichtschein, der immer heller und blendender wurde. Inmitten des ungeheuren Lichtscheins konnte der Müller ein feuriges Gerippe erkennen. Da er nicht gerade furchtsam war, sagte er: "Es ist schön, daß du kommst, feuriger Bruder, du kannst mir ein bißchen leuchten und helfen." Nachdem sie das Rad gefunden hatten, bat der Bischofsheimer den guten Helfer:
"Sei so gut, und hilf mir auch noch den Wagen hochheben!" Der Feurige tat dies allein mit einer Hand. Darauf bedankte sich der Müller mit "Tausend Vergelts Gott", worauf der andere erwiderte: "Das reichte gerade, um mich zu erlösen", und dann verschwand. Noch nach vielen Jahren waren an dem Leiterwagen die Abdrücke einer glühenden Hand zu sehen.
Die vom Teufel Besessene
Ein Mädchen von Dittwar ging einmal mit ihren Freundinnen hinaus, um Walderdbeeren zu sammeln. Als sie einen Platz gefunden hatten, der eine gute Ausbeute versprach, begannen sie sogleich ihre Eimer mit den gepflückten Beeren zu füllen. Selbstverständlich verzehrten sie, wie das so üblich ist, auch mal ein solches Beerchen. Das besagte Mädchen fand eine besonders große, schöne, ganz dunkelrote Erdbeere. Es konnte natürlich der Versuchung nicht widerstehen und verschluckte diese sogleich. Plötzlich begann es zu toben und jämmerlich zu schreien; es warf seinen Freundinnen alle Sünden vor, selbst die geheimsten und die aus der frühesten Kindheit. Die erschrockenen Mädchen führten sie sofort nach Hause. Unterwegs begegneten sie dem Dorfpfarrer, der infolge des Lärms auf die Straße geeilt war. Kaum hatte die Tobsüchtige den Priester erblickt, warf sie ihm auch seine "Untaten" vor. Hierbei erzählte sie sogar, daß der Pfarrer, als er noch Student war, einmal bei einer Königshöfer Messe eine Peitsche gestohlen habe, worauf der Pfarrer, peinlich angeklagt, nur noch feststellen konnte, daß die Unglückliche vom Teufel besessen sei. Er veranlaßte die Eltern des Mädchens, es doch zu dem, für Teufelsaustreibungen bekannten Pater "irgendwo aus 'm Gaa" zu führen. Als sie dort angekommen waren, begann der Pater sofort zu beten und den bösen Geist zu beschwören. Der Dämon verhandelte zuerst noch, er wollte nur ausfahren, wenn er dafür in einen bestimmten Baum an einer sehr belebten Kreuzung dürfe. Der Pater jedoch lehnte ab. Darauf schlägt der Unhold vor, einen Weinberg als neues Betätigungsfeld für ihn zu bewilligen; auch dies konnte der Gottesmann nicht zulassen. Unter ungeheurem Lärm und Getöse verließ der Teufel schließlich den Leib des armen Mädchens, das sich ab sofort wieder normal benahm und von allem nichts wußte.
Der Jude zu Lauda
Ein Vorfall, der zum Judenhaß ganz besonders anregte, wird in der Blutkapelle in Lauda geschildert. Ein Jude besticht seine Magd, nach einem Abendmahl aus der Kirche eine Hostie mitzubringen. Der Jude will das Geheimnis um die Kommunion bei den Katholischen lüften. Er durchsticht mit seinem Dolch die Hostie. Plötzlich fließt Blut heraus, gleich einer Fleischwunde bei einem Menschen. Er erschrickt darüber so sehr, daß er die Hostie hinter seinem Haus vergräbt. Und seit dem Tag ist allabendlich mit Beginn der Dämmerung bis zum Morgengrauen an der Stelle ein Licht zu sehen. Der Nachbar des Juden bemerkt dies eines Tages und meldet es dem Schultheißen, welcher sofort Anzeige erstattet. Die Hostie wird unversehrt aus dem Garten geholt und sogleich an selbiger Stelle eine Kapelle erbaut. Im Jahre 1300 wurde sie durch eine päpstliche Bulle zu Ehren des Altarsakraments eingeweiht. Der angeklagte Jude wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Die schwarze Hofmännin
Die schwarze Hofmännin von Böckingen, die wie viele Weiber in Wehr und Waffen sich dem Bauernheer anschloß, ist eine der furchtbarsten Gestalten in der ganzen Revolution, so furchtbar, wie kaum eine unter den Hussitinnen, welche im 15. Jahrhundert durch grausame List und blutige Rache sich hervorgetan. Sie galt als Hexe, zumal sie das Bauernheer vor Weinsberg "behext" und „kugel- und stichfest" gemacht hatte und außerdem die Heilbronner Ratsherren als "Bösewichter und Rüben" verflucht hatte. Sie wollte in Heilbronn "den gnädigen Frauen die Kleider vom Leibe abschneiden, daß sie gehen sollten wie gerupfte Gänse"; und zu "Heilbronn darf kein Stein auf dem anderen bleiben, die Stadt müsse zu einem Bauerndorfe werden." Sie stach den gegnerischen Führern, die gefallen waren, das Messer durch den Leib, um mit dem herausfließenden Blut die Schuhe zu schmieren. Das Ganze nannte sie dann Osterfeier.
Der Mangersgraben
Wenn wir früher, als Kinder, von Tauberbischofsheim nach Hause liefen, nachdem uns unsere Eltern in der Stadt etwas gekauft hatten, mußten wir notgedrungen an den "Bischemer Tannen" vorbei, die bei der Dunkelheit ganz unheimlich wirkten und für uns Kinder sehr beängstigend waren. Dabei erzählte unser Vater immer vom Mangersgraben, der weit hinten in den Tannen sei und wo viele Unholde und Geister hausten.
Der Sage nach war Manger ein überall bekannter Bösewicht in Gissigheim und neckte nach seinem Tode noch die Gissigheimer indem er aus seinem Speicherfensterchen herausschaute und die Bürger die gerade in der Nähe waren verwünschte. Der dortige Dorfpfarrer berichtete dies seinem Bischof, der diesen bösen Geist in einen Krug verbannte‚ den der Pfarrer in den tiefsten Graben weit und breit werfen mußte. Das war natürlich dieser Graben hinter dem Dittwarer Bahnhof. der früher bis zu 40 Meter tief hinunterreichte. In den letzten Jahren wurde er um der Firma Brandel mit Bruchschutt weitgehend aufgefüllt.
Geisterpriester
In einer der umliegenden Gemeinden wurde einmal ein Mädchen abends nach seiner stillen Anbetung in der Dorfkirche eingeschlossen; das Mädchen war im Gebet versunken, und da es in einer dunklen Ecke kniete, konnte es weder den Mesner, noch dieser das Mädchen bemerken, als dieser die Kirche verließ und auch abschloß. Als es das Mißgeschick erkannte, zog es sich ängstlich in die hinterste Ecke zurück und konnte vor lauter Zittern und Beben nicht einschlafen. Als nach einer halben Ewigkeit die Turmuhr zwölf schlug, hörte es plötzlich, wie sich die Tür zur Sakristei langsam mit laut knarrendem Geräusch öffnete. Heraus schwebte ein Pfarrer im Meßgewand, begab sich an den Altar und feierte eine Messe mit Lesung, Predigt und allem, was dazu gehört. Das Mädchen konnte jedoch keinen Laut hören von dem, was der Priester scheinbar sagte. Mitten in der Wandlung jedoch, während er den Kelch hob, unterbrach er die Zelebration und verschwand wieder, wie er gekommen war und schloß hinter sich die Türe zur Sakristei mit dem gleichen Knarren. Am Morgen berichtete das Mädchen sein Erlebnis den Eltern, diese dem Pfarrer. Beim Durchsuchen der Pfarrakten fand er dann die Notiz, daß früher einmal einer seiner Vorgänger eine Messe während der Wandlung unterbrach, um im brennenden Pfarrhaus sein Hab und Gut zu retten. Daraufhin begaben sich der Pfarrer, der Mesner und der Bürgermeister des Nachts in die Kirche und warteten. Tatsächlich, kaum begann die Uhr zwölf zu schlagen, öffnete sich die Sakristeitür knarrend und alles geschah so, wie das Mädchen es berichtet hatte. Nachdem sich der Dorfpfarrer ::m nächsten Tag mit einem Kollegen, der in solchen Sachen schon öfter Rat wußte, unterhalten hatte, ging er am Abend wieder in die Kirche und wartete auf die Erscheinung. Als der "Geistpriester" bei der Wandlung wieder verschwinden wollte, trat er herzu und nahm den Kelch, sprach nochmals die Wandlungsgebete und vollendete danach das Meßopfer. Als er sich daraufhin umsah, war der unheimliche Priester verschwunden. Bei späteren Proben wurde keine Erscheinung mehr festgestellt.
Die Sage vom Dettelbacher Missionspater
Vor vielen Jahren war zu einer der regelmäßig wiederkehrenden Missionen ein Pater aus Dettelbach in Dittwar anwesend. Am ersten Tage nach der Missionszeit trifft ein Dittwarer Schuster, der "Neckle" genannt wurde und einziger Zeitungsleser des Ortes war, diesen Pater auf dem Wege nach Bischofsheim. Der Pater erzählt ihm nun, daß in der Gemeinde etwas nicht in Ordnung sei und fragt ihn, ob er ihm bei der Bereinigung nicht helfen wolle. Dem Schuster, der gerne helfen möchte, wird daraufhin aufgetragen, mit einer Gruppe von Freunden einen Korb voller Erde an der Stelle im Flur "Hussenbach", an der einst eine Burg stand, zu holen. Auf dem Heimweg sollen alle sieben Schritte eine Handvoll Erde weggeworfen werden. Am Abend käme dann der Pater nochmals; Treffpunkt war das Haus Brandel in der Kirchengasse. Alles verlief, wie es der Pater aufgetragen hatte. Sie versammelten sich in jenem Haus. Der Pater beginnt zu beten und geht bald darauf hinaus auf den Flur, schließt die Türe und ruft: "Alle guten Geister loben Gott den Herrn." Dieser Vorgang wiederholt sich dreimal. Als der Pater zum dritten Mal ruft, antwortet eine Frauen- und eine Männerstimme: "Ich auch, ich auch." Da aber sonst niemand im Hause war und die Stimmen auch nicht bekannt waren, mußte es sich um Geister handeln. Der Pater verhandelte also mit ihnen eine Weile und kehrte dann zurück in das Zimmer. Dort teilt er den Anwesenden den Preis für die Erlösung zweier armer Seelen mit. Obwohl sehr viel Geld verlangt wurde, kam es bis zum nächsten Morgen zusammen, und die, die den Korb Erde geholt hatten, begleiteten den Pater mit dem Geld nach Dettelbach. Dort angekommen, sollten die Dittwarer vor der Pforte warten, während der Pater das Geld zu seinem Vorgesetzten bringen und danach den Ort eines unermeßlichen Schatzes an der besagten Burg ihnen verraten wollte. Diese wurden aber mißtrauisch und wollten die Verwendung des nicht unbedeutenden Geldopfers erfahren. Da aber war der Pater beleidigt und rief: "Nehmt euer Geld und verschwindet, die armen Seelen werden auch ohne euer Opfer erlöst; aber der Schatz bleibt, wo er ist." Bei späteren Grabungen und Untersuchungen wurde die jeweilige Unternehmung jedesmal durch ein Naturereignis gestört und vernichtet; einmal war es ein unheimlich schwerer Hagel, dann wieder Wolkenbrüche, Gewitter usw. Jedenfalls konnte nie etwas von diesem Schatz entdeckt werden.
Das wilde Heer
Überall im Odenwald, wie auch im Frankenland, ist die Sage vom wilden Heer bekannt und wird immer wieder erzählt. Das Wilde Heer haust der Sage nach in den großen Wäldern; bei stürmischem Wetter ist genau das Hufgetrappel der Reitpferde und auch das Waffengeklirr zu hören; es wurde auch schon gesehen, daß diese Reiter ihre Köpfe unter dem Arm trugen.
Um 1800' etwa holte ein Heckfelder Bauer in dem Dorf Beckstein Schnaps. Als er auf seinem Heimweg, es war in der Geisterstunde, im Wald anlangt, hörte er plötzlich einen riesigen Lärm, er konnte darunter alle möglichen Laute feststellen, Geschrei von Hunden, Katzen, Hähnen, Kühen usw. Er glaubte, daß dies das Wilde Heer sei, legte sich auf die Erde mit dem Gesicht nach unten, wie das bei einer solchen Begegnung üblich war. Die wilden Gesellen traten herbei und tranken seinen Schnaps und grölend entfernten sie sich wieder. Der Bauer erhob sich und nahm seine Krüge, und ohne den Inhalt nachzukontrollieren, kehrte er heim. Die Krüge, die sonst schon nach einigen Wochen geleert waren, leerten sich dieses Mal nicht, es dauerte über ein Jahr, noch immer waren sie voll, obwohl die gleiche Menge Schnaps gebraucht wurde. Da konnte der Bauer nicht mehr umhin und erzählte seiner Frau diese Begebenheit. Ab sofort waren die Krüge leer und füllten sich nie wieder von selbst.
Die letzte Räuberbande
Im Wald zwischen Brehmen und Esselbrunn befand sich noch in den dreißiger Jahren ein Gedenkstein mit einem eingehauenen Schachbrett. Hier hauste vor Jahrhunderten die letzte Räuberbande der Gegend. Und als die Obrigkeit immer mehr und stärkere Truppen auf sie hetzte, und sie sich nicht mehr aus ihrem Schlupfwinkel trauten und dadurch mangels Beute weder Nahrung noch Kleider noch Waffen hatten, begannen sie hier ein mörderisches Spiel. Die Partien wurden ausgelost, und der Verlierer wurde erstochen; bei Remis wurden beide erstochen. Der zuletzt übrigbleibende Räuber lebte mit den restlichen Vorräten noch einige Tage und erstach sich dann auch.
Ein Schäfer als Wettermacher
Vor langen Zeiten herrschte in unserer Gegend eine große Dürre. Die Leute hatten nach vielem Fluchen nur eine Möglichkeit, das Gebet. Im Hof Esselbronn konnte man nichts außer Gebeten hören, und die Leute des Hofes begaben sich täglich dreimal vollzählig in die Kapelle, um zu beten. Da kam eines Tages plötzlich ein alter Schäfer des Wegs mit einer riesigen Herde. Seine Schafe jedoch waren sehr gut genährt, was die Hofbauern wegen der Dürre nicht verstehen konnten. Sie fragten ihn, wo er seine Schafe bei dieser großen Dürre weiden lasse, da doch nirgendwo Gras wachse. Er aber antwortete: »Ich kann Regen machen, und damit auch Gras wachsen lassen." Sie baten ihn, doch auch ihnen Regen zu machen. Er holte sogleich eine Haspel hervor und begann unter lautem Beten und Beschwören zu drehen. Binnen einer halben Stunde fing es zu regnen an, und bald war ein Gewitter im Gange, daß im Nu alle Gräben und Senkungen voller Wasser waren. Das war den Bauern genug, und sie baten ihn, doch den Regen wieder zu stoppen. Wieder nahm der alte Schäfer seine Haspel und drehte nun unter Gebeten und Beschwörungen rückwärts, worauf es tatsächlich aufhörte, zu regnen. Danach war der wundertätige Schafhirte verschwunden.
Der unheimliche Hund
Ein Fruchthändler aus Tauberbischofsheim, der aus Dittwar stammte, und mit einem Eubigheimer Kollegen intensiv zusammenarbeitete, mußte am Hl. Abend in der Nacht noch nach Eubigheim, um seinen Freund vor falschen Geschäften zu warnen, weil die Früchte verderben würden. Auf dem Heimweg setzte sich ein großer schwarzer Hund zehn Schritte vor ihm hin. Er wußte vom Hörensagen, daß er, um sein Leben zu retten, jetzt geradeaus weiterlaufen und weder nach rechts noch nach links durfte. Also lief er immer geradeaus auf den Hund zu. Als er bei dem Hund ankam, ging dieser zwanzig Schritte weiter und setzte sich wieder, und das wiederholte sich solange, bis er aus dem Wald heraus war. Der Hund verschwand daraufhin sofort, und das Schauspiel war zu Ende.
Hexengeschichte
Ein Dittwarer Nagelschmied war auf der Walz und schlief bei seinem Meister mit einem Gesellen zusammen in einem Bett. Hier lag der Geselle vorne und er hinten an der Wand. Der Geselle wurde von Tag zu Tag magerer und schwächer. Also fragte ihn der Dittwarer nach dem Grund, ob sie die Schlafstelle tauschen sollten, oder ob er ihm sonst irgendwie helfen könnte. Der Geselle erzählte ihm nach langem Zögern, daß jede Nacht Schlag zwölf ein Wesen hereinkommt, ihm eine Art Joch über den Kopf wirft, dann würde er zum Pferd und müßte mit dem Wesen auf dem Rücken losreiten, eine gute Stunde, dann würde er eingesperrt und gegen Morgen müßte er wieder zurückreiten. Der Dittwarer legte sich also in der nächsten Nacht nach vorne. Das gleiche widerfuhr nun ihm. Um 12 Uhr kam das Wesen, warf ihm das Geschirr über, und er mußte ebenso los galoppieren und wurde dann eingesperrt. Als das Wesen gegen Morgengrauen zurückkam und ihm wieder das Joch überwerfen wollte, fing er es auf und warf es dem Wesen über, wonach dieses sofort zum Pferd wurde, und er ritt mit ihm los. Unterwegs bei einem ihm bekannten Schmied ließ er es anhalten und das Pferd beschlagen, damit ritten sie nach Hause zurück. Am Morgen gab es kein Frühstück, welches gewöhnlich von der Tochter des Meisters gebracht wurde. Der Schmied, nach dem Grunde gefragt, sagte, die Tochter sei erkrankt, es könnte aber niemand hinein, so ernst sei die Krankheit. Der Schmiedegeselle aus Dittwar behauptete, er hätte sich früher eingehend mit Heilkunde befaßt und könnte doch bestimmt helfen. Also wurde er eingelassen. Und er stellte fest, daß die Tochter an Händen und Füßen mit Hufeisen beschlagen war. Also veranlaßte er sie, in der folgenden Nacht wieder zu reiten, und sie hielten wiederum bei diesem Schmied an und ließen die Eisen wieder abmachen. Ab sofort war Ruhe mit diesen Hexenritten.
Betrug oder Dummheit?
Bei der letzten Gemarkungsvermessung 1898 kam den Dittwarern eine Menge Feld abhanden. Der Grund hierfür war der trunksüchtige Bürgermeister von Dittwar. Bei einer Besprechung mit den Gissigheimern bezahlte man ihm soviel, daß er, ohne zu überprüfen, alles unterschrieb, was man ihm vorlegte. Später behaupteten die Gissigheimer, daß sie ohne weiteres für ein paar Viertel Wein den gesamten Pfarrfeldflur bekommen hätten, sofern sie die Möglichkeit ausgenützt hätten.
Anschuldigung und Rache
In Dittwar lebte ein schlechter Mensch namens Löffler, und weil er reich war, und den andern keinen Erfolg gönnte, versuchte er mit List und Tücke deren Glück zu vereiteln. Eine junge Frau des Ortes, die glücklich verheiratet war und eine Schar gesunder Kinder und außerdem in Feld und Stall mit ihrer Familie viel erarbeitet hatte, wurde von Kreisen, in denen Löffler verkehrte, zur Hexe abgestempelt. Die junge Frau lief eines Abends durch die Obere Gasse, wo Löfflers Haus stand, und hörte zufällig, wie dieser mit einigen Kumpanen gerade wieder über sie schimpfte und sie als Hexe bezichtigte. Also faßte sie den Entschluß, denen die Suppe gehörig zu versalzen. Sie ging nach Hause, entkleidete sich splitternackt und stieg mit einem Besen auf Löfflers Dach, kletterte auf den Kamin und ließ sich hinunter, mitten in die Gruppe von Tratschmännern hinein und verprügelte diese nacheinander so, daß diese alle schleunigst das Weite suchten. Seitdem konnte sie sich wieder auf die Straße wagen, ohne daß hinter ihrem Rücken geflüstert wurde.
3. BILDSTÖCKE UND DENKMÄLER
Das badische Frankenland, von Kennern mit "Madonnenländchen" betitelt, hat als außerordentliche Besonderheit eine Vielzahl von Bildstöcken und Kreuzen in Ort und Flur, an Kreuzungen und Gräben. Allein im Landkreis Tauberbischofsheim sind etwa 1200 Stück zu finden. Da viele aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen, ist der künstlerische Wert überaus bedeutend.
Als nach dem Dreißigjährigen Krieg, der für Deutschland die schrecklichsten Folgen gebracht hatte, die Bevölkerung, stark dezimiert durch Hunger und Pest, an kulturellem Schaffen kein besonderes Interesse mehr hatte, ob mannigfaltiger Sorgen und Plagen, trat in der Herstellung dieser Denkmäler eine Pause ein. Vergleichen wir diesen Zustand mit der deutschen Literatur, so können wir dort parallel eine ähnliche Lücke in dieser Epoche feststellen. Erst im 18. Jahrhundert, als die Zeiten wieder ruhiger geworden und die ärgsten Kriegsfolgen überstanden waren, besann man sich wieder auf die alte Tradition und ihre Pflege. Es entstand erneut eine wahre Fülle von Gedenksteinen und Kreuzen. Erst kurz vor der letzten Jahrhundertwende erstrahlte diese vielgerühmte Bautätigkeit nochmals in einer Blüte, um dann auf einen absoluten Nullpunkt herabzusinken.
Dittwar besitzt eine ganz ansehnliche Zahl dieser Bildnisse. In der Gemarkung sind es 17, im Dorf 11 dieser geschichtlichen Marksteine.
1. Bildstock ohne Sockel fast in Mannshöhe in die Hausmauer von Karl Markert eingelassen. Zu lesen sind nur noch: 1524 Michel Link.
2.. Bildstock an der Straße von Dittwar nach Hof Steinach nahe der Muckbachbrücke, 1,52 Meter hoch, 26,5 Zentimeter breit, 3,3 Zentimeter Schrift. In der Nische sieht man Christus am Kreuz, am Stamm die Inschrift: "Gott dem Herrn zu lob und Ehr auffgericht den ersame Peter Eck zu Ditber (de)m Gott Genedig sei und uns allen am 20 Aprilis 1592."
3. Kreuz ohne Sockel in Mannshöhe in die Hausmauer von Edmund Wenzel eingelassen, zu lesen ist: "Anno Domini 1601 ".
4. Das "Hegeleins-Kreuz" steht etwa 200 Meter außerhalb des HegeleinsBrückchens an der rechten Oberkante des Grabens. Seine Querstücke sind nur noch 25 Zentimeter über dem Boden, weil es um einen Meter versunken ist. "Zu Gedecknusz Hans Langenberger 1607 auf der Straße das Leben gelassen." (80 X 62; Sehr. 5 cm). Fälschlicherweise berichtet der Volksmund von diesem Kreuz, daß es an der Stelle stehen würde, wo der Dittwarer Bauer 1644 pflügend von Schweden gefunden wurde.
5. Dieses Bildnis am Mangersgraben in den "Bischemer Tannen", die beim Dittwarer Kirchbau an Bischofsheim verkauft wurden; es ist 2,80 X 40 cm groß, in einer Nische ist der Stifter mit einem Kalb und seinem Hund dargestellt, außerdem sieht man ein Metzgerbeil mit IW als Inschrift. "Ich Jorg Weimer Bürger und Metziger zu Bischofsheim hat dis Bilt Got zu Lob unt Ehr da her machen lasen, die weil in Got mit gesunthem Leib so oft uber den Ber aus und ein hat geholfen Got wol in undt den seinigen undt alen Frommen Metzigern weiter undt lenger Gnadt verlehen durch Jesum Christum Amen 1608."
6. Am neuen Haus von Thomas Zegowitz befindet sich der Bildstock mit der Inschrift: "Anno Domini 1614 hat Wendel Schmitt und seine Hausfrau Margaret Gott zu Lob und Ehr dies Bild setzen her Amen." Es hat 2,16XO,26 Meter Größe und 4 Zentimeter Schrift.
7. Das Schwedenkreuz, steht 5 Meter links vom Waldweg, der oberhalb des Steinbruchs vom Förstleins- Weg links abzweigt, hat die Inschrift: ,,1644 ist Hans Weber Simons Sohn des Gerichs von den Soldaten erschossen worden." Größe 120 X 83,5 cm, Schrift 3 bis 3,5 cm.
8. Das an der Wegkreuzung Königheimer- und Oberer Ökuchenweg aufgestellte Bild läßt nicht die genaue Jahreszahl erkennen; "Errichtet von Caspar Hefner 16 .. "
9. 1728 wurde die Freigruppe "Ruh' Christi" zwischen der 4. und 5. Station
des Kreuzes zur Kapelle vom Bischofsheimer Spitalverwalter Joh. Carolus Sauer gestiftet; künstlerisch wertlos und keine kunstvolle Arbeit.
10. An der Einmündung des "Steigweges" in die "Straße" steht das Bild mit der Inschrift: "Gest. Martin Both 1731 - Ernestine Both und Emma Hammerich 1902."
l1. Im "Staach"-Wäldchen findet man ein schmuckes Bildnis, 1732 von Hans Martin Both errichtet.
12. An der Hofmauer von Franz Withopf steht ein Marienbild, auf dem die Worte "S. Maria 1742" zu erkennen sind.
13 Das "Wetterkreuz", auf einem Fünfmärker stehend, weil sich hier die Gemung von Oberlauda, Lauda, Distelhausen, Dittigheim (Hof Steinbach) und Dittwar treffen, ist ein beliebtes Wanderziel für alt und jung aller umliegenden Ortschaften. Es steht auf dem fünfeckigen Stein unter zwei riesigen Kastanienbäumen, unter die sich die Bauern bei plötzlichen Unwettern flüchteten, daher stammt auch der Name. Außerdem ist dort die Kreuzung der alten Keltenfernstraßen Neckar-Main und Spessart-Hohenlohe.
14. Das Bild im Flur "Steinige .Acker" am Acker von Hermann Both hat außer einigen abstrakten Buchstaben keine Inschrift, doch die Jahreszahl 1757 ist zu lesen.
15. An der Straßenkreuzung beim Anwesen Herbert Fast steht ein Bildstock: ,,1769 hat Magdaline Kranck in durch ihre tötlichen Hintritt ein Gemächtnis gethan und zur Ehr Gottes diese Bildnis aufgerichtet worden."
"S Magdalena, S Laurentii, S Catherina".
16. Das Marienbild zwischen den Häusern Dörner und Maninger trägt die Zeilen: ,,0 ihr alle die ihr fürbein geht merket und seht ob ein Schmerz gleich sey meinen Schmerzen" und die Buchstaben "H G M H M 1775".
17.-19. Die Bilder bei Richard Withopf, Ignaz Stephan, Josef Noll sind zeitlich nicht genau zu fixieren, weil auf dem ersten keine Schriftzeichen sind und die beiden letzten sind gesunken bzw. ist dort aufgefüllt, daß die Inschriften nicht mehr lesbar sind.
20. Das Kreuz an den "Krautgärten" ist etwa vier Meter hoch und wurde 1872 mit der Schrift: "Zu Ehren des gekreuzigten Heilandes errichtet von Anton Holler" aufgestellt. Es steht unter einem gewaltigen Lindenbaum, dessen Alter man auf 300 bis 400 Jahre schätzt.
21. Eine Pieta steht am Ende des Weges von der "Kühruh" zum „Brenne-Hölzle". Sie ist etwa 3,5 Meter hoch und trägt als Beschriftung: ,,0 hl. Mutter; Drücke deines Sohnes Wunden So wie du sie hast empfunden tief in meine Seel ein." Errichtet Anton Holler 1876.
22. Ähnlich wie am "Brenne-Hölzle" und mit der gleichen Inschrift, die allerdings nur teilweise lesbar ist, steht auch gegenüber dem Steinbacher Brückle eine Pieta, die durch die Mauer etwas erhöht steht, und so etwa 4 Meter hoch ist. Dieses Bildnis wurde 1879 erstellt.
23. Unterhalb der Ortsrandsiedlung Lotter steht eine Statuette vom hl. Antonius. Sie wurde in den 80er Jahren dorthin gestellt und 1961 beim Bau dieses Bauernhofes neu eingefaßt.
24. Im Jahre 1894 stiftet Lorenz Both das "Herz-Jesu-Bild" am Königheimer Weg. Es ist eines der meistgepflegtesten Bildstöckchen in Dittwar und man kann den Spruch "Siehe da dieses Herz, das die Menschen so sehr liebt hat. Ich werde die Orte segnen, so das Bild meines Herzens wirde aufgestellt und verzehrt werden" darauf entziffern.
25. Das "Herz-Mariä-Bild" an der "Langen Hecke" trägt auf allen vier Seiten Inschriften. "Rose unter Dornen - Behüte uns." ,,0 süßes Herz Mariä - sei unser Rettung" - "Leide so wie sie gelitten - und der Himmel ist dein Leben". Gestiftet von M. Anna Stephan, ledig, im Jahre 1904; aufgestellt von der Firma Hofmann in Königshofen.
Von diesem Bild erzählt man folgende Begebenheit: Als 1945 die Wehrmacht vor den einbrechenden Feinden immer weiter zurückweichen mußte, schoß ein Landser beim Marsch durch Dittwars Gemarkung vor Wut dem Marienbild die Nase weg. Schon am nächsten Tag riß dem gleichen Soldaten bei einem Feuergefecht zwischen Messelhausen und Kützbrunn eine feindliche Kugel die Nasenspitze ab. So wurde seine Freveltat unverzüglich vergolten.
26. An der Straße nach Heckfeld in der Höhe des neuen Sportplatzes steht das Josephsbild, das 1909 von Valentin Both errichtet wurde.
27. Das "Weiße Kreuz" am Gissigheimer Weg trägt die Worte ,,0 hl. Kreuz, meine einzige Hoffnung, sei gegrüßt". Es ist etwa 3,50 Meter hoch und wurde 1938 auf Veranlassung der Familie Kilian Lotter aufgestellt.
28. Das große Holzkreuz am Steinbruch über der neuen Volksschule ließ man nach dem zweiten Weltkrieg zum Dank für die Verschonung des Dorfes vor Bombenangriffen aufrichten.
4. FLURNAMEN
Die momentan noch gebräuchlichen und größtenteils amtlichen Flurnamen und Gewann-Bezeichnungen lassen sich nahezu alle aus den Namen erklären. Historische Bezeichnungen sind nicht so häufig. Man erkennt an diesen Benennungen sofort die rein landwirtschaftliche Kultur des Dorfes.
- Ballersberg: dort stand die Burg der Dorfadeligen. Vielleicht entstammt ihr dieser Flurname (vgl. "Die Burg").
3. Berglein: von Pirklein=Birke; oder Berglein als kleiner Hügel.
4. Bickelloch: von Pickelloch; wahrscheinlich wurden hier mittels Pickel
größere Grabungen vorgenommen.
5. Bischemer Tannen: Tauberbischofsheimer Wald, seit Dittwar wegen
der Verschuldung beim Kirchbau um 1755 diesen Distrikt verkaufen
mußte.
6. Breiter Baum: wörtliche Bedeutung.
7. Brenne Hölzlein: wörtliche Bedeutung; für Eigenbeholzung der Ge-
meinde.
8. Brommelderäcker: von "Brombeeräcker"; wegen der vielen Brom-
beerhecken in nächster Nähe.
9. Brüchel: von Prügel; früher waren hier nur Weinberge, und die Besit-
zer waren durch mühevolle Arbeit auf diesem unwegsamen Hügel
sehr geprügelt.
10. Brunnwiesen: an der" Weit"; wörtliche Bedeutung.
11. Buckeläcker: am Steilhang gelegen.
12. Buckelwiesen: am Steilhang gelegen.
13. Buchbaum: wörtlich von Buche.
14. Buche: von Buche.
15. Datsche: Vertiefung, Mulde; zusammengedatscht = eingefallen.
16. Dörre Wiesen: wörtliche Bedeutung; auch weil dort das Heu schnell
trocknet.
17. "Doorf": von Dorf; nah am Ort gelegen.
18. Dreckiger Buckel: wörtliche Bedeutung.
19. Dreimärker: Ein "Dreimärker", womit ein Grenzstein an der Ecke
von drei aufeinanderstoßenden Gemarkungen gemeint ist, kommt in
Dittwar natürlich mehrmals vor. Aber sobald man sagt: "hinem
Dreimärker", so ist damit nur der an den Grenzen Gissigheim, Heck-
feld und Dittwar gemeint. Er steht im Wald. Das umliegende Wald-
gebiet nannte man in früheren Zeiten "Täfeleshölz". Der Besitzer,
Freiherr von Täfele, ein reicher und wehrhafter Fürst, unterstützte im
Bauernkrieg die aufständischen "Ackerbürger" und lieferte ihnen
Waffen. Er wurde dann in Lauda gefangengenommen und mit
seinem langen Bart am Wagen hinten angehängt und durch ganz
Lauda geschleift. Ein Bürger der Stadt schnitt ihn jedoch los und be-
grub ihn dort in seinem Wald. Deswegen nannte man diesen barm-
herzigen Mann auch den "Freischlag"; teilweise wurde die
Ecke am „Täfelesholz" auch "Freischlag" benannt.
20. Edelfrauenholz: ehemaliges Eigentum einer adeligen Person oder
vielleicht der Schwesternschaft.
21. Eisgrund: Diese Flur hat am längsten und als erster Schnee und Eis,
weil sie ungeschützt liegt.
22. Eisgrundboden: diese Flur ist eine dem Eisgrund vorgelagerte Ebene.
23. Flachenmännlein: überlieferter Name; ziemlich flacher Hügel.
24. Fleckenmännlein: wahrscheinlich aus einer Sage; es wird erzählt, daß
am oberen Rand der "Bischemer Tannen", die ob ihres unheimlichen
und drohenden dunklen Aussehens sagenumwoben sind, von einem
etwas ängstlichen oder angstmachenden Bauern ein fleckiger Mann
gesehen wurde; daher bekam diese Flur ihren Namen.
25. Förstlein: kleiner Wald; vielleicht Wald des Adels oder des Vogts.
26. Fortbach: vom schnell und reißend fließenden Wasser.
27. Gärten: die Gartenbezirke rund um das Dorf.
28. Gänsestirn: Feld, das dem Gänsehirt zum persönlichen "Nießbrauch"
gelehnt war oder das für die Gänseherde zur Verfügung stand.
29. Geisberg: Ortsteil mit angrenzendem Gewann, aus dem viele Ziegen
gehalten wurden.
30. Gissigheimer Weg: wörtliche Bedeutung; früher größere Bedeutung,
als der Weg von Bischofsheim nach Königheim noch nicht gebaut
war.
31. Gräbern: durch die vielen Gräben, die bei Unwetter in die Acker ge-
rissen wurden.
32. Grasberg: von den früheren Bergwiesen.
33. Häuserrain: (vgl. "Willetzheim"). Der Häuserrain, gelegen zwischen
Mühle und Jägersgraben, rechts der Straße nach Tauberbischofsheim,
läßt mit seinem Namen Schlüsse auf den verschwundenen Ort Wil-
letzheim zu. Dieses sich in der Nähe Dittwars befindende Dorf wur-
de 1560 letztmals urkundlich mit eigener Gemarkung erwähnt. Für
diese Annahmen sprechen auch die Funde von Kaminen, Herdstellen
und gelegten Steinplatten, die beim Bau der Brehmbachbahn im Jahre
1912 gemacht wurden.
34. Hain: (vgl. Heidenkessel).
35. Hardt: ein lichter bewaldeter Hang.
36. Hegelein: von Hag = "Pferde".
37. Hegeleinsboden: dem "Hegelein" vorgelagerte Ebene.
38. Heidenkessel: (vgl. "Haadekessele").
39. Heiligenberg: wegen vorzüglichem Wein, oder wegen Pfarreigentum.
40. Heiligenholz: wegen Pfarreigentum.
41. Hesselrain: von "Haselnußstrauch", deswegen auch "Hässelrain".
42. Holzapfelbaum: wörtliche Bedeutung.
43. Höh: wörtliche Bedeutung.
44. Hundsesche: von Hundszehnt = kleiner Zehnt oder kleine minder-
wertige Felder; auch Hundshecker.
45. Hussenbach: von Wiesenbach, deshalb auch "Wuschelboch".
46. Jägersgraben: vielleicht, weil dieser Berg so sehr in Bewegung ist und
jagt.
47. Kaltes Feld: wörtliche Bedeutung; hohe windige Lage.
48. Kapellenwald: wörtliche Bedeutung.
49. Kirchberg: wörtliche Bedeutung; vielleicht früher kircheneigenes Gut.
50. Kirchenweinberg: wörtliche Bedeutung; vielleicht früher kircheneige-
nes Gut oder wegen vornehmlichem Anbau von Meßwein.
51. Kleines Wehr: Steg, auch roter Stein genannt.
52. Kniebreche: wörtliche Bedeutung wegen dem sehr steilen und steini-
gen Hangweg.
53. Königheimer Weg: wörtliche Bedeutung.
54. Krautgärten: größere Gärten, die hauptsächlich mit Kraut bebaut
werden.
55. Kreuzhölzlein: (vgl. "Kreuzkapelle").
56. Kühruh: örtliche Gemeindeviehweide oder wegen einer Haltestelle an
dem steilen Bergweg; auch Ruhort der Viehhirten.
57. Kützenberg: wegen Lützen zum Weinberg; oder aus dem Mittelhoch-
deutschen güzz=gießen, rinnen; also der Berg, an dem viel Wasser
herunterrinnt, vielleicht auch von Götzen, wegen der Lage neben
dem Kirchberg.
58. Lange Hecken: wörtliche Bedeutung.
59. Lämmerberg: Berg für die Schafherde; also Schafweide.
60. Laudaer Flur: Oberbezeichnung für das Gebiet Richtung Lauda.
61. Laudaer Berglein: vielleicht von ehemals Laudaer Gemarkung einge-
meindet.
62. Laudaer Teich: wörtliche Bedeutung, wie Laudaer Berglein.
63. Lehmgrube: wörtliche Bedeutung.
64. Lerchenrain: Aufenthaltsort vieler Lerchen wegen der geschützten
und ruhigen Lage.
65. Liebfrauenholz: Wald der "Lieben Frau" (Muttergottes) vermacht.
66. Löchlein: von "lohe" = kleines Gehölz, Wäldchen.
67. Lücke: die Lücke inmitten des Waldgebietes.
68. Mangersgraben: (vgl. Sagen).
69. Mühläcker: ursprünglich der Mühle zugehörig.
70. Mühlbach: Gebiet um den Mühlkanal.
71. Mühle: Eigentum des Müllers; vielleicht auch Standort einer Wind-
mühle.
72. Mühlwiesen: Wiesen der Mühle oder der Mühle zugehörig.
73. Neuberg: kam neu in die Gemarkung; vielleicht auch Zusammenhang
mit Willetzheim.
74. Neubergsflürlein: vorgelagerte Ebene.
75. Neuer Weg: wörtliche Bedeutung.
76. Nußbaum: wörtliche Bedeutung.
77. Ochsenwiesen: ehemals Ochsenweide.
78. Ölkuchen: wegen dem ausgezeichneten Wein, der wie Öl rinnt; daher
auch Ölbach.
79. Osterberg: wahrscheinlich wegen der österlichen Richtung.
80. Pfaffenbrunn: Quelle auf Äckern der Kirchengemeinde.
81. Pfarräcker : Pfarreigentum.
82. Pfarrfeld: ehemals Pfarreigentum.
83. Pfitzebrünnle: "Pfitzebrünnle" nennt man die Flur an der Quelle, die
in den "Lerchenraingraben" fließt. Man grub an dieser Stelle in frühe-
ren Zeiten einmal einen Bierbaum aus, und dabei konnte festgestellt
werden, daß sich die riesige Felsplatte unter den Baumwurzeln an-
dauernd bewegte unter dem Druck des sich darunter befindlichen
Wasserstromes. Diese Quelle wurde beim Bau des Aussiedlerhofes
Schmitt gefaßt und dient seither der Wasserversorgung dieses Bau-
ernhofes.
84. Quelläcker: Felder an der Quelle.
85. Räumersberg: von Raum, wegen der freien und geräumigen Lage;
auch "Rammersberg" genannt.
86. Röte: von roden; ehemaliges Waldgebiet.
87. Rohrwiesen: wegen der Bischofsheimer Wasserleitung.
88. Roter Stein: (vgl. Kleines Wehr).
89. Rotes Gleis: vom Leuchten mancher Holzklötze und Stämme.
90. Schaftrieb: Schafweide.
91. Schafäcker: Lehen des Viehhirten Zum Nießbrauch.
92. Schere: Der Name "Schere" kommt vom Althochdeutschen "scora" =
umgegrabenes und geschorenes Land. In Dittwar könnte diese Be
nennung aber auch für den Hügel gelten, der das Taubertal vom
Muckbachtal trennt.
93. Schiffersboden: unbekannt.
94. Schneekessel: Mulde, in der sich der Schnee lange hält.
95. Schranne: von Schranke, vgl. "Zollstock"; wahrscheinlich Zollstation
am Weg nach Königheim.
96. Schrei: gesprochen "Schraa"; unbekannt.
97. Steig: sehr steiler Weg.
98. Steinbacher Berg: an den Hof Steinbach angrenzend.
99. Steingrübe: steinreiches Gelände; die Bauern mußten hier viel Steine
abtragen.
100. Steinige Acker: wörtliche Bedeutung.
101. Steiniger Weg: wörtliche Bedeutung.
102. Straße: Man nennt die Felder entlang dem Weg auf dem Bergrücken
Wetterkreuz- Buckeläcker "Straße", weil dieser Weg früher die Verbin-
dung Gerlachsheim nach Oberschüpf, und damit von Würzburg in
den Schüpfer Grund, war.
103. Täfelesholz: (vgl. "Dreimärker").
104. Tal: tiefster Gemarkungsteil.
105. Unheimlich: (vgl. Heidenkessel).
106. Wetterkreuz: (vgl. Bildstöcke).
107. Wieselberg: wahrscheinlich von Wiesenberg.
108. Ziegelhütte: von der ehemaligen Ziegelhütte.
109. Zollstock: Der "Zollstock" war ein an einer weit übersichtlichen Stelle
am Verkehrsweg aufgestelltes Zöllnerhäuschen, von dem auch der
Beauftragte den durchfahrenden Fuhrwerken den Wegzoll abnahm.
In unserer Gemarkung stand dieser Zollstock an der Straße von Ger-
lachsheim nach Oberschüpf. Die Ausländer, aus der näheren Umge-
bung (Bayern, Württemberg) machten diese Durchgangszölle erfor-
derlich. Außerdem mußte jeder vorbeiziehende Jude den Judenzoll
abliefern.
Nachbetrachtung
Beim Gang durch die wildbewegte Geschichte unserer Heimat erfährt man immer wieder Anregungen zum Vergleich mit der Gegenwart. Zwar läßt sich mittels der vorhandenen Quellen nur ein Bruchteil dessen vergegenwärtigen, was unsere Flüsse und Bäche, Fluren und Täler gesehen und erlebt haben. Deuten die ältesten Funde aus der »Michelsberger Kultur" (vor 5000 Jahren), aus der Hallstattzeit (700-450 v. Chr.) und aus der »La Tene"-Zeit (450-0 v. Chr.) auf eine Besiedlung des Tauberlandes im dritten Jahrtausend v. Chr. hin, so lassen Urkunden und Überlieferung in der ältesten Angabe Romeechte den Großen sein Heer bei den Hercules-Säulen nächst dem heutigen Mergentheim gegen Thüringer und Chatten versammeln. Funde sind heute bei der Vielzahl von Großbauten in der ganzen Umgebung keine Seltenheit mehr. Vor allem östlich der Tauber kann man geradezu eine Fülle solcher Ausgrabungen verzeichnen; die Kalk- und Keuperhügel des westlichen Tauberufers waren zur Bepflanzung und Bebauung bei den damaligen Werkzeugen nicht so sehr geeignet. Nachforschungen und Grabungen in den vier Keltenschanzen der Umgebung (Schönfeld, Brehmen, Gerichtstetten, Bütthard) deuten diese durch Tausende von Jahren erhalten gebliebenen Befestigungen als Kultstätten und Festspielanlagen eines Werkvolkes, das Handelsbeziehungen bis ans Mittelmeer und an den Nil unterhielt. Ihnen verdanken wir auch den Namen Tauber von »dubra" (Dunkelfluß). Noch heute, wenn man beispielsweise unterhalb Werbachs in dieses enge Tal gelangt, wenn man in der Nähe der Eulschirbenmühle spazierengeht oder von der Gamburg aus das im Sonnenstrahl glänzende Band der Tauber verfolgt, glaubt man das zu fühlen, was die Kelten damals bewogen haben mag, dieses Wasser den »Dunkelfluß" zu nennen. Die Römer unterhielten Handelsstraßen vom Limes in unsere Heimat, um hier günstig Schmuck gegen Nahrungsmittel einzutauschen. Die von Norden und Osten einbrechenden Germanen vertrieben die Kelten, die natürlich jedes Stückchen ihrer Heimat verteidigten. Die vier Viereckschanzen und ihre später dazu erbauten Befestigungsanlagen lassen für unseren Landstrich einen regen und erbitterten Kampf nur erahnen. Der Heidenkessel mag als Versammlungsort und Kultstätte in der ganzen Gegend seine Bedeutung gehabt haben. Der Name des daneben gelegenen Gewanns »Unheimlich" erinnert an die vielen blutigen Opfer, an unschuldig Hingerichtete; die extra in den Opferstein eingehauene Blutrinne beweist, daß tatsächlich Blut in Mengen geronnen sein muß. Der Einzug des Christentums veränderte das Leben der Germanen; die Vermischung der heidnischen Gebräuche mit der damals doch auch barbarisch anmutenden christlichen Religion brachte Missionsschwierigkeiten für die Glaubensboten. Was vorher als Tugend galt: Rache, Vielweiberei, Götzendienst, Menschenopfer, Folter und anderes mehr, war plötzlich verboten. Zwar hat die neue Religion prinzipiell ihr Ziel verfolgt und auch erreicht, aber ganz konnten die Sitten der Heiden doch nicht verbannt werden. Faschingsfeier, Walpurgisnacht, Tierkreiszeichen, Namen der Wochentage, all dies sind heidnische Überreste aus der vorchristlichen Zeit, ein Papst hatte ja auch alle heidnischen Sitten erlaubt, die nicht direkt gegen das Christentum gerichtet waren.
Schon in dieser Zeit erreichten die mit dem Christentum eingedrungenen kulturellen Ideen und Anschauungen eine erste Blütezeit. Bonifatius und Lioba wirkten derart erfolgreich, daß im Frankenland viele Kirchen und Klöster erbaut wurden. Die ältesten Bauwerke der Umgebung sind: Kloster Bischofsheim und Liobakirche. Aus der karolingischen Epoche, die eine Vielzahl von Steinbauten im fränkischen Großreich hervorbrachte, sind nur wenige Beispiele übriggeblieben. Zu nennen ist hier die zwar etwas entfernt gelegene, aber doch sehr bedeutsame Einhardsbasilika in Steinbach bei Michelstadt. Einhard, Schriftsteller und Gelehrter Karls des Großen, erhielt 815 Michelstadt und Seligenstadt von Kaiser Ludwig dem Frommen als Geschenk für seine biographischen Arbeiten über den verstorbenen Reichsgründer. Später, im 11. Jahrhundert, entstanden die Kapellen zu Oberwittighausen und Grünsfeldhausen. Die beiden achteckigen Kapellen wurden wahrscheinlich nach den Vorstellungen und Erinnerungen der heimkehrenden Kreuzritter dem byzantinischen Vorbild entsprechend errichtet.
Doch immer noch beherrschten Stammesfehden und Eroberungskriege das Leben der kampfeslustigen Franken. Zum Schutze der Bevölkerung bildete sich nach und nach der Ritteradel heraus. Als Zeugen dieser Epoche können wir Ritterburgen, die mehr oder weniger gut erhalten auch an der Tauber noch vorhanden sind, nennen. Zeichen dieser Zeit, des Raubrittertums und der Burgfehden sind die Wehrkirchen von Urphar, Dertingen, Eichel und Waldenhausen sowie Burgen und Ruinen von Wertheim, Gamburg, Külsheim, Freudenberg, die Henneburg, außerdem die Stadtmauern mit Toren und Türmen, besonders in Wertheim, Grünsfeld und Lauda. Ein prachtvolles Bauwerk, das Kloster Bronnbach, läßt jene zweite Blüte erahnen, in der die Geistlichkeit, bei uns vornehmlich Klöster und die Bischöfe von Würzburg und Mainz, mittels ihres Reichtums und ihrer Macht prunkvolle und künstlerisch hochstehende und wertvolle Bauten errichteten, oft auf Kosten der Landbevölkerung, die größtenteils aus Leibeigenen bestand. Allerdings verhalf der gute Tauberwein vor dem Bauernkrieg hier zu einem Wohlstand, wie er seitdem nicht erreicht wurde. Urkunden berichten, daß schon um 1100 Wein an das bayerische und sächsische Ausland verkauft wurde. Die Gewannbezeichnung "Ölkuchen", sowie auch der Ölbach machen uns deutlich, welch genußvoller Tropfen doch in Dittwar gewachsen sein muß. Tatsächlich war unsere Gemarkung vor Jahrhunderten bis zu einem Drittel mit Reben bebaut; die vielen tiefen und gewölbten Keller, die noch heute vorhanden sind, beweisen die Bedeutung des damaligen Haupterwerbs der Gemeinde. Noch im letzten Jahrhundert wurde Dittwarer Wein vornehmlich als Meßwein verkauft.
Fährt man durch Niklashausen Richtung Wertheim, so sieht man rechts das Straßenschild "Pfeiferstraße". Jener Pfeiferhannes versammelte im Jahre 1476 erstmals Bauern zu einer Demonstration, welche vor allem gegen Unterdrückung und ungerechte Steuern gerichtet war. Johann Böhm, so war sein richtiger Name, sprach derart besonnen und genehm von der Freiheit der Bauern, Gleichheit aller Menschen, Abschaffung der Obrigkeit, daß bald Zehntausende zu seinen Kundgebungen kamen. Er wollte die Bauern gen Würzburg führen, um den Landes- und Fronherrn, den Fürstbischof, zu bekämpfen. Insgeheim, bei Nacht und Nebel wurde er jedoch auf die Festung geholt trotz Bitten der Pilger, die in Scharen nach Würzburg gekommen waren, verbrannt. In Ballenberg begann dann 1525 der Bauernkrieg; Maßlosigkeit, Führungssorgen und mangelnde Waffenkenntnis ließen den Traum von der Freiheit bald wieder verscheuchen; die Obrigkeit setzte sich durch. Die Vergeltung raffte den gesamten Wohlstand hinweg. Auch Hexengeschichten sind heute als Erzählungen noch sehr geschätzt. Aber dabei kommt nur entfernt die Tragik und die schrecklichen Folgen zum Ausdruck, die in jener Zeit an der Tagesordnung waren.
Die Unsitten, die in der Kirche kursierten, Bestechung, Ausbeutung der Landbevölkerung, vor allem durch die Kirchenfürsten, sowie Verrat an Religion und Kirche, führten zur Reformation. Sie und die Gegenreformation konnten in damaligen Zeiten auf keinen Fall durchgeführt werden, ohne daß das Kriegsbeil ausgegraben wurde. Die kriegerische Auseinandersetzung, die schließlich ganz Europa mit einbezog und drei Jahrzehnte dauerte, stürzte Deutschland, speziell auch unser tauberfränkisches Gebiet, in ein Chaos. Die kulturelle Hochblüte des Mittelalters versank in Schutt und Asche. Die vielen Schwedenkreuze unserer Heimat bezeugen heute noch jene Kriegswirrnisse.
Ein herrlicher Spaziergang, der je nach Rüstigkeit beliebig ausgedehnt werden könnte, führt in ein Waldstück Dittwars, "Gänsestirn" - "Förstlein". Hier inmitten einer undurchdrungenen Stille, jenseits der Hast und des Lärms der Moderne, findet sich das Schwedenkreuz. In dieser Ruhe des dunklen Waldes bedarf es keiner großen Phantasie, um all die Geschehnisse des dreißig Jahre dauernden Völkerkrieges zu vergegenwärtigen. Der tapfere Bauer Leo Weber, der die Schweden vom Dorfe wegführen wollte, wurde hier eingeholt und ermordet. Wie mag wohl Dittwar nach der Brandschatzung dieser wilden Horden ausgesehen haben, welch schreckliche und untragbare Folgen wird dieser überfall nach sich gezogen haben. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besserte sich die Lage der Bauern wieder etwas. Zwar waren diese äußerst anspruchslosen Menschen trotz vieler und mühevoller Arbeit einzig und allein auf das Wetter angewiesen, Kunstdünger gab es nicht, die Geräte waren primitiv. Oft zogen Hungersnöte durchs Land. Aber man behalf sich; Hanf und Flachs, welche man selbst bearbeiten konnte, wurden angebaut, der Grünkern, der "Deutsche Reis", wurde erfunden. Zwar wanderten im 18. Jahrhundert dreißig bekannte Taubertäler Weinhändler in die alte Reichsstadt Frankfurt aus und brachten dort bald mittels ihrer Begabung und Kenntnisse den gesamten Weinhandel unter ihre Kontrolle. Aber nicht jeder war Weinhändler, nicht immer war die Ausbeute der Winzer ausreichend, man besann sich auf Nebenerwerbsquellen.
Eine Erzählung berichtet von einem Pfarrer in Dittwar, der am Neuberg eine Art von Weidenplantage errichten wollte, um so den Bauern zu helfen; diese lehnten den wahrscheinlich ersten Industriegedanken für Dittwar leider ab. Im 19. Jahrhundert entstanden in der Umgebung aufgrund des großen Bauwillens überall Steinbrüche. Am Heidenkessel wurde in dieser Zeit erstmals abgebaut. Leider passierte hierbei das große Mißgeschick, daß man etwa 1864 den keltischen Opferstein sprengte und an der Bahnbrücke bei der Halbigsmühle verarbeitete.
Steht man heute auf dem Kirchenberg, dem Grasberg, oder schaut vom "Kreuz" am Steinbruch auf das Dorf hinunter, es kommt unweigerlich der Gedanke, was wohl die Alten sagen würden, die fünfzig, hundert oder mehr Jahre tot sind, könnten sie das Leben der modernen Zeit bestaunen. Die Vielzahl der neuen Häuser, die in stattlicher Größe unweigerlich große Verschuldung mit sich bringt, die ehemals ans Utopische gegrenzt hätte; der pulsierende und lärmende Verkehr, die neuen landwirtschaftlichen Maschinen und Arbeitsmethoden, der Lebensstandard des Bürgers, das alles ließe so einen Veteranen aus früheren Jahrhunderten nicht mehr aus dem Staunen herauskommen. Der Bau der Autobahn Heilbronn-Würzburg, welche am "Wetterkreuz" über die Dittwarer Gemarkung führt, überschattet alles handwerkliche und berufliche Leben der nächsten Jahre. Die Brücke über das Muckbachtal wird 330 Meter lang sein und 40 Meter über der Talsohle liegen. Einen großen Segen für unsere Bauern bringt die Autobahn jedenfalls: eine klassische Flurbereinigung, ohne die ein rentables Arbeiten gar nicht mehr möglich ist.
Als Randnotiz erwähne ich hier noch das "Sauglück", das die Dittwarer Jäger im Januar dieses Jahres hatten; seit Jahrzehnten konnte man bei der Jagdausbeute keine derart stolze Feststellung machen: Sieben Wildschweine wurden bei einem Trieb erlegt. Die zugelaufenen Schwarzkittel waren im "Neuberg" in eine eingezäunte Pflanzung geraten und konnten dort natürlich nicht mehr entkommen.
INHALTSÜBERSICHT
Vorwort des Bürgermeisters 2
Vorwort 3
- A Allgemeiner Teil 5
- B) Die Geschichte 7
1) Frühgeschichte - 7
Vor-, Urgeschichte - Heiden im Taubertal - Kelten-
schanzen Das Christentum erreicht das Frankenland
2. Zwischen den Jahrtausenden. 12
Wohlstand vor dem Bauernkrieg - Der Bauern-
krieg - Hexenwahn - Zehntgesetz - Vor dem großen
Völkerkrieg - Der 30jährige Krieg - Die Türkenkriege
Kriegstruppen im tauberfränkischen Gebiet - Wechsel
der Landesherren
3. Kirchengemeinde 23
Kirchengeschichte Kreuzkapelle
4. Urkunden 28
- Schenkungsurkunde 1169, b) Übersetzung,
- c) Urk. v. 1376, d) Urk. v. 1502, e) Urk. v. 1581,
- f) Urk. v. 1782, g) Urk. v. 1830
Heidenkessel - Burg Helle - Schreibweisen - Das ver-
schwundene Dorf - Ortsadel
C) Zeugen der Vergangenheit 35
1. Erzählungen .
Wasserleitung - Dittwarer in Kriegen - Der Schwarze
Tod - Münzen - Landscheider - Schulen auf dem
Land - "Grüne Kääre“ - Neckle - "Neckle's Pfarrer“ -
Letzte Hinrichtung Renommierte Anwesen
2. Sagen 45
Der Feurige - Die vom Teufel Besessenen - Der Jude
zu Lauda - Die schwarze Hofmännin - Mangersgra
ben - Geisterpriester - Der Missionspater von Det-
telbach - Das Wilde Heer - Letzte Räuberbanden -
Schäfer als Wettermacher - Der unheimliche Hund -
Hexengeschichte - Betrug oder Dummheit? - An-
schuldigung und Rache
3. Bildstöcke und Denkmäler 52
4. Flurnamen 55
Nachbetrachtung 60
QUELLENNACHWEIS
Akten im General-Landesarchiv Karlsruhe
Abteilung 229
19554 1830-39 Armensache : "Die Dechant-Rudolph’sche-Armen
fonds-Stiftung von 1000 Gulden"
19555 1766 Bezirksamt Tauberbischofsheim:
Erbschaften
19556 1789-90 Bezirksamt Tauberbischofsheim:
Erbschaften
19557 1797-99 Bezirksamt Tauberbischofsheim : Ver-
waltungs-Sachen
19558 1782-83 Darleihen zum Prozeß mit Bettendorf
19559 1653-1715 Gült und Zins zu Dittwar
19560 1581 Kaufbrief: Ruffina ...
19561 1740-50 Großherzogliches-Badisches Bezirks-
amt : Verwaltungssachen Zwangssa-
chen
19562 1742-46 Kirchenbaulichkeiten
19563 1743-1819 Kirchenkorrespondenz
19564 1743-1803 Kirchenbaulichkeiten
19565 1754-1806 Kirchenbaulichkeiten
19566 1788-97 Pfarrhausbau
19567 1808 Kirchenbaulichkeiten, Pfarrhausbau
19568 1627/1702 Kirchendienste
19569 1658-1742 Kirchendienste
19570 1666 Kirchendienste, Pfarreibestätigung
19571 1703-83 Pfarrkompetenzen
19572 1767-92 Pfarrei Dittwar; Pfarrkompetenzen
Fürstlich-Löwenstein-Wertheim-Ro-
senberg Archiv (Flwra)
1689 Bronnbacher Gült (Extrakt)
1763-1813 Gült, Zins, Handlohn, Besthaupt
Baulastverpflichtungen und Prozeß gegen die
Fürst!. Herrschaft zu Gissigheim wegen des
Pfarrhausbaus
19. Jahrh. Beiträge der Standesherrschaft zu Gemeindebe
dürfnissen Ablösung der Zehntrechte
Fürstlich-Leiningisches-Archiv Amorbach (FLA)
"Kloster Urbar 1395" S. 79a
Dietbur 1400 Rapod Munich lIla Dittwar 1773 XV
Dietwar 1491 VIII Dittwar 1805 XV
Erzbischöfliches Archiv Freiburg
Aus dem alten Ordinariat Mainz bzw. Generalvikariat Aschaffenburg:
1) Die Kirchenvisitation und der Status der Pfarrei 1754, 1790
2) diverse unterschiedliche Akten a. d. 18. und 19. Jahrhundert
Aus der Zeit des Erzbistums Freiburg:
1) Besetzung und Einkommen der Pfarrei 1825-1944
2) Kirchenvisitationen 1889-1944
3) Bauliche Unterhaltungen 1874-1944
4) Gült der Pfarrei 1863-1896
5) Kirchenfonds und dessen Verwaltung 1863-1938
6) Stiftmessen 1850-1944
7) Frühmeßstiftungen 1769-1889
8) Kapelle S. Crucis 1817-1889
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