Aus: Dokumentation der FN zur Ausgabe vom 25.06.1984
Für das Lebensnotwendigste ist gesorgt
"Sie kriegen einen Pauschalbetrag. Damit machen Sie mal das Nötigste", versprach der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Lothar Späth, am Samstagvormittag. Er war nach Dittwar gekommen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Situation im Katastrophengebiet zu verschaffen. Am Nachmittag wurde die Höhe der Soforthilfe bekanntgegeben: 6 Millionen Mark, die in möglichst einfacher Regelung über die jeweiligen Bürgermeisterämter die größte Not lindern helfen sollen. Das Landeskabinett wird am morgigen Dienstag über weitere Hilfsmaßnahmen beschließen.
Vier Tage nach der Hochwasserkatastrophe im Main-Tauber-Kreis ist das gesamte Schadensausmaß immer noch nicht abzuschätzen. Grob über den Daumen gepeilt werden inzwischen 50 bis 80 Millionen als Summe gehandelt. Es wird Wochen dauern, bis sich diese Zahlen konkretisieren lassen. Inzwischen gehen die Aufräumarbeiten in allen betroffenen Gemeinden unvermindert weiter. Für Samstag, 18 Uhr, wurde eine Pause bis Sonntagmorgen, 8 Uhr, angeordnet. Weiterer Einsatz hatte keinen Sinn: Die Rettungsmannschaften waren am Ende ihrer Kräfte angelangt. Wer freiwillig weiter schaffen wollte, wurde selbstverständlich nicht aufgehalten.
Schlimm sieht es nach wie vor in Königheim aus, hier steht den Einsatzkräften noch die meiste Arbeit bevor. Mit schwerem Gerät muß das Gröbste weggeräumt werden, voraussichtlich bis Mitte der Woche. In anderen Gemeinden können die gröbsten Arbeiten schön früher abgeschlossen werden. Im Raum Kupprichhausen haben die Hilfskräfte die Lage voll im Griff.
Für das Lebensnotwendigste der Bevölkerung in den vom Hochwasser verwüsteten Gemeinden ist gesorgt. Notwasserversorgungen wurden installiert, auch Strom gab es am Samstagabend wieder, teilweise durch Notstromaggregate. In Königheim schlug das Deutsche Rote Kreuz eine Feldküche auf, um die Menschen mit Nahrung zu versorgen. Anderswo wird mit Fahrzeugen angeliefert. Menschen, die durch das Hochwasser obdachlos wurden, kamen alle bei Nachbarn und Verwandten unter. Der Plan der Katastropheneinsatzleitung, Feldbetten in Turnhallen aufzuschlagen, erwies sich durch die gut funktionierende Nachbarschaftshilfe als
überflüssig.
"Das Leben geht weiter", versuchte Lothar Späth in Dittwar eine Frau zu trösten, die vor lauter Verzweiflung und Erschöpfung in Tränen ausgebrochen war. Der Ministerpräsident war nach einem Sichtungsflug über das Hochwassergebiet in der Nähe des Dittwarer Sportplatzes gelandet und trat dann in Begleitung von Landrat Georg Denzer, Bürgermeister Erich Hollerbach und Ortsvorsteher Heinrich Hafner seinen ausführlichen Rundgang durch die verschlammten Straßen des völlig verwüsteten Mittelorts an. Von Dittwar aus fuhr der Ministerpräsident mit dem Wagen nach Kupprichhausen weiter und stieg dann in Unterschüpf wieder in den Hubschrauber. ast
•
Die Lage gestern abend, 18 Uhr: Der Katastrophenalarm ist noch nicht aufgehoben, er bleibt mindesten bis heute bestehen, längstens bis der Befehl dazu vom Innenministerium kommt. Die Aufräumarbeiten gingen am Sonntag gut voran. Schwerpunkt war der Versuch, die Wasserversorgung wieder in Gang zu bringen. Dittwar ist inzwischen nicht mehr auf die Wasseraufbereitungsanlagen angewiesen. Nach wie vor gilt aber der Hinweis, Wasser nur in abgekochtem Zustand zu sich zu nehmen. Das Wassernetz in Königheim ist teilweise wieder aufgebaut. Erst wenn voller Druck auf den Leitungen ist, zeigt sich, wo überall Rohrbrüche vorliegen.
1150 Einsatzkräfte waren bis gestern abend noch vor Ort. Abgezogen wird auch heute niemand, einzelne Abteilungen werden lediglich ausgewechselt. Das Hilfsangebot bleibt also unvermindert bestehen. Katastrophale Verkehrsverhältnisse, verursacht durch Schaulustige und Straßensperrung zur Sprengung der Brücke bei Königheim stellten eine große Behinderung für viele Einsatzkräfte dar, "aber am Montag müssen sie wieder arbeiten, da ist keine Zeit mehr zum Gaffen".
Hilfskräfte mußten gestern nachmittag kurzfristig nach Wertheim abgestellt werden zur Bergung von Schwerverletzten, die beim Einsturz einer Eisenbahnbrücke verunglückt waren.
Eine Stunde später nahmen sie ihre Arbeit in Königheim wieder auf.
500 Essen gab das DRK allein gestern in Königheim aus. Die ganze Ortschaft mit 1800 Einwohnern wird voll verpflegt, also von morgens bis abends.
Königheim hat weiterhin Vorrang bei den Arbeiten der nächsten Tage. Die Häuser werden dahingehend überprüft, ob sie je wieder bewohnbar sein werden. Einige wurden· bereits abgebrochen. Nach wie vor wird Schlamm ausgepumpt. Bis Mitte der Woche werden die Arbeiten hier fortdauern. ast
Für das Lebensnotwendigste ist gesorgt
"Sie kriegen einen Pauschalbetrag. Damit machen Sie mal das Nötigste", versprach der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Lothar Späth, am Samstagvormittag. Er war nach Dittwar gekommen, um sich einen persönlichen Eindruck von der Situation im Katastrophengebiet zu verschaffen. Am Nachmittag wurde die Höhe der Soforthilfe bekanntgegeben: 6 Millionen Mark, die in möglichst einfacher Regelung über die jeweiligen Bürgermeisterämter die größte Not lindern helfen sollen. Das Landeskabinett wird am morgigen Dienstag über weitere Hilfsmaßnahmen beschließen.
Vier Tage nach der Hochwasserkatastrophe im Main-Tauber-Kreis ist das gesamte Schadensausmaß immer noch nicht abzuschätzen. Grob über den Daumen gepeilt werden inzwischen 50 bis 80 Millionen als Summe gehandelt. Es wird Wochen dauern, bis sich diese Zahlen konkretisieren lassen. Inzwischen gehen die Aufräumarbeiten in allen betroffenen Gemeinden unvermindert weiter. Für Samstag, 18 Uhr, wurde eine Pause bis Sonntagmorgen, 8 Uhr, angeordnet. Weiterer Einsatz hatte keinen Sinn: Die Rettungsmannschaften waren am Ende ihrer Kräfte angelangt. Wer freiwillig weiter schaffen wollte, wurde selbstverständlich nicht aufgehalten.
Schlimm sieht es nach wie vor in Königheim aus, hier steht den Einsatzkräften noch die meiste Arbeit bevor. Mit schwerem Gerät muß das Gröbste weggeräumt werden, voraussichtlich bis Mitte der Woche. In anderen Gemeinden können die gröbsten Arbeiten schön früher abgeschlossen werden. Im Raum Kupprichhausen haben die Hilfskräfte die Lage voll im Griff.
Für das Lebensnotwendigste der Bevölkerung in den vom Hochwasser verwüsteten Gemeinden ist gesorgt. Notwasserversorgungen wurden installiert, auch Strom gab es am Samstagabend wieder, teilweise durch Notstromaggregate. In Königheim schlug das Deutsche Rote Kreuz eine Feldküche auf, um die Menschen mit Nahrung zu versorgen. Anderswo wird mit Fahrzeugen angeliefert. Menschen, die durch das Hochwasser obdachlos wurden, kamen alle bei Nachbarn und Verwandten unter. Der Plan der Katastropheneinsatzleitung, Feldbetten in Turnhallen aufzuschlagen, erwies sich durch die gut funktionierende Nachbarschaftshilfe als
überflüssig.
"Das Leben geht weiter", versuchte Lothar Späth in Dittwar eine Frau zu trösten, die vor lauter Verzweiflung und Erschöpfung in Tränen ausgebrochen war. Der Ministerpräsident war nach einem Sichtungsflug über das Hochwassergebiet in der Nähe des Dittwarer Sportplatzes gelandet und trat dann in Begleitung von Landrat Georg Denzer, Bürgermeister Erich Hollerbach und Ortsvorsteher Heinrich Hafner seinen ausführlichen Rundgang durch die verschlammten Straßen des völlig verwüsteten Mittelorts an. Von Dittwar aus fuhr der Ministerpräsident mit dem Wagen nach Kupprichhausen weiter und stieg dann in Unterschüpf wieder in den Hubschrauber. ast
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Die Lage gestern abend, 18 Uhr: Der Katastrophenalarm ist noch nicht aufgehoben, er bleibt mindesten bis heute bestehen, längstens bis der Befehl dazu vom Innenministerium kommt. Die Aufräumarbeiten gingen am Sonntag gut voran. Schwerpunkt war der Versuch, die Wasserversorgung wieder in Gang zu bringen. Dittwar ist inzwischen nicht mehr auf die Wasseraufbereitungsanlagen angewiesen. Nach wie vor gilt aber der Hinweis, Wasser nur in abgekochtem Zustand zu sich zu nehmen. Das Wassernetz in Königheim ist teilweise wieder aufgebaut. Erst wenn voller Druck auf den Leitungen ist, zeigt sich, wo überall Rohrbrüche vorliegen.
1150 Einsatzkräfte waren bis gestern abend noch vor Ort. Abgezogen wird auch heute niemand, einzelne Abteilungen werden lediglich ausgewechselt. Das Hilfsangebot bleibt also unvermindert bestehen. Katastrophale Verkehrsverhältnisse, verursacht durch Schaulustige und Straßensperrung zur Sprengung der Brücke bei Königheim stellten eine große Behinderung für viele Einsatzkräfte dar, "aber am Montag müssen sie wieder arbeiten, da ist keine Zeit mehr zum Gaffen".
Hilfskräfte mußten gestern nachmittag kurzfristig nach Wertheim abgestellt werden zur Bergung von Schwerverletzten, die beim Einsturz einer Eisenbahnbrücke verunglückt waren.
Eine Stunde später nahmen sie ihre Arbeit in Königheim wieder auf.
500 Essen gab das DRK allein gestern in Königheim aus. Die ganze Ortschaft mit 1800 Einwohnern wird voll verpflegt, also von morgens bis abends.
Königheim hat weiterhin Vorrang bei den Arbeiten der nächsten Tage. Die Häuser werden dahingehend überprüft, ob sie je wieder bewohnbar sein werden. Einige wurden· bereits abgebrochen. Nach wie vor wird Schlamm ausgepumpt. Bis Mitte der Woche werden die Arbeiten hier fortdauern. ast